0595 - Radio-Grauen
James, unser Chef, hatte davon erfahren und uns beide auf die Spur der Selbstmörder gesetzt. Ausschlaggebend waren angeblich Stimmen aus dem Jenseits gewesen, die für ihr Reich warben.
Mit Max Schreiber hatten wir noch nicht reden können. Er war einfach nicht aufzufinden gewesen, dafür hatte man uns den Tip mit den Mönchen gegeben.
Einheimische beobachteten sie mit Mißtrauen. Sie waren den Leuten hier oben suspekt, obwohl sie niemandem etwas taten und allein ihrem einfachen Leben nachgingen.
Wir waren freundlich aufgenommen worden, und ich hatte Suko die Leitung des Gesprächs überlassen.
Drei Mönche saßen uns gegenüber. In der Mitte der Abt, ein älterer Mann, der von zwei wesentlich jüngeren flankiert wurde.
Elektrisches Licht gab es nicht innerhalb der alten Mauern, deshalb brannten – verteilt im Raum – mehrere Öllampen.
Ob wir bei den frommen Männern eine Spur aufnehmen konnten, war mehr als fraglich. Wie gesagt, man hatte uns nur den Tip gegeben, und wir waren von ihnen freundlich empfangen worden, besonders Suko, der Chinese, der in seiner Jugend ebenfalls in einem ähnlichen Kloster aufgewachsen war.
Wir saßen auf geflochtenen Bastmatten, man hatte uns Tee gereicht, den wir in langsamen Schlucken tranken. Die Mönche wußten bereits von unseren Problemen, so konnten wir nur hoffen, daß sie etwas über die geheimnisvollen Botschaften erfahren hatten.
Mit einer Antwort oder Erklärung ließen sie sich Zeit. Ich hatte den Eindruck, als würden sie nur an uns vorbei zu den Pentland Hills schauen, deren Kulisse die kleinen Dörfer und Orte einrahmten. Diese Gegend war sehr einsam, an manchen Stellen schien die Zeit eingefroren zu sein. So auch hier in den Mauern.
Kein Geräusch störte uns. Wenn noch weitere Mönche da waren, so hielten sie sich zurück.
Der Abt hieß Wasawa. Um seine Augen zog sich ein Kranz aus zahlreichen, kleinen Fältchen, die, fast als gleiches Muster, auch die Mundwinkel umgaben.
Menschen wie er wirkten alterslos. Ich konnte ihn nur schätzen, lag aber sicherlich daneben. Wenn er sprach, dann mit leiser, aber durchaus verständlicher Stimme und in einem lupenreinen Englisch, das er auch in Oxford gelernt haben konnte.
»Wissen Sie, wir sind hierhergekommen, um in der Stille meditieren und beten zu können. Wir hoffen nicht nur auf die innerliche Befreiung des Menschen, sondern auch auf die unserer Heimat vom Joch der fremden Eindringlinge. Jahrelang hat man uns in Ruhe gelassen. Wir kamen dem Geist näher, wir konnten studieren, wir ließen uns nicht ablenken, aber wir merkten in der letzten Zeit auch, daß gewisse Probleme auf die Menschen zukommen würden.«
»Deretwegen wir hier sind?« fragte Suko ebenso leise.
Der Abt schaute ihn ernst an. »Das kann stimmen, denn wir wurden in der Tat bei unseren Meditationen gestört. Fremde Kräfte versuchten, unseren reinen Geist unrein werden zu lassen. Man störte den Aufbau der Gedanken, wir konnten nicht mehr mit der reinen Seele bei unserer heiligen Sache sein.«
»Was störte euch?«
»Das Fremde.«
»Waren es Ströme?«
Wasawa nickte Suko zu. »Ja, sie stahlen sich in unsere Welt. Jemand sonderte sie ab.«
»Wer war es? Menschen?«
Der alte Abt schüttelte den Kopf. »Nein, Suko, es waren die Gedanken der Toten.«
Hatten wir schon den Beweis? Ich schaute Suko an, er mich.
Beide waren wir noch skeptisch. Mein neben mir sitzender Freund holte tief Luft. »Du weißt, Wasawa, daß wir einen bestimmten Grund gehabt haben, zu euch zu kommen. Menschen haben sich selbst umgebracht, weil sie plötzlich die Stimmen ihrer Verstorbenen aus dem Jenseits hörten. Haben auch euch die Stimmen gestört, oder waren es andere Dinge?«
»Keine Stimmen, es waren Gedanken.«
»Aus dem Jenseits?«
Der alte Abt überlegte. »Es hat sich wohl eine andere Welt geöffnet, die den Toten Gelegenheit verschafft, mit den noch Lebenden zu sprechen. Für uns ist es natürlich. Wir wissen, daß der Mensch bei seinem körperlichen Tod noch nicht tot ist, aber seine Seele wird nicht so reagieren, wie wir es erlebt haben. Jemand hat die Ruhe der Toten gestört, und wir sind fest davon überzeugt, daß es einen Ausgangspunkt dafür gibt.«
»Möglicherweise eine Radiosendung?«
Die Antwort des Abtes bewies, daß er nicht so weltfremd war.
»Wir haben sie ebenfalls empfangen, aber ich sage euch, daß die Sendung und deren Moderator nur ein Mittler zwischen den Dingen ist. Es geht uns nichts an, wir wollen uns nicht einmischen. Ihr
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