0597 - Das letzte Asyl
Kontursesseln zusammen.
Medo-Roboter erschienen und leisteten erste Hilfe. Aber da auch sie gegen die fünfdimensionalen Schwingungen des Gravitationssturms anfällig waren, leisteten sie sich Fehlhandlungen über Fehlhandlungen.
Sie injizierten statt Antibiotika Schlafmittel, verklebten die Gesichter der Männer mit Biomolplaststreifen, anstatt nur die Wunden zu reinigen und zu schließen...
Ein Funker, der nicht einmal eine Schramme abbekommen hatte, wehrte sich heftig gegen die Behandlung eines Medo-Roboters und sah schließlich seine einzige Rettung in der Flucht.
Er schnallte sich los und wollte Hals über Kopf aus der Funkzentrale stürmen. In diesem Moment setzten die Antigravaggregate aus. Der Funker machte noch einen letzten Satz und segelte dann mit voller Wucht gegen die hohe Decke, wo er mit dem Kopf anschlug und bewußtlos zum Boden zurückschwebte...
Roi Danton sah keinen anderen Ausweg, als einen aufdringlichen Medo-Roboter einfach mit dem Desintegrator zu zerstrahlen.
Und während die Mannschaft gegen die fehlprogrammierten Roboter zu kämpfen hatte, raste der Flottentender mit Dreiviertel Lichtgeschwindigkeit durch den Gravitationssturm; von fünfdimensionalen Böen hin und hergeschleudert, trieb er immer mehr vom Kurs ab.
Der Improtonengesang war zu einem unerträglichen Crescendo angeschwollen, ließ den gesamten Flugkörper vibrieren, erschütterte die Schiffszelle in ihren Grundfesten - und es sah aus, als würde sie jeden Augenblick bersten.
Die Schwarzschildreaktoren arbeiteten auf Hochtouren. Doch obwohl sie ihre maximale Energieleistung an die Schutzschirme abgaben, reichte es nicht aus, daß sich diese stabilisierten.
Immer wieder schlugen ungeheure Energieblitze durch den Hochenergie-Überladungsschirm und den Paratronschutzschirm, brachten Geräte zur Explosion.
Roi Danton war einer der ersten gewesen, der den Individualschutzschirm seines Kontursessel eingeschaltet hatte.
Als er sah, daß Oberst Matunari reglos in den Gurten hing, übernahm er das Kommando.
„Danton an Ortungszentrale!" schrie er. „Nehmen Sie eine Standortbestimmung vor. Ortungszentrale! Bestätigen Sie den Empfang dieses Befehls."
Aus dem Lautsprecher drang ein schrilles Getöse, dann meldete sich eine leise Stimme, die von Störungen zerhackt und verstümmelt war, als käme sie aus einer Entfernung von vielen Parsec.
„... Verstanden... Standort... DINO-386 auf Zielkurs...
MOSTONOW zwei... entfernt..." Für einen Moment wurde die Stimme des Ortungsspezialisten wieder deutlicher, so daß Danton jedes Wort verstehen konnte. „Wir befinden uns im Raum eines blauen Überriesen. Ich war noch nie einer Sonne mit dieser Hyperemission so nahe. Von ihr geht die Hauptkraft des Gravitationssturms aus..."
„Verstanden", bestätigte Roi Danton. „Wir werden versuchen, mit einer kurzen Linearetappe aus dem Bereich des Überriesen zu gelangen."
„Aber der Linearraum hat zu existieren aufgehört!"
Roi Danton hatte keine Lust, über dieses Phänomen zu diskutieren. Er hatte von Geoffry Waringer einmal erfahren, daß Gravitationsstürme, so heftig sie auch sein mochten, ständigen Schwankungen unterworfen waren - und zwar was ihre Intensität und ihre Frequenz anbetraf. Es konnte also sein, daß sie sich in diesem Moment noch vernichtend auf den Linearraum auswirkten, aber schon Sekunden später keinen Einfluß mehr auf die Librationszone hatten.
Wenn sie Glück hatten, dann verlagerte sich der Gravitationssturm auf eine Weise, daß ihnen zumindest eine kurze Linearetappe gelang, die sie aus dem unmittelbaren Bereich des blauen Überriesen brachte.
Er wollte dem Emotionauten gerade den entsprechenden Befehl geben, als dieser mit einem Schrei die SERT-Haube von sich stieß und sich in seinem Kontursessel aufbäumte. Dann sank er plötzlich in seinem Sitz in sich zusammen und starrte mit glasigem Blick auf die Leuchterscheinungen des Panoramabildschirms. Danton machte nicht erst den Versuch, mit ihm in Kontakt zu treten. Er sah, daß der Emotionaut nicht ansprechbar war. Wahrscheinlich hatte sich irgendwo in den positronischen Umwandlern der SERT-Anlage eine Rückstau artfremder Energien gebildet, der auf das Gehirn des Emotionauten zurückgeschlagen hatte.
Danton blieb keine andere Wahl, als die Steuerung des Flottentenders selbst zu übernehmen.
„In einer Minute gehen wir in den Linearflug über!" verkündete er über die Rundrufanlage, während er sämtliche Schiffsfunktionen auf sein Schaltpult
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