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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Brust gedrückt und wollte einzig darüber sprechen und alles noch einmal durchleben. Tag für Tag. Als ob das ständige Reden etwas geholfen hätte!«
    Kate kehrte zum Sofa zurück und stellte die Tasse mit der Bouillon auf einen Beistelltisch. »Sie hat sich entsetzlich gequält. Sie konnte einfach nicht loslassen, obwohl ich ihr immer wieder gesagt habe, sie sei doch noch jung, sie könnte wieder ein Kind bekommen. Joseph war tot. Begraben. Ich hab ihr gesagt, wenn sie nicht aufhören würde, sich damit herumzuquälen, und endlich anfangen würde, für sich selbst zu sorgen, würde sie am Ende noch mit ihm begraben werden.«
    »Was ja dann auch geschah.«
    »Er war daran schuld. Er mit seinen Primärszenen und seinem elenden Glauben daran, daß Gott uns schon im Leben richtet. Das hat er nämlich zu ihr gesagt, wissen Sie. Josephs Tod war Gottes Werk. Ein entsetzlicher Mensch! Diesen Blödsinn brauchte Susanna in ihrem Zustand nun wirklich nicht. Man brauchte ihr doch nicht einzureden, sie sei bestraft worden. Und wofür überhaupt? Wofür?«
    Zum zweitenmal zog Kate ihr Taschentuch heraus. Sie drückte es an ihre Stirn, obwohl sie nicht zu schwitzen schien.
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie. »Es gibt Dinge im Leben, an die man sich besser nicht erinnert.«
    »Und warum ist Robin Sage nun zu Ihnen gekommen? Wollte er Erinnerungen mit Ihnen teilen?«
    »Er hat sich plötzlich für sie interessiert«, antwortete sie. »In den sechs Monaten vor ihrem Tod hatte er sie völlig allein gelassen. Aber plötzlich war ihm das alles sehr wichtig. Was hat sie getan, während sie bei dir war, fragte er mich. Wohin ist sie gegangen? Wovon hat sie gesprochen? Wie hat sie sich verhalten? Mit wem hat sie sich getroffen?«
    Sie lachte voll Bitterkeit. »Nach all der Zeit. Am liebsten hätte ich ihm mitten in seine erbärmliche Trauermiene geschlagen. Damals konnte er sie gar nicht schnell genug begraben.«
    »Wie meinen Sie das?« »Jedesmal, wenn an der Küste eine Leiche angespült wurde, hat er sie als Susanna identifiziert. Es waren bestimmt zwei oder drei, und jedesmal sagte er, es handelte sich um Susanna. Falsche Größe, falsche Haarfarbe, wenn überhaupt noch Haare vorhanden waren, falsches Gewicht. Aber das spielte für ihn keine Rolle. Er war total versessen, sie begraben zu sehen, einfach widerlich.«
    »Aber wieso war er so versessen darauf?«
    »Ich weiß es nicht. Anfangs glaubte ich, er hätte eine andere Frau, die er heiraten wollte, und wollte Susanna deshalb so schnell wie möglich für tot erklären lassen.«
    »Aber er hat nicht geheiratet.«
    »Nein. Ich nehme an, die Frau, wer immer es gewesen sein mag, hat ihn fallenlassen.«
    »Sagt Ihnen der Name Juliet Spence etwas? Hat er eine Frau namens Juliet Spence erwähnt, als er hier bei Ihnen war? Hat Susanna je von einer Juliet Spence gesprochen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Warum?«
    »Sie hat Robin Sage vergiftet. Letzten Monat in Lancashire.«
    Kate hob eine Hand, als wollte sie ihr perfekt geföntes Haar berühren. Doch sie senkte sie sofort wieder. Ihr Blick schweifte einen Moment in die Ferne. »Ist das nicht seltsam? Ich stelle fest, daß ich richtig froh darüber bin.«
    Lynley wunderte es nicht. »Hat Ihre Schwester je von anderen Männern gesprochen, als sie bei Ihnen wohnte? Hat sie sich mit anderen Männern getroffen, als ihre Ehe in die Brüche ging? Könnte ihr Mann dahintergekommen sein?«
    »Sie hat nie von Männern gesprochen. Sie hat immer nur von kleinen Kindern gesprochen.«
    »Nun, zwischen beidem besteht eine unvermeidliche Verbindung.«
    »Ich habe immer schon gefunden, daß das eine ziemlich unglückselige Eigenart unserer Gattung ist. Jeder keucht dem Orgasmus entgegen, ohne sich auch nur einen Moment lang bewußtzumachen, daß er lediglich eine biologische Falle zum Zweck der Vermehrung ist. Was für ein Blödsinn.«
    »Die Menschen suchen eine Beziehung zueinander. Und mit der Liebe suchen sie Nähe.«
    »Um so dümmer«, sagte Kate.
    Lynley stand auf. Kate trat hinter ihn und richtete das Kissen in seinem Sessel wieder gerade. Mit einer Hand wischte sie über die Rückenlehne des Sessels. Er sah ihr zu und fragte sich dabei, wie ihre Schwester sich mit ihr gefühlt hatte. Schmerz braucht Akzeptanz und Verständnis. Zweifellos hatte sie sich von der ganzen Menschheit abgeschnitten gefühlt.
    »Haben Sie eine Ahnung, weshalb Robin Sage den Sozialdienst London angerufen haben könnte?«
    Kate zupfte ein Härchen vom Revers ihres

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