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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Schnees tief herabgedrückt wurden. Etwa einen halben Kilometer weit säumten die Fichten auf einer Seite die Straße. Auf der anderen begrenzte eine Hecke das Hochmoor.
    »Da«, sagte Shepherd, als sie das Ende der Baumreihe erreicht hatten.
    Lynley sah es, noch während Shepherd sprach: die Silhouette eines Autos, dessen Fenster, Dach, Kühlerhaube und Kofferraum mit einer Schneeschicht überzogen waren. Der Wagen hing schräg über dem Straßengraben, genau an der Stelle, wo die Straße zu steigen begann.
    Sie hielten an. Shepherd bot ihm seine Taschenlampe an. Constable Garrity gesellte sich mit der ihren dazu. Sie richtete den Lichtstrahl auf das Auto. Die Hinterräder hatten sich ein tiefes Grab im Schnee geschaufelt. Sie hingen tief eingesunken im Graben.
    »Meine Schwester hat das auch mal versucht«, bemerkte Constable Garrity und wies mit der Hand den Hang hinauf. »Sie wollte einen Berg rauf und rutschte nach rückwärts. Sie hätte sich beinahe das Genick gebrochen.«
    Lynley fegte den Schnee von der Tür auf der Fahrerseite und drückte den Griff herunter. Der Wagen war nicht abgeschlossen. Er zog die Tür auf, leuchtete mit der Lampe ins Innere des Wagens und sagte: »Mr. Shepherd?«
    Shepherd ging zu ihm. St. James öffnete die andere Tür. Constable Garrity reichte ihm ihre Taschenlampe. Shepherd sah sich die Koffer und Kartons im Wagen an, während St. James das Handschuhfach durchsuchte, das weit offen stand.
    »Und?« fragte Lynley. »Ist es ihr Wagen, Constable?«
    Es war ein Opel wie hunderttausend andere; aber sein Rücksitz war bis unter das Verdeck mit Gepäck vollgestopft. Shepherd zog einen der Kartons zu sich heran und griff ein Paar Gartenhandschuhe heraus. Lynley sah, wie seine Hand sich fest um sie schloß. Das war ihm Bestätigung genug.
    »Hier ist nichts weiter«, bemerkte St. James und klappte das Handschuhfach zu. Er hob ein schmutziges Frotteetuch vom Boden auf und wickelte sich ein kurzes Stück Schnur um die Hand, das daneben gelegen hatte. Nachdenklich blickte er zum Moor hinaus. Lynley folgte seinem Blick.
    Ihren Augen bot sich nur Schneetreiben und stockdunkle Nacht, weder von Mond noch von Sternen erhellt. Nichts gab es hier, das die Gewalt des Windes abschwächte - weder Wald noch Hügel unterbrachen die weite Ebene -, so daß der eisige Luftzug scharf und schneidend traf und einem die Tränen in die Augen trieb.
    »Was ist da vorn?« fragte Lynley.
    Niemand antwortete. Constable Garrity wedelte mit den Armen, stampfte mit den Füßen und sagte: »Es muß mindestens zehn Grad unter Null haben.«
    St. James stand stirnrunzelnd da und machte Knoten in das Stück Schnur, das er gefunden hatte. Shepherd hielt immer noch die Gartenhandschuhe in seiner Faust auf die Brust gedrückt. Er beobachtete St. James. Er wirkte wie unter Schock, halb benommen, halb hypnotisiert.
    »Constable«, sagte Lynley scharf. »Ich habe gefragt, was da vorn liegt?«
    Shepherd riß sich zusammen. Er nahm seine Brille ab und wischte sie an seinem Ärmel. Es war sinnlos. Sobald er sie wieder aufsetzte, waren die Gläser wieder von Schnee gesprenkelt.
    »Das Hochmoor«, sagte er. »Der nächste Ort ist High Bentham. Im Nordwesten.«
    »An dieser Straße hier?«
    »Nein. Die hier führt zur A65.«
    Nach Kirby Lonsdale, dachte Lynley, und weiter zur M6, zum Lake District und nach Schottland. Oder in südlicher Richtung nach Lancaster, Manchester, Liverpool. Wäre es ihr gelungen, so weit zu kommen, so hätte sie sich einen Vorsprung erobert und vielleicht sogar die Flucht in die Irische Republik geschafft. So jedoch spielte sie die Rolle des Fuchses in einer Winterlandschaft, in der entweder die Polizei oder das gnadenlose Wetter sie schließlich besiegen würde.
    »Ist High Bentham näher als die A65?«
    »Auf dieser Straße, nein.«
    »Und querfeldein? Herrgott noch mal, Mann, die beiden marschieren bestimmt nicht die Straße entlang und warten darauf, daß wir kommen und sie mitnehmen.«
    Shepherds Blick flog ins Wageninnere und dann, mit Anstrengung, wie es schien, zu Constable Garrity, als wäre es ihm wichtig, daß sie alle seine Worte hörten und erkannten, daß er sich an diesem Punkt zu uneingeschränkter Kooperation entschieden hatte. Er sagte: »Wenn sie von hier aus direkt östlich über das Moor gegangen sind, treffen sie nach ungefähr acht Kilometern auf die A65. High Bentham ist doppelt so weit.«
    »An der A65 würden sie bestimmt ein Auto finden, das sie mitnimmt, Sir«, bemerkte Constable

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