Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
Handschuhfach habe es ihm verraten, sagte er. Das Frotteetuch und die Schnur auf dem Boden des Autos.
    Woher er von der Waffe wüßte?
    Er hatte sie gesehen. Er hatte gesehen, wie Juliet damit geschossen hatte. Sie hatte sie eines Tages aus der Kommode im Wohnzimmer genommen. Hatte sie ausgepackt. Auf einen Kamin auf dem Dach des Herrenhauses geschossen. Sie.
    »Gottverdammich, Shepherd, Sie haben gewußt, daß sie eine Pistole hat? Was tut sie mit einer Pistole? Ist sie Sammlerin? Hat sie einen Waffenschein?«
    Nein, hatte sie nicht.
    »Du lieber Gott!«
    Er glaubte nicht. Damals hatte es irgendwie nicht. Er wußte ja, er hätte sie ihr abnehmen müssen. Aber er hatte es nicht getan. Das war alles.
    Shepherds Stimme war leise. Er bekannte sich zu einem weiteren Verstoß gegen die Regeln und Vorschriften, die er um ihretwillen von Anfang an gebrochen hatte, und er wußte, welche Konsequenzen dies haben würde.
    Lynley fluchte noch einmal und schlug mit der Hand auf die Gangschaltung. Sie schossen vorwärts, nach Norden. Sie hatten bei dieser Verfolgungsjagd praktisch keine Wahl. Vorausgesetzt, sie hatte den Weg gefunden, der vom Stausee wegführte, dann war sie jetzt durch Dunkelheit und Schneetreiben begünstigt. Wenn sie sich noch auf dem Hochmoor befand und sie versuchten, ihr im Schein ihrer Taschenlampen zu folgen, brauchte sie nur, sobald sie in Schußweite waren, auf die Lichtkegel zu zielen und sie der Reihe nach abzuknallen. Sie hatten nur eine Chance, wenn sie nach High Bentham weiterfuhren und dann in südlicher Richtung die Straße hinunter, die zum Back End Barn führte. Wenn sie den Stall bis zu ihrer Ankunft nicht erreicht hatte, konnten sie nicht riskieren, auf sie zu warten. Die Gefahr, daß sie sich im Schneesturm verlaufen hatte, war zu groß. Dann mußten sie in Richtung zum Stausee über das Moor zurückmarschieren und sie suchen. Sie mußten versuchen, sie zu finden.
    Lynley bemühte sich, nicht an Maggie zu denken, die verwirrt und verängstigt Juliet Spence auf ihrem Wahnsinnsweg folgte. Er hatte keine Ahnung, um welche Zeit sie das Haus verlassen hatten. Er hatte keine Ahnung, wie sie angezogen waren. Als St. James etwas von Unterkühlung murmelte, sprang Lynley in den Range Rover und schlug mit der Faust auf die Hupe. So nicht, dachte er. Ganz gleich, wie es enden würde, so auf keinen Fall.
    Weder Wind noch Schnee gönnten ihnen auch nur eine Minute Verschnaufpause. Der Schnee fiel so dicht, daß es schien, als sollte die ganze Gegend bis zum Morgen unter anderthalb Meter hohen Verwehungen liegen. Die Landschaft war völlig verändert. Die gedämpften Grün- und Brauntöne des Winters waren zur Mondlandschaft geworden. Heide und Ginster waren zugedeckt. Der Schnee hatte aus Grasland, Farn und Heide eine eintönig weiße Fläche gemacht, auf der die einzigen Markierungen die Findlinge waren, deren Kronen weiß bestäubt, aber noch sichtbar waren, dunkle Flecken auf weißem Grund.
    Sie krochen vorwärts, mühten sich Steigungen hinauf, schlitterten Hänge im Schneckentempo hinunter. Die Lichter von Constable Garritys Wagen schlingerten hinter ihnen, doch sie kamen ganz langsam vorwärts.
    »Das schaffen sie nicht«, sagte Shepherd, während er in das Schneegestöber hinausstarrte. »Das würde niemand schaffen. Nicht bei diesen Verhältnissen.«
    Lynley schaltete in den ersten Gang hinunter. Der Motor jaulte. »Sie ist verzweifelt«, sagte er. »Das hält sie vielleicht auf den Beinen.«
    »Sagen Sie ruhig den Rest, Inspector.«
    Er kroch tiefer in seinen Mantel. Sein Gesicht sah graugrün aus im Schein der Armaturenbeleuchtung. »Es ist meine Schuld. Wenn sie umkommen.«
    Er wandte sich zum Fenster. Er machte sich an seiner Brille zu schaffen.
    »Das wäre nicht das einzige, was Sie auf dem Gewissen haben, Mr. Shepherd. Aber das wissen Sie ja vermutlich.«
    Auf einem Wegweiser hinter der nächsten Kurve, der nach Westen wies, stand nur Keasden. Shepherd sagte: »Biegen Sie hier ab.«
    Sie schwenkten nach links in eine kleine Straße ein, die nur noch aus zwei tiefen Rinnen von der Breite eines PKW bestand. Sie führte durch einen Weiler, nicht mehr als eine kleine Kirche, ein Telefonhäuschen und fünf Wegweiser für Wanderwege. Als sie westlich des Weilers in ein Wäldchen hineinfuhren, ließen Sturm und Schnee für einen Moment nach. Aber schon die nächste Kurve führte sie wieder auf offenes Gelände hinaus, und gleich erfaßte ein Windstoß den Wagen.
    »Und wenn sie nicht im Stall

Weitere Kostenlose Bücher