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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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es nicht.«
    »... dann komm bloß nicht bei mir an und heul mir was vor, daß du Hilfe brauchst. Ich hab's nämlich endgültig satt, dich dauernd bei den Herrschaften oben zu decken. Kapiert?«
    »Kapiert, Vater. Und danke für das Vertrauen.«
    »Du und dein verdammtes Mundwerk...«
    Colin legte auf. Keine zehn Sekunden später läutete das Telefon wieder. Er nahm nicht ab. Es bimmelte geschlagene drei Minuten. Er starrte es an und stellte sich seinen Vater am anderen Ende der Leitung vor. Er würde fluchen wie ein Wahnsinniger und danach lechzen, irgend jemanden zusammenzuschlagen. Aber wenn nicht eines seiner Mäuschen da war und sich dafür zur Verfügung stellte, würde er seine Wut allein austragen müssen.
    Als das Telefon verstummte, goß Colin sich ein Glas Whisky ein, ging wieder in die Küche und tippte Juliets Nummer. Bei ihr war immer noch besetzt.
    Er nahm das Glas mit in sein Arbeitszimmer und setzte sich an den Schreibtisch. Aus der untersten Schublade holte er das schmale Büchlein. Zauberkraft der Alchimie: Kräuter, Gewürze,
    Pflanzen. Er legte es neben einen großen Schreibblock und begann, seinen Bericht zu schreiben. Er floß ihm leicht aus der Feder: Zeile um Zeile verflocht er Tatsachen und Mutmaßungen zu einem Gewebe der Schuld. Er habe keine Wahl, redete er sich ein. Wenn Lynley eine Polizeibeamtin angefordert hatte, so bedeutete das, daß er Juliet Scherereien machen wollte. Es gab nur ein Mittel, das zu verhindern.
    Er hatte den Bericht gerade fertig geschrieben, noch einmal durchgesehen und ihn getippt, als er draußen das Knallen von Autotüren hörte. Leo fing an zu bellen. Colin stand vom Schreibtisch auf und ging zur Tür, noch ehe sie läuten konnten. Er war vorbereitet.
    »Ich bin froh, daß Sie gekommen sind«, sagte er zu ihnen. Sein Tonfall war eine Mischung aus Selbstsicherheit und Jovialität, und das machte ihn zufrieden. Er drückte die Tür hinter ihnen zu und führte sie ins Wohnzimmer.
    Der Blonde - Lynley - zog seinen Mantel aus, nahm seinen Schal ab und wischte sich den Schnee aus dem Haar, als habe er die Absicht, eine Weile zu bleiben. Der andere - St. James - lockerte nur seinen Schal und öffnete ein paar Knöpfe seines Mantels. Die Handschuhe behielt er in der Hand und zog sie unter den Fingern der anderen hindurch, während die Schneeflocken auf seinem Haar schmolzen.
    »Ich habe in Clitheroe eine Polizeibeamtin angefordert«, sagte Lynley. »Sie wird bald hier sein.«
    Colin schenkte beiden Männern Whisky ein und reichte ihnen die Gläser, ohne sich darum zu kümmern, ob sie trinken wollten oder nicht. Sie wollten nicht. St. James nickte und stellte sein Glas auf den Beistelltisch neben dem Sofa. Lynley sagte, danke, und stellte das seine auf den Boden, als er sich unaufgefordert in einen der Sessel setzte.
    »Ja, ich habe bereits vernommen, daß sie unterwegs ist«, sagte Colin leichthin. »Mir scheint, zu Ihren Begabungen gehört die Hellsichtigkeit, Inspector. Spätestens in zwölf Stunden hätte ich selbst eine von Sergeant Hawkins angefordert.«
    Er reichte Lynley zuerst das dünne Buch. »Ich könnte mir denken, daß Sie das haben wollen.«
    Lynley nahm es, drehte es herum, setzte seine Brille auf, um zuerst das Titelblatt zu lesen, dann den Text auf der Umschlagrückseite. Er schlug das Buch auf, überflog das Inhaltsverzeichnis. Einige Seiten waren an den Ecken umgeknickt - Colins Werk -, und die las er als nächstes. Vor dem Feuer wandte sich Leo wieder seinem Knochen zu. Vergnügt klopfte er mit dem Schwanz auf den Teppich.
    Lynley sah schließlich ohne Kommentar auf. »Das Durcheinander und die Irrtümer in diesem Fall sind meine Schuld«, begann Colin. »Ich hatte Polly zunächst überhaupt nicht in Verdacht, aber ich denke, das hier erklärt alles.«
    Er reichte Lynley seinen Bericht. Der gab das Buch an St. James weiter, ehe er zu lesen begann.
    Colin beobachtete ihn, wartete auf ein Zeichen von Interesse, ein Zeichen der Einsicht und plötzlicher Erkenntnis. »Als Juliet die Schuld auf sich nahm und sagte, es sei ein Unglücksfall gewesen, habe ich meine Aufmerksamkeit nur noch darauf konzentriert. Ich konnte mir nicht vorstellen, wer ein Motiv gehabt haben sollte, Sage zu töten, und als Juliet behauptete, niemand hätte ohne ihr Wissen ihren Wurzelkeller betreten können, glaubte ich ihr das. Zu dem Zeitpunkt war mir nicht klar, daß er überhaupt nicht das Ziel des Anschlags war. Ich machte mir Sorgen um Juliet, wegen der Leichenschau. Ich

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