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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Jahre.«
    »Ach«, sagte Pam spöttisch, »dann hat deine Mutter mit dir wohl die längste Schwangerschaft aller Zeiten erlebt?«
    »Ich hab doch nicht gesagt, daß sie's nur einmal gemacht haben, Pam. Sie haben's zwei Jahre, bevor sie Mr. Wragg geheiratet hat, regelmäßig getan. Und sie hat schließlich den Brief behalten! Ganz bestimmt liebt sie ihn noch.«
    »Aber du schaust doch genau aus wie dein Vater«, sagte Pam.
    »Er ist nicht...«
    »Okay, okay. Du siehst aus wie Mr. Wragg.«
    »Das ist der reine Zufall«, behauptete Josie. »Wahrscheinlich sieht Paddy Lewis auch wie Mr. Wragg aus. Ist ja auch ganz einleuchtend, oder nicht? Ist doch klar, daß sie sich einen suchen würde, der sie an Paddy erinnert.«
    »Das heißt dann, daß Maggies Vater wie Mr. Shepherd aussieht«, verkündete Pam. »Alle Liebhaber von ihrer Mutter müssen so ausgesehen haben.«
    »Pam«, sagte Josie peinlich berührt. Über die eigenen Eltern konnte man Spekulationen anstellen bis in alle Ewigkeit, aber es gehörte sich nicht, das mit fremden Eltern zu tun. Aber Pam war ja schon immer gleichgültig gewesen, was sich gehörte und was nicht.
    Maggie sagte leise: »Meine Mama hat vor Mr. Shepherd nie einen Liebhaber gehabt.«
    »Sie hat mindestens einen gehabt«, widersprach Pam.
    »Das ist nicht wahr.«
    »Ist doch wahr. Woher bist du sonst gekommen?«
    »Von meinem Vater. Und meiner Mama.«
    »Genau. Er war ihr Liebhaber.«
    »Ihr Mann.«
    »Wirklich? Wie hat er denn geheißen?«
    Maggie zupfte an einem losen Faden ihrer Strickjacke.
    »Na, wie hat er geheißen?«
    Maggie zuckte die Achseln.
    »Du weißt es nicht, weil er keinen Namen hatte. Oder vielleicht hat sie ihn auch nicht gewußt. Weil du ein uneheliches Kind bist.«
    »Pam!«
    Den Eyeliner in der geballten Faust, machte Josie einen drohenden Schritt nach vorne.
    »Was denn?«
    »Red nicht solchen Quatsch.«
    Pam strich sich mit einer trägen Handbewegung das Haar aus dem Gesicht. »Ach, mach doch nicht so ein Theater, Josie. Du kannst mir doch nicht weismachen, daß du diesen ganzen Blödsinn glaubst, daß Daddy ein Rennfahrer war und Mom ihm davongelaufen ist und Daddy jetzt seit dreizehn Jahren sein süßes kleines Mädchen sucht.«
    Maggie hatte das Gefühl, immer kleiner zu werden. Sie sah Josie an, konnte sie aber nicht klar erkennen, weil sie in einer Nebelwolke zu stehen schien.
    »Wenn sie überhaupt verheiratet waren«, fuhr Pam im Konversationston fort, »hat sie ihn wahrscheinlich eines Abends beim Essen mit einer Portion Pastinaken ins Jenseits befördert.«
    »Pam!«
    Maggie stemmte sich gegen die Tür und stand auf. »Ich muß gehen«, sagte sie. »Mom wird sich schon wundern...«
    »Na, das würden wir aber wirklich nicht wollen«, sagte Pam.
    Ihre Mäntel lagen in einem Haufen auf dem Boden. Maggie zog den ihren heraus, aber ihre Hände zitterten so, daß sie es nicht schaffte, ihn überzuziehen. Es machte nichts. Ihr war sowieso ziemlich heiß.
    Sie riß die Tür auf und rannte die Treppe hinunter. Sie hörte Pam lachend sagen: »Nick Ware sollte lieber aufpassen, daß er sich bei Maggies Mutter nicht unbeliebt macht.«
    Josie antwortete: »Ach, gib's doch endlich auf«, ehe sie selbst die Treppe hinuntergepoltert kam. »Maggie!« rief sie.
    Draußen war es dunkel. Ein kalter Wind blies aus Westen die Straße hinunter. Maggie zwinkerte und wischte sich die Tränen weg, dann schob sie einen Arm in ihren Mantel und ging los.
    »Maggie!«
    Schon nach zehn Schritten holte Josie sie ein. »Es ist nicht so, wie du glaubst. Ich meine, du hast schon recht, aber es ist nicht so. Ich hab dich damals ja noch gar nicht gut gekannt. Pam und ich haben miteinander geredet. Und da hab ich ihr von deinem Vater erzählt, das stimmt, aber das ist wirklich alles, was ich ihr je erzählt habe. Ehrenwort.«
    »Es war gemein von dir, es weiterzuerzählen.«
    Josie hielt sie fest und blieb stehen. »Ja, das war es. Ja. Aber ich hab's ihr nicht zum Jux erzählt. Bestimmt nicht. Ich hab's ihr erzählt, weil es bei dir so ähnlich ist wie bei mir.«
    »Aber das stimmt doch gar nicht, Josie. Mr. Wragg ist dein Vater, und das weißt du auch.«
    »Na ja, kann schon sein. Womöglich hätt ich damit noch Glück! Meine Mom brennt mit Paddy Lewis durch, und ich sitz in Winslough mit Mr. Wragg fest. Aber das habe ich sowieso nicht gemeint. Ich hab gemeint, daß wir beide unsere Traumwelt haben. Wir sind anders. Wir denken viel weiter. Wir denken über andere Dinge nach, nicht nur über das, was

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