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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hier im Dorf vorgeht. Ich hab dich als Beispiel benützt, verstehst du? Ich hab gesagt, ich bin nicht die einzige, Pamela Bammela. Maggie macht sich auch ihre Gedanken über ihren Vater. Und da wollte sie wissen, was das für Gedanken sind, und da hab ich's ihr gesagt, und das hätt ich nicht tun sollen. Aber ich hab mich echt nicht über dich lustig gemacht.«
    »Das mit Nick weiß sie auch.«
    »Aber nicht von mir. Ich hab ihr kein Wort gesagt, ehrlich nicht.«
    »Wieso fragt sie dann dauernd?«
    »Weil sie glaubt, was zu wissen. Sie will auf den Busch klopfen und hofft, daß dir mal was rausrutscht.«
    Maggie sah ihre Freundin forschend an. Das trübe Licht von der einzelnen Straßenlampe gegenüber, an der Einfahrt zum Parkplatz des Pub, ließ Josies Gesicht sehr ernst wirken. Und ein wenig seltsam. Der Eyeliner war noch nicht richtig trocken gewesen, als sie nach dem Auftragen die Augen wieder geöffnet hatte, und war auf ihren Augenlidern verlaufen wie Tinte im Regen.
    »Ich hab ihr nichts von Nick gesagt«, beteuerte Josie wieder. »Das bleibt unter uns. Ich versprech's dir.«
    Maggie sah auf ihre Schuhe hinunter. Sie waren vorn abgestoßen.
    »Maggie! Es ist wahr. Wirklich.«
    »Er ist gestern abend zu mir gekommen. Wir - es ist wieder passiert. Meine Mama weiß es.«
    »Nein!«
    Josie packte sie am Arm und führte sie über die Straße auf den Parkplatz. Sie gingen um einen blitzenden, silbergrauen Bentley herum und dann den Weg hinunter, der zum Bach führte. »Und du hast keinen Ton gesagt.«
    »Ich wollt's dir ja erzählen. Ich hab den ganzen Tag nur darauf gewartet, es dir zu erzählen. Aber sie ist ja nie gegangen.«
    »Diese Pam«, sagte Josie, als sie durch das Tor gingen. »Die ist echt wie ein Bluthund, wenn sie irgendwo Klatsch wittert.«
    Ein schmaler Weg führte im rechten Winkel vom Pub zum Bach hinunter. Josie ging voraus. Etwa dreißig Meter weiter stand ein altes Eishaus, genau an jener Stelle, wo der Bach über steil abfallenden Kalkstein sprudelte und die sprühende Gischt die Luft selbst an den heißesten Sommertagen kühl hielt. Es war aus dem gleichen Stein erbaut wie die übrigen Häuser des Dorfs und hatte genau wie diese ein Schieferdach. Aber es hatte keine Fenster, nur eine Tür, deren Schloß Josie schon vor langer Zeit aufgebrochen hatte, um das Eishaus zu ihrem geheimen Lager zu machen.
    Mit der Schulter drückte sie die Tür auf und trat ein. »Augenblick«, sagte sie und zog den Kopf ein, als sie unter dem niedrigen Türsturz hindurchging. Sie tastete im Dunkeln umher, stieß gegen irgend etwas, sagte: »Verdammter Mist!«, und riß ein Streichholz an. Einen Augenblick später flammte ein Licht auf. Maggie trat ein.
    Auf einem alten Faß stand eine Laterne, die zischend gelbes Licht verströmte. Es fiel auf einen Flickenteppich - hier und dort bis auf sein strohfarbenes Unterfutter durchgetreten -, zwei dreibeinige Melkschemel, eine Pritsche, auf der eine alte rote Steppdecke lag, und eine aufgestellte Kiste, über der ein Spiegel hing. Auf diesen provisorischen Toilettentisch stellte Josie die Flasche mit dem Eyeliner zu all ihren anderen heimlichen Schätzen wie Wimperntusche, Rouge, Lippenstift, Nagellack und Haargel.
    Von irgendwoher holte sie eine Flasche Eau de toilette und sprühte reichlich davon auf Wände und Boden. Ihre Bewegungen erinnerten an ein Kultopfer. Doch Moder und Schimmelgeruch, die in der Luft hingen, waren damit für einige Zeit verdrängt.
    »Willst du eine Zigarette?« fragte sie, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß die Tür richtig verschlossen war.
    Maggie schüttelte den Kopf. Sie fröstelte. Es war klar, warum man das Eishaus gerade an dieser Stelle gebaut hatte.
    Josie zündete sich eine Gauloise an, ließ sich auf die Pritsche fallen und sagte: »Was hat deine Mom gesagt? Wie hat sie's gemerkt?«
    Maggie zog einen der beiden Hocker näher zur Laterne, die etwas Wärme abstrahlte. »Sie hat's einfach gewußt. Genau wie letztesmal.«
    »Und?«
    »Es ist mir gleich, was sie denkt. Ich hör bestimmt nicht auf damit. Ich liebe ihn.«
    »Naja, sie kann dich schließlich nicht überall überwachen.«
    Josie legte sich auf den Rücken und schob einen Arm unter ihren Kopf. Sie zog die knochigen Knie an, schlug ein Bein über das andere und wippte mit dem Fuß.» Mensch, du hast so ein Glück.«
    Sie seufzte. Das Ende ihrer Zigarette glühte feuerrot. »Ist er - na ja, du weißt schon - befriedigt er dich?«
    »Ich weiß nicht genau. Es geht ziemlich

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