06 - Der Schattenkrieg
Einsatzbesprechung zugegen.
Fast zur gleichen Zeit erhielt auch Clark sein Signal. Er tat sich mit Larson zusammen und arrangierte sofort einen letzten Aufklärungsflug über dem Ziel in einem Tal südlich von Medellin.
Die restlichen Gewissensbisse wusch Ding zusammen mit den Flecken auf seinem Hemd weg. Hundert Meter von ihrem Lager entfernt floß ein hübscher kleiner Bach, und die Männer wuschen einer nach dem anderen sich und ihre Kleider so gut, wie sie es ohne Seife vermochten. Immerhin, sagte sich Chavez, hatte der arme Teufel etwas Illegales getan. Wichtiger war für ihn, daß er anderthalb Magazine Munition verschossen hatte und daß dem Zug nun eine Mine fehlte, die vor wenigen Stunden wie geplant detoniert war. Ihr Feindlagemann war ein echter Hexenmeister, wenn es um Sprengfallen ging. Nach seiner Katzenwäsche ging Ding zurück auf seinen Posten. Sie planten, in der kommenden Nacht an Ort und Stelle zu bleiben, stellten einige hundert Meter entfernt einen Horchposten auf und gingen Streife, um sicherzustellen, daß niemand ihnen nachstellte. Ansonsten aber sollten sie sich in der Nacht ausruhen. Captain Ramirez hatte erklärt, er wolle in diesem Gebiet nicht aktiv werden, um zu vermeiden, daß das Wild verfrüht aufgescheucht wurde.
18
Höhere Gewalt
Für Sergeant Mitchell war es eine Kleinigkeit, seinen Freund in Fort McDill anzurufen, denn er hatte mit Ernie Davis in der 101. Luftlandedivision gedient, neben ihm gewohnt und mit ihm bei Grillfesten so manche Bierdose zerquetscht. Er erreichte Ernie auf Anhieb, erkundigte sich nach seiner Familie und kam dann bald zur Sache: War in Fort McDill ein Sergeant Domingo Chavez eingetroffen?
»Auf Anhieb fällt mir zu dem Namen nichts ein«, meinte Davis. »Moment, ich gehe mal an den anderen Apparat.« Einen Augenblick später war er wieder an der Leitung, und das typische Geräusch verriet, daß er am Tastenfeld eines Computers saß. »Wie war das noch mal?«
»Chavez, Domingo, Dienstgrad E-sechs.« Mitchell las die mit der Sozialversicherungsnummer identische Dienstnummer vor.
»Mitch, den haben wir hier nicht.«
»Wie bitte? Ein Colonel O’Mara von euch hat aber bei uns angerufen und meinen Lieutenant angepflaumt.«
»O’Mara? Nie gehört. Vielleicht hast du die Kaserne verwechselt.«
»Kann sein, daß der Lieutenant nicht richtig hingehört hat. Na ja, trotzdem vielen Dank, Ernie, und einen Gruß an Hazel.«
»Mach ich, Mitch. Alles Gute.«
»Hmmm…« Mitchell legte auf und starrte den Apparat an. Was ging hier vor? Ding war weder in Fort Benning noch in Fort MacDill. Wo steckte er also? Mitchell griff nach dem Army-Telefonbuch und suchte sich die Nummer seines Freundes Peter Stankowski heraus, der in der Personalzentrale der Army in Alexandria, Virginia, arbeitete.
Er erreichte ihn erst beim zweiten Versuch. »Hallo Stan! Hier Mitch.«
»Suchst du einen neuen Job?« Stankowski teilte Unteroffizieren Posten zu und war daher ein einflußreicher Mann.
»Unsinn, mir gefällt’s bei der leichten Infanterie. Stimmt das… du willst zu den Panzern?« Mitchell hatte kürzlich erfahren, daß Stankowski zur 1. Kavalleriedivision in Fort Hood sollte, um seinen Zug von einem M-2 Bradley aus zu führen.
»Mitch, meine Knie gehen langsam kaputt. Ist doch ganz angenehm, zur Abwechslung mal im Sitzen zu kämpfen. Außerdem ist die 25-mmKanone ein hübscher Friedensstifter. So, und was kann ich für dich tun?«
»Ich versuche, jemanden ausfindig zu machen. Einer meiner Sergeants wurde vor zwei Wochen versetzt. Nun soll ich ihm ein paar Sachen nachschicken, kann ihn aber dort, wo er eigentlich sein sollte, nicht finden.«
»Alles klar. Laß mich mal meine schlaue Maschine fragen. Den Burschen finden wir schon. Wie heißt er?« fragte Stankowski. Mitchell nannte den Namen.
»Elf-Bravo, ja?« 11-B war Chavez’ Funktionsbezeichnung, die ihn als Leichtinfanteristen identifizierte. Die mechanisierte Infanterie hieß 11Mike.
»Stimmt.« Mitchell hörte Tippen. »C-h-a-v-e-z?«
»Korrekt.«
»Ah, der sollte in Fort Benning Ausbilder werden…« Da ist er aber nicht! wäre Mitchell beinahe herausgeplatzt. »Das ist ein komischer Verein. Frag doch mal bei Ernie Davis nach, der arbeitet dort unten.«
»Gut«, erwiderte Mitchell verdutzt. Das Ganze wurde immer sonderbarer. »Vielen Dank, und schönen Gruß an die Familie.«
Nach dem Auflegen stieß er eine Verwünschung aus. Er hatte gerade den Beweis erbracht, daß Chavez nicht mehr existierte. So einfach durften Leute
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