06 - Der Schattenkrieg
automatischen Waffen. Auf der Mauer zwei befestigte Maschinengewehrnester. Ritter hat auf St. Kitts die richtige Bezeichnung für dieses Monstrum gefunden, dachte er: Gebaut von Frank Lloyd Wright für Ludwig II. von Bayern. Im Grunde kein häßlicher Bau, wenn man die neoklassizistische spanische Moderne, befestigt auf Hi-Tech-Art, mochte. Auf dem obligatorischen Hubschrauberlandeplatz stand ein Sikorsky S-76.
»Was muß ich sonst noch über das Haus wissen?« fragte Clark. »Massive Betonkonstruktion. Ich würde mich darin nicht wohlfühlen; immerhin ist das hier ein Erdbebengebiet. Ein Holzgebäude fände ich sicherer. Aber dieser Kasten hier soll wohl Kugeln und Mördergranaten abhalten.« »Wird ja immer besser«, bemerkte Clark und griff in seinen Rucksack. Erst zog er ein schweres Stativ heraus und baute es rasch und geschickt auf ebenem Boden auf. Dann kam das GLD, das er aufschraubte und justierte. Zuletzt holte er ein Nachtsichtgerät Varo Noctron-V hervor. Das GLD war zwar ebenfalls mit einem Infrarotvisier ausgestattet, aber nachdem es einmal justiert war, wollte er es nicht mehr berühren. Das Noctron hatte nur fünffache Vergrößerung, war aber klein, leicht und handlich und verstärkte verfügbares Licht fünftausendfach. Larson sollte den Funkverkehr übernehmen und hatte seine Ausrüstung schon aufgebaut. Nun brauchten sie nur noch abzuwarten. Larson holte etwas zu essen heraus, und die beiden Männer machten es sich bequem. »Na, jetzt wissen Sie wenigstens, was ‹Großfuß› bedeutet«, meinte Clark eine Stunde später lachend und reichte Larson das Noctron.
»Ist ja ein geiles Teil…« Die Straße hoch kam ein Ford-Pickup mit riesigen Reifen, der zwar nicht ganz so grotesk aussah wie jene »Bigfoot«-Monster, die bei Vorführungen Schrottautos platt walzen, aber einen ähnlichen Effekt hatte. Außerdem kam das Gefährt auf der miserablen Straße zur Casa gut voran.
»Ich möchte wissen, was das Ding an Sprit schluckt«, bemerkte Larson und gab das Nachtsichtgerät zurück.
»Der kann sich’s leisten.« Clark beobachtete, wie das Fahrzeug oben auf dem Gelände rangierte, und wollte seinen Augen nicht trauen: Der Holzkopf parkte es doch tatsächlich direkt neben dem Haus, vor den Fenstern des Konferenzzimmers. Offenbar wollte er sein neues Spielzeug nicht aus den Augen lassen.
Zwei Männer stiegen aus und wurden an der Terrasse vom Gastgeber mit Händedruck und Umarmungen begrüßt. Ringsum standen Bewaffnete und schauten sich so nervös um wie die Leibwächter des Präsidenten. Sie entspannten sich sichtlich, als ihre Schutzbefohlenen hineingingen. »Ah, da kommt der letzte.« Larson wies auf Scheinwerfer auf der Schotterstraße. Es war ein Mercedes, gepanzert wie ein Tank genau wie die Limousine des Botschafters, dachte Clark. Auch dieser VIP wurde mit Pomp empfangen. Inzwischen waren mindestens fünfzig Wächter sichtbar. Die Mauer war voll bemannt; andere Teams gingen auf dem Gelände Streife. Seltsam fand Clark nur, daß außerhalb der Einfriedung keine Wächter postiert waren. In dem Raum hinter dem Pickup ging das Licht an.
»Sieht so aus, als hätten Sie richtig geraten.«
»Dafür werde ich bezahlt«, versetzte Larson. »Wie groß ist die Entfernung zwischen dem Pickup…« Clark hatte die Distanz zwischen dem Fahrzeug und dem Haus bereits mit dem Laser gemessen. »Drei Meter von der Mauer entfernt. Das reicht.«
Commander Jensen schloß das Tankmanöver ab und löste sich von der KA-6, sobald seine Kraftstoffmesser »voll« anzeigten. Er ging tiefer, damit der Tanker das Gebiet verlassen konnte, zog den Knüppel nach rechts. Sein neuer Kurs war eins-eins-fünf; auf dreißigtausend Fuß ging er in den Horizontalflug. Noch war sein IFF-Transponder (Identifikation Freund/Feind) abgeschaltet; er konnte sich also entspannen und den Flug genießen. Aus Gründen der Sicht bei Bombenangriffen sitzt der Pilot in der A-6 relativ hoch man kam sich ein wenig exponiert vor, wenn man beschossen wurde, entsann sich Jensen, der kurz vor dem Ende des Vietnamkrieges einige Einsätze geflogen hatte. Heute aber kam ihm der Pilotensitz vor wie ein Thron. Die Sterne funkelten hell. Bald würde der abnehmende Mond aufgehen. Die Welt war in Ordnung. Dazu noch eine angenehme Mission; besser konnte es gar nicht werden.
Im Schein der Sterne konnten sie die Küste schon über gut zweihundert Meilen ausmachen. Die Intruder glitt mit knapp fünfhundert Knoten dahin. Sowie sie den Radarüberwachungsbereich der E2C
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