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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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für einen richtigen Fall zu taugen, sagte sich Murray und suchte sich einen Sitzplatz in der Nähe des Gate. Mit diesem Vorgang hatte er nur zu tun, weil der Direktor die Akte in die Hand bekommen und Bill Shaw, seinen Vorgesetzten, mit ihrer Erledigung beauftragt hatte. Und Bill Shaw seinerseits hatte Dan Murray beauftragt, sich die Leute einmal vorzunehmen. Der Fall versprach, heikel zu werden.
Nach einem zweistündigen und langweiligen Flug wurde Murray an der Ankunft von Special Agent Mark Bright vom FBI Mobile abgeholt.
»Sonst noch Gepäck, Mr. Murray?«
»Nur die Tasche - und Sie können ruhig Dan zu mir sagen«, erwiderte Murray. »Sind die Leute schon vernommen worden?«
»Sie sind noch nicht eingelaufen.« Bright schaute auf die Uhr. »Eigentlich sollten sie um zehn hier sein, aber letzte Nacht hatten sie einen Rettungseinsatz. Ein Fischkutter explodierte, und sie mußten die Mannschaft retten. Kam in den Frühnachrichten. Offenbar haben sie gute Arbeit geleistet.« »Ist ja toll«, meinte Murray. «Jetzt sollen wir also einen echten Helden auf den Grill legen.« »Kennen Sie den Hintergrund dieses Mannes?« fragte Bright. »Ich hatte noch keine Gelegenheit…« »Aber ich. Wegener ist in der Tat ein Held, eine Legende. ‹Engel der Schiffbrüchigen› nannten sie ihn. Offenbar hat die Hälfte aller Leute, die auf dem Meer rumschippern, ihr Leben ihm zu verdanken. Obendrein hat er einflußreiche Freunde.«
»Zum Beispiel?«
»Senator Billings aus Oregon.« Murray erklärte den Zusammenhang. »Ausgerechnet der Vorsitzende des Justizausschusses.« Bright seufzte und schaute zur Decke. Der Justizausschuß des Senats beaufsichtigte das FBI.
In Brights Ford, dessen Motor schnurrte wie ein wohlgenährter Tiger, fand Murray weitere Unterlagen über Wegener auf dem Beifahrersitz, die bestätigten, was er in Washington gehört hatte. »Eine unglaubliche Geschichte.«
»Allerdings.« Bright nickte. »Könnte da etwas Wahres dran sein?«
»Mir ist schon viel untergekommen, aber das da wäre der Gipfel.« Murray machte eine Pause. »Komisch aber ist…«
»Eben«, stimmte der jüngere Agent zu. »Finde ich auch. Die Kollegen von der DEA glauben es auch, aber was dabei herausgekommen ist will sagen, selbst wenn alle Beweise unberücksichtigt bleiben, ist so ungeheuerlich…«
»Stimmt.« Ein weiterer Grund für Murrays Beteiligung an diesem Fall. »Wie wichtig war das Opfer?« »Beste Verbindungen zu Spitzenpolitikern, Aufsichtsrat mehrerer Banken, Universität Alabama, die üblichen Verbands- und Vereinsmitgliedschaften der Mann war eine Stütze der Gesellschaft. Entstammte einer alten Familie, ein Vorfahr war General im Bürgerkrieg, der Großvater Gouverneur von Georgia.«
»Wohlhabend?«
»Mehr Geld, als ich mir je wünschen könnte. Riesenpalast auf einer Plantage nördlich der Stadt. Sein Geld hat er mit Immobiliengeschäften verdient. Seine Firmen sind so verschachtelt, daß unsere Leute noch nicht durchblicken. Einige Holdings sind sogar im Ausland, und an die kommen wir wahrscheinlich nie heran.«
»‹Prominenter Geschäftsmann in Drogengeschäfte verwickelt.› Donnerwetter, diese Einnahmequelle hatte er gut getarnt. Nahm er selbst Drogen?«
»Nein«, erwiderte Bright, »nie. Weder bei uns noch bei der DEA noch bei der Ortspolizei liegen Erkenntnisse vor.«
Murray klappte die Akte zu und starrte sinnend auf den Verkehr. Dies war der erste winzige Einblick in einen Fall, bei dessen Ermittlungen die Arbeitsstunden zu Jahren kumulieren konnten - und dabei wußten sie noch nicht einmal genau, wonach sie eigentlich suchten. Fest stand nur, daß die Empire Builder eine Million Dollar in gebrauchten Zwanzigern und Fünfzigern an Bord gehabt hatte, und soviel Bargeld konnte nur eines bedeuten, dachte Murray. Oder doch nicht: es konnte vielmehr alles mögliche bedeuten. »So, da wären wir.« In den Stützpunkt kamen sie leicht herein, und Bright kannte den Weg zur Pier. Vom Auto aus nahm sich die Panache recht groß aus; ein turmhohes weißes Schiff mit einem hellorangen Streifen und einem Rußfleck an der Flanke. Als er und Bright ausgestiegen waren, ging am oberen Ende der Gangway jemand ans Telefon, und binnen weniger Sekunden erschien ein Mann, dessen Bild Murray schon in der Akte gesehen hatte: Wegener. Der Mann hatte graumeliertes, ehemals rotes Haar und sah, abgesehen von einem kleinen Bauch, recht fit aus. Typisch für den Seemann die Tätowierung am Unterarm; und der leidenschaftslose Blick wies auf einen

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