Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
mag aber unter den Tisch fallen, wenn wir jetzt Wegener zum Sündenbock machen. Angesichts der Prominenz des Opfers würde auch kein Staatsanwalt mitmachen. Fast jeder US-Staatsanwalt hatte politische Ambitionen, und wer diese beiden auf den elektrischen Stuhl brachte, bekam dafür eine halbe Million Stimmen. Murray konnte es nicht riskieren, in diesem Fall Mist zu bauen. FBI-Direktor Jacobs war selbst einmal Anklagevertreter gewesen und verstand das. Einen Augenblick später erschien der IA, und nach der Vorstellung gab Bright die Aussagen der beiden Festgenommenen wieder. Wegener schmauchte seine Pfeife und machte große Augen. »Sir«, sagte der IA zu Bright, als der geendet hatte, »ich habe ja schon allerhand Seemannsgarn gehört, aber diese Mär stellt alles in den Schatten.«
»Alles meine Schuld«, grollte Wegener kopfschüttelnd. »Ich hätte ihnen ihr Zeug nicht zurückgeben sollen.«
»Wieso merkte eigentlich niemand, was die beiden da rauchten?« fragte Murray, der weniger neugierig auf die Antwort war als auf das Geschick, mit dem sie präsentiert wurde. Zu seiner Überraschung antwortete der IA.
»Direkt über der Haftzelle ist ein Ansaugstutzen der Klimaanlage. Die Gefangenen werden nicht dauernd überwacht in unseren Vorschriften steht, das käme der Ausübung von psychologischem Druck gleich oder so etwas Ähnliches. Außerdem fehlen uns die Leute. Da der Rauch also abgesaugt wurde, fiel der Geruch erst am Abend auf, und da war es bereits zu spät. Als wir sie zur Vernehmung in die Messe brachten einzeln, so wie es in den Vorschriften steht, hatten sie beide glasige Augen. Einer schwieg, der andere redete. Das Band haben Sie ja.«
»Jawohl, ich habe es mir angesehen«, erwiderte Bright. »Dann wissen Sie auch, daß wir sie über Ihre Rechte aufklärten. Aber sie aufhängen? Das ist doch Schwachsinn, ehrlich. Das dürfen wir doch überhaupt nicht. War das denn jemals legal?«
»Der letzte mir bekannte Fall ereignete sich 1843«, erklärte der Captain. »Die Marineakademie in Annapolis wurde eingerichtet, weil man auf der USS Somers ein paar Männer aufgehängt hatte. Einer von ihnen war der Sohn des Kriegsministers. Obwohl es um versuchte Meuterei ging, gab es gewaltigen Stunk. Jedenfalls henkt die Marine heute niemanden mehr«, schloß Wegener ironisch. »Ich bin zwar schon lange dabei, aber so lange auch nun wieder nicht.«
»Wir haben noch nicht einmal mehr das Recht, ein Kriegsgericht zu halten«, fügte der IA hinzu. »Bei uns an Bord gibt es höchstens einmal Disziplinarverfahren.«
»Eigentlich keine üble Idee. Die Kerle hätte ich liebend gerne aufgehängt«, merkte Wegener an. Murray fand diese Bemerkung sehr seltsam und sehr geschickt. Bright tat ihm nun ein wenig leid. »Das Ganze ist also eine reine Erfindung«, sagte Murray, und zwar nicht im Frageton. »Jawohl, Sir«, erwiderte Wegener. Der IA nickte bestätigend. »Und Sie sind bereit, das unter Eid zu wiederholen.«
»Selbstverständlich. Warum nicht?«
»Wenn Sie nichts dagegen haben, hätte ich gerne auch den Bootsmann gesprochen, der den Festgenommenen mißhandelte.«
»Ist Riley an Bord?« fragte Wegener den IA. »Ja, er ist zusammen mit Portagee unten in seiner Kabine.«
»Gut, dann gehen wir die beiden mal besuchen.« Wegener erhob sich. »Brauchen Sie mich noch, Sir? Ich habe zu tun.«
»Nein, IA. Vielen Dank.«
»Aye, aye«, sagte der Lieutenant und verschwand um eine Ecke. Der Weg war länger, als Murray erwartet hatte. Sie mußten sich an zwei Arbeitstrupps vorbeidrängen, die Schotts strichen. Die Kabine, die Riley und Oreza sich teilten, lag im Achterschiff. Als Wegener die Tür öffnete, quoll ihm eine Rauchwolke entgegen. Der Bootsmann hatte eine Zigarre zwischen den Zähnen und einen winzigen Schraubenzieher in seiner mächtigen Hand. Beide standen auf, als sie den Captain sahen. »Immer mit der Ruhe. Was treiben Sie da?«
»Das hat Portagee gefunden.« Riley reichte Wegener das Objekt. »Ein ganz altes Stück, das wir zu reparieren versuchen.«
»Ein Sextant von Henry Edgworth, um 1778. Hab ich beim Trödler aufgetrieben. Wenn wir den wieder hergerichtet haben, bringt er vielleicht etwas.«
Wegener schaute sich das Instrument näher an. »1778, meinen Sie?«
»Jawohl, Sir, und damit wäre der Sextant eines der ältesten Modelle überhaupt. Das Glas ist zwar hin, aber leicht zu ersetzen. Ich kenne ein Museum, das für so etwas Spitzenpreise zahlt, aber vielleicht behalte ich das Stück auch selbst.«
»Wir haben

Weitere Kostenlose Bücher