06 - Weihnacht
klar zu machen, und ich mußte alle möglichen und unmöglichen Gründe zusammensuchen, dem ungeduldigen Freunde zu beweisen, daß die Zeit dazu noch nicht gekommen sei.
Es stellte sich heraus, daß Corner unfähig war, auf ein Pferd gesetzt zu werden. Es wurde eine kurze Beratung gehalten, deren Resultat darin bestand, daß man ein Floß baute, auf welchem er transportiert werden sollte. Vier Mann hatten bei ihm zu bleiben, um ihn aus dem Fleischwasser in den Platte und auf diesem bis an die Mündung des Sweetwater hinabzubringen, dessen Ufer wir dann aufwärts zu folgen hatten.
Vor unserm Aufbruch gab es mit meinem Pferde eine Szene. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß die Indsmen sich unsere guten Pferde aneigneten und ihre schlechtesten für uns bestimmten. Wir mußten aufsteigen und wurden dann oben festgebunden. Peteh war hochentzückt über den Rappen und wählte ihn für sich. Hatatitla stand ganz still und ließ ihn auch in den Sattel kommen. Es hätte nur eines Wortes von mir bedurft, um den Hengst zum Gehorsam gegen ihn zu bewegen; da ich mich aber hütete, dies zu sagen, tat er die ihm eingeübten zwei Sprünge, und der Häuptling flog herunter. Dieser war zunächst ganz verblüfft; dann überkam ihn das Gefühl der ihm widerfahrenen Schande, und er stieg wieder auf, um dieses Mal aber sicher sitzen zu bleiben. Er flog wieder herab und wurde darüber so wütend, daß er das Pferd wohl erschossen hätte, wenn es ein gewöhnliches gewesen wäre. Er hätte den Versuch wiederholen können, er wäre wohl hinauf- aber noch schneller wieder herabgekommen; um aber die Sache abzukürzen, drängte ich das Pferd, auf welchem ich saß, näher hin und sagte, scheinbar nur so für mich hin, in Wirklichkeit aber, daß Hatatitla es hören solle, das eine Wort „nehvis!“.
Der Hengst legte die Ohren zurück, und nun war es sicher, daß er von jetzt an keinen Menschen mehr hinaufkommen lassen werde. Sobald der Häuptling die Hand wieder ausstreckte, biß und schlug er nach ihm; andere traten hinzu, um Peteh zu helfen; da ging der Rappe, vorn hoch, auf sie zu und trieb sie auseinander. Er ließ sich auch nicht am Zügel führen. Man versuchte alles mit ihm, doch vergeblich, und so sah sich der Häuptling gezwungen, mich wieder losbinden und absteigen zu lassen, um mein eigenes Pferd zu reiten. Dann brachen wir auf.
Zu meinem Leidwesen hielt man mich für so gefährlich, daß man mich von Rost und Carpio trennte. Man glaubte, ich könne mit ihnen sonst einen Plan zur Flucht beraten. Ich bekam je zwei Begleiter rechts und links, welche mich keine Minute lang aus den Augen ließen, was mir sehr gleichgültig gewesen wäre, wenn mir nicht meine beiden Gefährten leid getan hätten. Sie wurden sogar vor an die Spitze des Zuges genommen, während man mich ganz nach hinten zwang, und da im weit ausgedehnten Indianer-(Gänse-)Marsch geritten wurde, so bekam ich sie erst am Abend wieder zu sehen.
Es ging während des ganzen Tages im Tale des Platte zwischen einander bald nahestehenden bald zurücktretenden Bergen abwärts. Kurz nach Mittag passierten wir den massigen Pyramide-Rock, und am Nachmittage sahen wir an einer Stelle, welche der Mündung des Sand Creek gegenüberlag, das Floß mit Corner und seinen Wächtern kommen. Dieser Sand Creek ist nicht mit dem schon einmal erwähnten Big Sandy Creek, welcher in den Green River fließt, zu verwechseln.
Wir hatten erst bis ganz zur Mündung des Sweetwater gewollt; aber da das Floß dem Häuptling so gelegen kam, ließ er halten, um hier über den Platte zu setzen, was zwar nicht leicht war, aber ohne Unfall vonstatten ging. Auch das Floß landete, und Corner, welcher sich inzwischen etwas erholt hatte, wurde nun auch auf ein Pferd gesetzt. Dann ritten wir noch bis an den Arkansas Creek, welcher von den Ferrisbergen herunterkommt, und blieben dort halten, um Lager zu machen.
Hier sah ich, wie bereits erwähnt, Rost und Carpio wieder, wurde aber von ihnen ferngehalten, so daß es mir nur einmal gelang, ihnen beruhigend zuzunicken. Carpio sah sehr angegriffen aus; er tat mir unendlich leid; ich konnte aber leider gar nichts für ihn tun.
In dieser Nacht schlief ich trotz meiner Fesseln vom ersten bis zum letzten Augenblicke. Früh ging es schon bei Tagesanbruch weiter, und zwar in derselben Reihenfolge wie gestern; ich blieb von den Gefährten isoliert. Der heutige Ritt war sehr anstrengend, weil über mehrere schwer passierbare Flüsse gesetzt werden mußte. Wir ritten
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