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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Ein Lager kann nicht zwei Häuptlinge haben, welche beide befehlen wollen. Legt euch ein anderes an!“
    Das hatte der alte Fuchs nicht erwartet! Am Fleischwasser war er für unsere Auslieferung an die Krähen gewesen, welche freilich kaum umgangen werden konnte. Er hatte wahrscheinlich geglaubt, daß unser Schicksal trotzdem von dem Willen Petehs abhängig bleibe, weil diesem ja die entscheidende Stimme zufallen werde. Jetzt, da die Verhältnisse sich günstig für mich legten, wollte er durch die Drohung, ein abgesondertes Lager zu beziehen, auf den Kikatsa einen Druck ausüben, dessen Wirkung sich gegen mich richten sollte. Daß ihm dieser, allerdings ohne ihn zu durchschauen, ein Paroli bot, machte seinen Plan zuschanden und erregte seinen Ärger in einer solchen Weise, daß er die Unvorsichtigkeit beging, sich durch ihn zu einer Drohung verleiten zu lassen:
    „Wenn Peteh, unser Häuptling, nicht bei den Kriegern der Upsarokas wohnen soll, wird er auch nicht mit ihnen gegen die Schoschonen kämpfen wollen!“
    Da nahmen die Züge des Kikatsas jene Starrheit an, welche auf einen gewaltsam unterdrückten innern Ausbruch deutet.
    „Spricht mein Bruder das für sich oder für ihn?“ fragte er.
    „Für ihn und mich, für alle unsere Krieger.“
    „Er will also hier befehlen, und wenn er das nicht soll, wird er uns seine Hilfe versagen?“
    „Ja. Du wirst unsere hundert tapferen Krieger verlieren, und zwar nur wegen dieses Bleichgesichtes hier, welches stets euer und auch unser Feind gewesen ist. Und da wir nicht aus solcher Ferne hierhergekommen sind, um ohne Kampf und Beute wieder heimzureiten, so ist vorauszusehen, wozu sich unser Häuptling dann entschließen wird.“
    „Wozu?“
    „Er wird euch verlassen und uns zu den Schoschonen führen, um ihnen gegen euch beizustehen.“
    „Uff! Der Krieger der Blutindianer beantworte mir einige Fragen! Weshalb haben wir die Beile des Krieges gegen die Schoschonen ausgegraben?“
    Er nannte den Alten jetzt schon nicht mehr ‚mein Bruder‘, sondern den ‚Krieger der Blutindianer‘; der Ausbruch schien also nahe bevorzustehen. Der Gefragte antwortete:
    „Weil die Schoschonen sechs Upsarokas getötet haben.“
    „Woher weiß ich das?“
    „Ich habe es dir gesagt; ich war dabei, als sie es taten, konnte es aber nicht verhindern, weil ich in zu großer Entfernung stand.“
    „Also dein Mund war es, wegen dessen Rede wir ausgezogen sind, um die Schoschonen zu strafen. Dein Mund war es, welcher uns zur Rache aufforderte. Dein Mund war es, welcher die Schoschonen feige, stinkende Mörder nannte und uns den Beistand eurer Krieger verhieß. Dein Mund war es auch, welcher mir versprach, daß diese Krieger nur meinen Befehlen zu gehorchen hätten. Nun aber kommt Peteh, euer Häuptling, und will, daß ich ihm gehorche, und da ich dies nicht tue, drohst du mir, daß ihr euch unsern Feinden, von denen du nicht schlimm genug erzählen konntest, zuwenden wollt!“
    „Nur dieses Bleichgesichtes wegen, welches du uns nehmen willst!“
    „Pshaw! Stände euer Häuptling jetzt an deiner Stelle, und wären deine Worte aus seinem Munde gekommen, so würde ich ihm mit dem Tomahawk, aber nicht mit den Lippen antworten; da du aber kein Häuptling bist, will ich eine Antwort geben, welche nicht für ihn, sondern nur für dich zu gelten hat. Also höre: Wenn ihr wegen dieses weißen Kriegers gehen wollt, so geht! Der Kopf und der Arm Old Shatterhands, diese sind mehr wert als die Arme und Köpfe von hundert Blutindianern! Das ist es, was ich dir, nicht ihm sage. Willst du es ihm mitteilen, so tue es! Nun zieht fort, oder baut euch Hütten hier in unserer Nähe, ganz wie ihr wollt. Aber was mit Old Shatterhand geschehen soll, das wird die Versammlung bestimmen, an welcher Peteh teilnehmen soll, doch nicht dieser allein. Meine Krieger stehen hier; sie werden darauf achten, daß nur Peteh, sonst aber kein Blutindianer, unser Lager betritt. Ich habe gesprochen. Howgh!“
    Er wendete sich um und winkte mir. Ich nahm Hatatitla beim Zügel und folgte dem Kikatsa, nicht wenig erfreut über diesen weitern Erfolg meiner Weigerung, mich wie ein unerfahrenes Greenhorn behandeln zu lassen.
    Er führte mich nach dem Mittelpunkte des Lagers, wo eine Hütte stand, welche größer als die andern war. Zwei vor dem Eingange in der Erde steckende und mit Federn geschmückte Lanzen verrieten, daß es die seinige sei. Ich hobbelte mein Pferd an und ging dann mit ihm hinein.
    Das Innere bot nicht die

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