06 - Weihnacht
Peteh deinen Tod verlangt?“
„So berufst du dich auf die Versammlung.“
„Er wird sie beschleunigen wollen!“
„Wenn du in der richtigen Weise mit diesen Kriegern sprichst, werden sie nur beschließen, was du für gut befindest.“
„Uff! Meine Seele ist in großer Sorge, denn wenn dir etwas geschieht, wird Winnetou Rechenschaft von mir fordern!“
„Das ist zwar richtig, aber du brauchst nicht bange zu sein, denn ich weiß, daß mir von seiten der Blutindianer nichts geschieht.“
„Ich werde gleich jetzt die ältesten meiner Krieger zusammenkommen lassen, um ihnen zu erzählen, daß der Häuptling der Apatschen hier gewesen ist und was ich von ihm gehört habe.“
„Tue das, doch mögen sie den Blutindianern ja morgen dann nichts merken lassen!“
„Ich werde ihnen das scharf einprägen. Komm!“
Wir verließen die Stelle, welche dazu bestimmt gewesen war, so einflußreich für die hiesige Situation zu werden. Er ging nach seiner Wohnung und ich nach der meinigen, wo ich gefragt wurde, wo ich so lange gewesen sei. Wie erstaunten sie und wie freuten sie sich, als sie hörten, daß ich mit Winnetou gesprochen hatte! Ich erzählte ihnen natürlich, was uns von ihm mitgeteilt worden war. Als ich damit fertig war, sagte Carpio:
„Ich habe doch stets recht, aber stets!“
„Wieso auch jetzt?“ erkundigte ich mich.
„Das ist doch einfach, sehr einfach! Die Blutindianer sind die Mörder, man hat aber geglaubt, die Schoschonen seien es!“
„Nun?“
„Nun – fragst du? Da gibt es ja eigentlich gar nichts zu fragen! Da sind wieder einmal so einige zerstreute Kerle herumgelaufen und haben in ihrer Kopflosigkeit eine Verwechslung begangen, die gar nicht größer sein kann!“
„Ach so! Aber diese zerstreuten Menschen sind dieses Mal Indianer gewesen, also Naturmenschen, lieber Carpio. Du sagtest ja, daß diese nie zerstreut sein können!“
„Ja, da scheinen sie aber doch auch schon von der Kultur angeleckt worden zu sein, denn nur die Kultur ist es, die solche Verwirrungen hervorbringen kann. Der kultivierteste Mensch, den ich kenne, bist du, und was hast du damals für eine tolle Verwechslung mit meinem Reisepaß vorgenommen! Im Stiefel hattest du ihn stecken. Es war geradezu großartig lächerlich! Weißt du es noch?“
„Ja, leider!“
„Da wird es zwischen den Schlangen und den Krähen wohl gar nicht zum Kampfe kommen?“ fragte Rost.
„Wahrscheinlich nicht.“
„Gott sei Dank! Ich mag vom Blutvergießen lieber gar nichts wissen, obgleich ich eine Apotheke und auch Verbandszeug mitgenommen habe. Mir sagt eine innere Stimme, daß ich diese Sachen gar nicht brauchen werde.“
„Das wollen wir ja nicht behaupten! Wenn ich auch einmal eine innere Stimme haben dürfte, so würde mir diese sagen, daß sich für Sie sogar sehr bald die Gelegenheit ergeben kann, Ihre medizinische und chirurgische Geschicklichkeit zu zeigen.“
„An wem?“
„An Peteh oder mir, vielleicht auch an uns beiden zu gleicher Zeit.“
„Wieso?“
„Es kann einer von uns oder es könnten auch beide verwundet oder gar getötet werden.“
„Doch nicht! Warum?“
„Eines Zweikampfes wegen.“
„Zweikampf? Meinen Sie ein Duell, ein wirkliches Duell?“
„Ja.“
„Was Sie sagen! Gibt es hier oben Duelle?“
„Und was für welche!“
„Und Sie denken, daß Sie ein solches auszufechten haben werden?“
„Für gewiß halte ich es zwar nicht, aber für möglich.“
„Sie meinen, Sie werden von Peteh gefordert?“
„Ja.“
„Das klingt ja geradezu gefährlich! Weshalb sollte er Sie fordern?“
„Um mich zu töten.“
„Alle Wetter! Auf diesen Kerl möchte ich nicht losgehen. Der hat ja Muskeln wie ein Büffelstier! Übrigens habe ich zum Fechten niemals Zeit gehabt. Ich kann also zwar den großen vorderen, gekerbten Muskel vom Kapuzenmuskel, aber nicht eine Terz vom einer Quart unterscheiden.“
„Oh, was das betrifft, so brauchen wir keine Sorge zu haben“, fiel Carpio ein; „mein Sappho macht mit jedem mit; da kenne ich ihn; dem darf keiner kommen.“
„Pshaw!“ lachte ich. „Damals und jetzt! Ihr dürft auch nicht etwa denken, daß da mit gemütlichen Paukwaffen aufeinander losgegangen wird. O nein; da geht es ganz anders her!“
„Aber wie kann denn dieser Blutindianer auf den Gedanken kommen, mit Ihnen kämpfen zu wollen?“ fragte Rost.
„Das ist sehr leicht erklärlich“, antwortete ich. „Sie wissen doch, wie feindlich er uns, besonders mir gesinnt ist. Er will
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