06 - Weihnacht
seien es gewesen, welche mit Nana-po sich entfernt hätten; er habe es gesehen, aber nicht helfen können, weil sich alles viel zu schnell für ihn zugetragen hätte. Die Upsarokas glaubten ihm, gaben ihn und seine Leute frei, machten sie zu ihren Verbündeten und jagten den Schoschonen nach. Diese wurden ergriffen und gefangen zu dir gebracht. Sie starben unschuldig am Marterpfahle, und Nana-po soll auch noch sterben, sobald seine Squaw die Gewehre ohne Erfolg für ihn bezahlt haben wird.“
„Uff, uff!“ ließ sich der Kikatsa hören, als Winnetou seinen Bericht jetzt beendet hatte. „Wenn es so wäre, wie der Häuptling der Apatschen erzählt, so wären also die Blutindianer, welche jetzt meine Verbündeten sind, die Schuldigen!“
„Es ist so. Ja, es ist noch schlimmer! Du hast den Schoschonen den Kampf zugesprochen, weil du glaubtest, sie hätten deine Leute getötet; nun aber müssen sie sich an dir rächen, weil du ihre unschuldigen Krieger am Marterpfahle hingerichtet hast!“
„Uff! Kann Winnetou beweisen, daß alles so ist, wie er mir erzählt hat?“
„Ich lüge nie; aber ich werde es dir dennoch beweisen, weil es eine so wichtige Sache ist. Die Blutindianer haben sich mit dir verbündet, um große Beute bei den Schoschonen zu machen; sie wollen das, obgleich sie wissen, daß sie selbst die Schuldigen, die Schoschonen aber unschuldig sind. Sie kamen zu dir gezogen und nahmen unterwegs meinen Bruder Old Shatterhand gefangen. Ich ritt hinterher, um ihn zu befreien. Ich beschlich und belauschte sie. Ich hörte ihren Häuptling Peteh mit dem alten Krieger Innua Nehma von dem Morde sprechen, von dem ich dir jetzt erzählt habe. Sie lachten über dich, daß du sie, die Mörder, für unschuldig hältst und dafür deine Rache auf die unschuldigen Schoschonen lenkst. Ich erfuhr den Ort der Tat und beschloß, ihn aufzusuchen. Während die Blutindianer langsam weiterritten, jagte ich hinüber nach dem Salbeiflusse. Ich fand die Stelle. Noch liegen die sechs erschossenen Bleichgesichter unbegraben und von den Geiern zerrissen da. Warum habt ihr diese Leichen gar nicht beachtet? Sie hätten euch doch sagen müssen, daß die Blutindianer die Mörder seien, nicht aber die Schoschonen, deren weiße Gefährten ermordet worden sind!“
„Uff! Sie liegen noch da?“
„Ja. Ich komme deshalb heut zu dir. Du hast das Kriegsbeil gegen die Schoschonen erhoben, und diese werden ihre vier am Marterpfahle unschuldig Hingerichteten von euch fordern; ich aber bin der Freund und Bruder aller roten Männer und will Frieden zwischen euch machen. Sende morgen früh sichere Boten, welche gute Augen haben, nach dem Salbeiflusse! Wenn diese zurückkehren und dir sagen, daß sie die toten Bleichgesichter noch liegen sahen, so hast du den Beweis, daß die Schoschonen unschuldig, die Blutindianer aber schuldig sind.“
„Uff, uff, das ist richtig!“
„Ja, das ist richtig. Ich habe dir gesagt, wie es ist. Howgh!“
„Was wird Winnetou, der berühmte Häuptling der Apatschen, inzwischen tun, bis diese meine Boten zurückkehren?“
„Das sollte ich dir verschweigen; ich will es dir aber sagen, damit du erkennst, daß ich aufrichtig bin. Ich reite zu den Schoschonen und hole sie. Erkennst du ihre Unschuld an und bietest ihnen Ersatz für ihre vier Toten, so werde ich für dich bitten; tust du das aber nicht, so werden sie weit über tausend Mann stark über euch herfallen. In beiden Fällen aber haben die Blutindianer die gerechte Strafe zu erleiden! Winnetou, der Häuptling der Apatschen, hat gesprochen. Howgh!“
Kaum hatte er dieses Bekräftigungswort ausgesprochen, so war er verschwunden. Der Kikatsa stand eine ganze, lange Zeit stumm da und starrte ihm nach, in die Nacht hinaus. Diese Mitteilung war ihm ebenso unerwartet gekommen wie das so plötzliche Erscheinen des Apatschen selbst. Was war mein Winnetou doch für ein herrlicher, unvergleichlicher Mensch!
Dann drehte sich Yakonpi-Topa langsam zu mir um und fragte mich:
„Was sagt Old Shatterhand dazu?“
„Was Winnetou behauptet, ist nie zu bezweifeln!“
„Uff! So hätte ich die Mörder ja gleich hier beim eigenen Lager!“
„Ganz recht!“
„Und darf sie doch nicht eher bestrafen, als bis meine Boten zurückgekehrt sind!“
„So sei um so mehr dafür besorgt, daß sie keinen Verdacht schöpfen und sich in Sicherheit bringen!“
„Soll ich sie etwa freundlich behandeln?“
„Freundlich ernst, wie Verbündete es verlangen dürfen.“
„Wenn aber nun
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