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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die andern weißen Gefangenen einmal beschleichen zu dürfen, und als er mich hach dem Grunde fragte, antwortete ich:
    „Sie sind Feinde aller braven Krieger der Indianer und der Bleichgesichter; sie haben schon oft gestohlen und gemordet; es ist ihnen das größte Verbrechen zuzutrauen, und wahrscheinlich beraten sie jetzt darüber, ob es ein Mittel gibt, euch zu entkommen. Wenn ich es hörte, würde ich es dir sagen.“
    „Gut, so mag Old Shatterhand dann, wenn nur noch die Wachtfeuer brennen und es bei ihrer Hütte dunkel ist, versuchen, ob es ihm gelingt, etwas zu erlauschen!“
    Ich wartete diese Zeit ab. Es brannten nur noch einige Feuer im Umkreise des Lagers; im Innern desselben aber war es dunkel. Ich schlich mich zu der Hütte, in welcher Corner, Sheppard, Eggly und Lachner gebunden lagen. Vor derselben saß ein roter Wächter, welcher von meinem Kommen unterrichtet war und mich nicht hinderte. Es war wohl kaum anzunehmen, daß die Gefangenen seinetwegen schwiegen, denn er verstand auf alle Fälle das Englische nicht so, daß er jedes ihrer Worte zu unterscheiden vermochte. Indem ich mit den Händen leise sondierte, fand ich tief unten am Boden eine Lücke, welche groß genug war, meinen Kopf hineinzustecken.
    Sie schliefen noch nicht; sie unterhielten sich noch, aber in solcher Weise, daß nur zuweilen einer ein paar Worte sagte. Und was ich hörte, war für mich von keinem persönlichen Interesse. Ich lag wohl eine Stunde lang da, ohne etwas Wichtigeres zu erfahren, als daß Corner die Fesseln schmerzten und dem Prayer-man der Schnupftabak, den man ihm abgenommen hatte, außerordentlich fehlte; er war, wie schon früher einmal erwähnt, ein leidenschaftlicher Schnupfer. Schon wollte ich mich zurückziehen, da hörte ich den alten Lachner sagen:
    „Ich kann gar nicht sagen, wie ich mich ärgere, daß es so gekommen ist! Es war alles so herrlich eingefädelt. Der dumme Junge, der sich mein Neffe schimpft, hätte zwar daran zugrunde gehen müssen, weil wir ihn gezwungen hätten, die Goldproben aus dem tiefen Wasser zu holen; das hält kein Teufel aus; aber es wäre gar nicht schade um ihn gewesen; ich habe ihn deshalb mitgenommen. Wären die Proben gut ausgefallen, hätte ich später Maschinenkraft angewendet. Hole es der Teufel! Hoffentlich aber gelingt es uns in der Weise, wie wir es vorhin ausge – – –“
    „Still, kein Wort!“ unterbrach ihn Eggly. „Solche Sachen dürfen höchstens geflüstert werden, denn der rote Halunke da draußen könnte doch vielleicht ein Wort auffangen, aus welchem ein Verdacht herauszuziehen wäre. Wollen versuchen, ob wir in diesem erbärmlichen Neste schlafen können!“
    Es wurde ruhig, und ich entfernte mich.
    Also hatte Lachner von Corner und Sheppard doch erfahren, daß man tauchen müsse! Und der alte Sünder war so gewissenlos gewesen, Carpio zu diesem Zwecke mitzuschleppen! Ich meldete dem Häuptling, daß die Gefangenen allerdings an Flucht dächten, ich aber nichts darüber hätte erfahren können. Da ich den Blutindianern nicht recht traute, bat ich ihn, seine Wachen während der Nacht ein scharfes Auge auf sie halten zu lassen. Er versprach es mir nicht nur, sondern forderte mich sogar auf, den jetzt von ihm beabsichtigten Rundgang um das Lager mit zu tun und den Wächtern diese meine Weisung selbst zu erteilen.
    Die Blutindianer hatten sich in einiger Entfernung vom östlichen Ende des Lagers ihre Laubzelte errichtet. Wir gingen also erst nach dieser Seite, um die wachthabenden Kikatsa zu instruieren. Dann schritten wir an der nördlichen Seite herunter, wo unfern der äußersten Hütten ein schmaler Bach floß, aus welchem die Upsarokas das nötige Wasser holten. Es gab nur ein Feuer. Als wir uns so weit von demselben entfernt hatten, daß es fast dunkel um uns herum war, hörte ich vom Bache her ein leise plätscherndes Geräusch. Ich blieb stehen und horchte. Es wiederholte sich wieder, aber nur für mein Ohr, denn es war so leise, daß es dem Häuptling gar nicht auffallen konnte; ich aber kannte es; es kam von Winnetou. Wir hatten verschiedene solche Geräusche, welche wir je nach den Umständen in Anwendung brachten, miteinander verabredet.
    Zu ihm hinüber durfte ich nicht, wenigstens nicht allein, denn ich hatte Yakonpi-Topa mein Wort gegeben, das Lager ohne seine Erlaubnis nicht zu verlassen. Sollte ich Winnetou etwa gar herüberrufen? Indem ich noch mit mir zu Rate ging und der Häuptling mich verwundert fragte, warum ich stehen geblieben

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