Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
hier alles auf dem Spiele stand. Rost war einsichtsvoller; er hatte nicht geringe Angst; ich bat ihn aber durch einen bezeichnenden Blick, nichts zu sagen.
    Bald kam wieder Leben in Peteh; ich wendete mich ab und sah ihn gar nicht an. Dann stand er hinter mir und hielt zu seiner Verteidigung eine prahlerische Rede, in welcher er erklärte, daß er im zweiten Kampfe mir um so sicherer den Kopf bis zur Schulter herab auseinanderspalten werde; meinen Fausthieb könne ich zum zweitenmal nicht bei ihm anbringen, und er verlange, daß man den zweiten Gang sofort beginnen lasse.
    Yakonpi-Topa war damit einverstanden und gab mir seinen Tomahawk. Diese Waffe war ein vorzüglich geschliffener mexikanischer Glasachat von der sehr harten und schwer zerbrechlichen Art, die durch kleine, weiße Sanidinkristalle ausgezeichnet ist. Ich konnte damit einen Krafthieb wagen, ohne befürchten zu müssen, daß der Obsidian in Stücke gehen werde. Wenigstens konnte ich die beruhigende Überzeugung hegen, daß Petehs Tomahawk nicht besser als dieser sei.
    Der Platz wurde nun bestimmt, auf dem wir uns einander gegenüberzustellen hatten. Auch jetzt sollte so lange gekämpft werden, bis einer von beiden so liegen blieb, daß er nicht wieder aufstehen konnte. Ich war schlimm daran, weil ich das Leben meines Gegners schonen mußte und ihn auch nicht so verwunden durfte, daß er kampfunfähig wurde, denn ich hatte gesagt, daß ich nur mit Häuptlingen kämpfen könne, und sah mich also gezwungen, ihn mir bis zum dritten Gange aufzuheben.
    Man zeichnete auf dem Rasen einen zehn Schuh im Durchmesser haltenden Kreis, aus dem wir nicht heraustreten, innerhalb dessen wir uns aber nach Belieben bewegen durften. Gestattet war beides, der Hieb und auch der Wurf.
    Daß der letztere erlaubt war, machte diesen Gang ungemein gefährlich. Man denke, daß einem ein Schlachtbeil aus einer Entfernung von höchstens zehn Fuß mit aller Kraft an den Kopf oder den Leib geworfen wird, und zwar so, daß es mit einer Ecke der Schärfe oder auch der ganzen Schärfe auftreffen muß! Das kann nur eine fürchterliche Wunde geben, wenn nicht gar sofort der Tod eintritt! Freilich hat der Wurf den großen, unausgleichbaren Nachteil, daß, wenn er pariert oder ihm geschickt ausgewichen wird, die Waffe dann verloren ist; man wird sich also nur dann dazu entschließen, wenn man die vollständige Überzeugung des Gelingens besitzt. Ich war entschlossen, darauf zu verzichten. Was Peteh tun würde, das mußte ich abwarten.
    Er schritt nicht in den Kreis, sondern er sprang hinein, drehte sich mehreremale um sich selbst, schwang dabei den Tomahawk und schrie, daß ich nur schnell kommen möge; er könne es nicht länger erwarten, mein Blut zu sehen. Ich ging langsam hin und trat über den Strich, der mit Messern gezogen worden war. Grad weil er gesagt hatte, daß mir mein Hieb nicht wieder gelingen werde, sollte er ihn zum zweitenmal bekommen; ich hatte den Tomahawk also in der linken Hand. Peteh sah das und wartete, daß ich ihn in die rechte nehmen werde; als ich das nicht tat, stieß er ein lautes Gelächter aus und rief:
    „Dieses weiße Stinktier weiß noch nicht, wie ein Tomahawk anzufassen ist! Es wird auch keine Zeit finden, diese Kunst zu lernen, denn ich werde es sofort zu Boden schlagen!“
    Viele der Zuschauer hatten jedenfalls gedacht, daß wir uns nach Indianerart erst lange Zeit um einander herumschleichen und sie also auf den ersten Hieb zu warten haben würden; aber dazu war Peteh zu ungeduldig. Er sprang, noch ehe er das letzte Wort ausgesprochen hatte, blitzschnell auf mich zu, holte zu einem tödlichen Schlage aus und – – stürzte zu Boden, denn ich hatte mich ebenso rasch gebückt, war ihm unter dem Arme hindurchgeschnellt, so daß sein Beil die Luft durchsauste, und rannte ihm dabei mit der Schulter das eine Bein vom Boden weg. Durch diesen Stoß und die Kraft, welche er in den Hieb gelegt hatte, kam er zu Fall, und ehe er nur zu dem Versuche kam, sich wieder aufzurichten, schlug ich ihm die Faust zweimal auf den Hinterkopf, so daß er liegen blieb. Dann trat ich wieder aus dem Kreise heraus, kehrte an meinen Platz zurück und setzte mich dort, ohne ein Wort zu sagen, nieder.
    Genau wie vorhin war jetzt wieder zunächst alles still. Daß Anfang und Ende des Kampfes auf kaum eine Minute gefallen waren, das wollten die Roten nicht begreifen, denn der Indianer ist gewöhnt, den Zweikampf so lange wie möglich hinauszuziehen, ungefähr wie man eine

Weitere Kostenlose Bücher