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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihn zurück:
    „Ich sehe Carpio noch immer nicht. Wo ist er?“
    „Noch im Lager.“
    „Haben Sie ihn denn nicht geholt?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Das Tomahawkwerfen ging ja sogleich los. Es war so hochinteressant; ich wollte es sehen. Sie sagten ja selbst, daß ihm dort im Lager nichts geschehen könne!“
    „Allerdings. Aber da er jetzt noch nicht wieder da ist, bin ich doch besorgt um ihn. Ich muß wissen, wo er steckt!“
    Ich ließ Rost also laufen und ging nach dem Lager. Es lag gar kein Grund vor, irgend etwas für den Freund zu befürchten; aber sein langes Fortbleiben beunruhigte mich doch. Zwischen den Hütten war kein Mensch zu sehen. Ich ging nach der unserigen. Mein Pferd stand angehobbelt da; es zeigte keine Spur von Unruhe. Hier war also alles in Ordnung. Ich blickte in das Innere. Es fehlte nichts. Nun ging ich weiter und kam nach der Hütte der Gefangenen. Da fehlte die Wache. Ich sah hinein; sie war leer; die Riemen, mit denen sie gebunden gewesen waren, lagen an der Erde; Corner und seine Gefährten waren entflohen, während die Roten alle weggewesen waren, um dem Sti-i-poka zuzusehen! Sogar der Wächter hatte sich durch die Neugierde von seinem Posten wegtreiben lassen. Wo war da Carpio? Hatte er das Unglück gehabt, auf sie zu treffen? Hatten sie ihn mitgenommen?
    Mir wurde himmelangst um ihn. Ich rannte nach unserer Hütte zurück, hobbelte mein Pferd los und sprang auf. Die Flüchtlinge mußten sofort Deckung gesucht und konnten sich also nur nach der am nächsten liegenden Stelle des Waldes gewendet haben. Dorthin ritt ich im schnellsten Tempo. Kein Mensch sah mich, denn der Schauplatz des Zweikampfes lag an der andern Seite des Lagers, und es fiel mir gar nicht ein, jetzt schon Lärm zu machen, denn da wären die Roten alle herbeigekommen und hätten die Spuren der Entflohenen unleserlich gemacht. Ich fand zunächst die Spur von zwei Reitern. Das war ich mit dem Häuptling der Kikatsa gewesen, als wir die Tomahawks probierten; also ritt ich weiter. Da kam eine zweite Fährte; ich stieg ab und untersuchte sie. Sie war von fünf Pferden getreten worden und wenigstens schon eine halbe Stunde alt. Herrgott, ja, diese Kerle hatten meinen Carpio entführt!
    Nun jagte ich allerdings zurück und machte Lärm. Eine Verwirrung sondergleichen war die Folge, und ich hatte alle Mühe, die Ruhe wieder herzustellen. Dem treulosen Posten wurde von dem Häuptling sofort die Ausstoßung aus dem Stamme angekündigt; das brachte aber die Entwichenen nicht zurück! Yakonpi-Topa war so bestürzt, daß er nicht recht wußte, was zunächst zu tun sei. Ich erklärte ihm:
    „Es gilt vor allen Dingen zweierlei: Verfolgen können wir sie leider heut nicht mehr, denn die Sonne ist schon fast hinunter; aber welche Richtung sie, als sie sich weit genug vom Lager entfernt hatten, entscheidend eingeschlagen haben, das müssen wir schon heut wissen. Ich werde ihnen also nachreiten, ich allein, damit mir kein anderer die Spur verdirbt. Du wirst inzwischen das zweite besorgen: Wir müssen erfahren, was sie mitgenommen haben, welche Pferde, was für Waffen, Nahrungsmittel und andere Gegenstände. Laß genau nachsuchen! Erst wenn wir das alles wissen, können wir entscheiden, wie wir uns zu verhalten haben. Jetzt ist nur erst das eine gewiß, daß ich ihnen unbedingt folgen werde. Das kann ich, denn ich denke doch nicht, daß ich noch als Gefangener der Upsarokas gelte?“
    „Old Shatterhand ist frei!“ antwortete er.
    „Gut! Ich reite fort und kehre zurück, wenn ich nichts mehr sehen kann.“
    Ich galoppierte fort, ohne auf das, was er noch sagen wollte, zu warten, bis zu der Stelle, wo ich die Fährte der Entflohenen verlassen hatte, und folgte ihr dann weiter. Sie führte über den Pacific Creek hinüber und dann genau westlich nach dem Little Sandy Creek. Ich hatte diesen noch nicht erreicht, als es dunkel wurde; ich mußte also umkehren, war aber überzeugt, daß sie ihre alte Route hinauf nach dem Finding-hole wieder eingeschlagen hatten.
    Als ich in das Lager zurückkehrte, erfuhr ich nichts Gutes. Wie diese Menschen von ihren Fesseln losgekommen waren, das wußte niemand. Es war kein einziger Indianer, kein Upsaroka und kein Blutindianer, keine Wache und kein Posten im Lager gewesen; alle hatten den Zweikampf sehen wollen, und so war den Weißen Zeit genug geblieben und von ihnen auch schlau ausgenutzt worden, sich zu equipieren. Sie hatten sich aus dem Häuptlingszelte ihre Waffen geholt und noch

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