0600 - Die Fee und die Horror-Reiter
die Natur zu gehen. Entsprechend schwierig gestaltete sich ihr Fortkommen. Da Kalem Sprechverbot verordnet hatte, fluchten sie nur im Geiste. Trotzdem konnte gerade Diana den Mund nicht halten. Immer wieder zischte sie Worte durch die Lippen, besonders dann, wenn sperrige Zweige sich in ihrer wilden Haarpracht verfingen.
Kalem war da anders. Er kam aus den Bergen Kurdistans, seit frühester Jugend war er es gewohnt, sich durchschlagen zu müssen.
Ein Gelände wie dieses war für ihn nicht mehr als ein Spazierweg.
Es ging bergauf.
Die drei gerieten ins Schwitzen, zudem verengte sich der Pfad und war an einigen Stellen regelrecht zugewachsen, so daß sie sich vorkamen wie im Dschungel.
Da peitschten die Blätter gegen ihre Haut, da kratzten Zweigenden, manchmal verfingen sich die Schuhe auch in aus dem Boden wachsenden Wurzeln, und altes, unter ihnen liegendes Laub sorgte für manch rutschige Abschnitte.
»Müssen wir bis oben?« keuchte Diana. Sie ging hinter Kalem und starrte auf dessen breiten Rücken.
»Nicht ganz.«
»Wie erfreulich.«
»Da oben steht aber die Hütte. Außerdem laufen wir querfeldein, nehmen eine Abkürzung. Warte nur ab, der Wald wird gleich lichter.«
»Wie ich mich darauf freue, mein Junge!«
Kalem hatte nicht gelogen. Der Abstand zwischen den Bäumen lockerte auf. Auch das Unterholz bestand nicht mehr aus sperrigem Brombeergebüsch wie an vielen anderen Stellen, mehr aus Farn und Gras. Beides traten sie bequem nieder.
Mitten im Hang entdeckte Kalem eine Senke. Sie sah aus wie ein dunkles Loch und war in der Nacht leicht zu übersehen. Über ihr breiteten die Bäume ihr schützendes Dach aus, sie selbst war mit altem Laub und abgerissenem Geäst gefüllt.
»Da ist doch was!« flüsterte Diana. Sie stand neben dem Kurden.
»Ideal für ein Versteck.«
Kalem grinste. »Genau, Herzchen.«
»Hör auf mit deinem Herzchen. Das bin ich nicht, das werde ich nie sein.«
»Wirklich nicht?« Er wollte seine Hand unter ihr Oberteil schieben, aber Diana war schneller und klopfte ihm auf die Finger. »Meine Figur gehört mir, capito?«
»Schon gut.«
»Wo ist der Stoff?« zischte Spider.
»Komm mit.« Kalem ging vor. Das heißt, er rutschte in die Senke hinein.
»Mist auch.« Teds Fluchen half nichts. Sie mußten dem Kurden folgen, der bereits die gegenüberliegende Seite erreicht hatte und auf der Schräge stehenblieb, direkt neben einem gewaltigen, alten Baum, dessen Wurzelwerk sich zwar tief in den Boden geklammert hatte, andererseits aber hervorschaute und wie ein Wirrwarr aus dicken, knotigen Fingern wirkte, die sich ineinander verhakt hatten.
Zur offenen Seite hin bildete das Wurzelwerk eine regelrechte Höhle.
Schräg blieben sie stehen, rangen nach Luft und schauten sich mit funkelnden Augen an.
»Ist es das?« fragte Diana.
»Klar.«
Spider streckte den Arm aus, als er sich vorbeugte. »Und wir müssen da hineinkriechen?«
»Auch.«
Er verdrehte die Augen. »Sehr tief?«
»Ihr nicht. Ich hole es hervor.«
»Ein Glück!« sagte Diana und strich über ihre enge Zebrahose, die einiges an Schmutz mitbekommen hatte.
Dem Kurden machte es nichts aus. Er tauchte förmlich in das Wurzelwerk hinein. Die beiden anderen wunderten sich, daß er es schaffte, bei diesen Sichtverhältnissen den richtigen Weg ans Ziel zu finden.
Diana brachte ihre Lippen dicht an Spiders Ohr. »Meinst du, daß er uns reinlegen will?«
Ted klopfte auf seine Kanone, bevor er sie streichelte. »Das soll er mal versuchen. Den niete ich hier um und stopfe ihn unter den Baum. Versprochen.«
»Kalem ist gefährlich. Weiß du, was er an Waffen bei sich trägt?«
»Nein.«
»Paß nur auf.«
»Ja, ja, und halt die Schnauze, er kommt wieder.«
In der Tat hatte sich der Kurde schon auf den Rückweg gemacht.
Das Versteck war zu eng gewesen, um sich dort drehen zu können.
So schob er sich mit den Füßen voran heraus und schleifte etwas über den Boden. Es war ein kompakter, viereckiger Gegenstand, eine Kiste mit verschlossenem Deckel.
Nicht sehr groß, einer allein konnte sie bequem tragen. Kalem stemmte sie quer in den Hang. Er zeigte mit den Fingerspitzen auf den Deckel.
»Das ist es.«
»Aufmachen!«
Kalem grinste Ted an. »Noch nicht, Junge. Wie verhält es sich mit der Bezahlung?«
»Du hast den Kies gesehen…«
»Klar, zeig ihn, leg ihn her. Alles Zug um Zug.«
»Traust du uns nicht?«
»Ihr seid nicht die Macher. Die Bosse haben euch den Kies gegeben. Hole ihn raus.«
Ted verdrehte die
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