0605 - Das Gespenst vom Tower
allen Seiten hin weg, als wäre eine Bombe eingeschlagen. So ähnlich war es dann auch, denn der Zombie handelte wild und ungezügelt.
Seinen langen Knochen hatte er aus dem Maul gerissen, drehte sich, hielt den rechten Arm ausgestreckt und schlug mit dem Knochen um sich. So verschaffte er sich Luft und die freie Bahn, die er brauchte, um die Flucht fortzusetzen.
Er rannte los.
Ich kam nicht mehr zum Schuß. Der Untote war einfach zu schnell, was mich auch überraschte, denn oft genug hatte ich es mit Zombies zu tun gehabt, die aus einem Grab gestiegen waren und sich schwankend bewegten, als hätten sie sich mit Alkohol vollgepumpt.
Mein Fluch verfolgte ihn, mehr konnte ich nicht tun. Zudem gab es keinen, der ihn aufhielt. Er tauchte in die Dunkelheit ein, und ich drehte mich am Fenster stehend um, wobei ich den Umstand verfluchte, keinen Wagen in der Nähe zu haben, denn damit war Suko verschwunden.
Conchita war gekommen. Zitternd und schweratmend stand sie vor mir. Ihr Blick flackerte.
»Bevor Sie fragen, Conchita, er ist mir entwischt.«
»Ich… ich weiß.«
Die Beretta verschwand. Vor Wut ballte ich die rechte Hand und hörte ihre Frage.
»Was wollen Sie jetzt machen?«
»Mir wird schon etwas einfallen.«
»Das sagen alle Bullen, wenn Sie nicht weiter wissen.«
»Seien Sie nicht so zynisch. Hätte ich einen Wagen gehabt…«, ich hob die Schultern. »Nun ja, lassen wir das. Verkriechen wird er sich nicht, und wenn, dann bekomme ich ihn auch.«
»Wissen Sie denn, wo Sie suchen werden?«
Ich nickte ihr bedächtig zu. »Sie werden lachen, aber ich weiß es wirklich.«
»Und?«
»Er wird im Tower stecken. Ich verspreche Ihnen, daß ich mich noch vor dem Hellwerden dort umschauen werde, und wenn ich die ganze Tower-Besatzung alarmieren muß.«
Mit diesen Worten ließ ich sie stehen und ging rasch die Treppen hinab, verfolgt von den ängstlichen Blicken der Bewohner. Manche Frauen beteten auch laut.
Sie hatten den Besuch des Teufels erlebt, und sein Schrecken hatte sie wie ein Hauch gestreift.
Als ich über den Hof auf die Einfahrt zuschritt, erschienen an ihrem anderen Ende zwei helle Glotzaugen. An der Form erkannte ich die Scheinwerfer des Rovers.
Suko war gekommen, allerdings nicht allein. Er brachte Anchil Nunoz mit, Conchitas Vater, der völlig durcheinander war und sich verstört umschaute, als er aus dem Wagen stieg.
»Ich habe ihn nicht!«
Suko schaute mich an. »Auch mir ist er durch die Lappen gegangen. Er hat allerdings einen Toten hinterlassen. Eine Verwechslung, eigentlich hatte er Mr. Nunoz killen wollen.«
»Aber das ist…«
»Vater!« Conchitas Schrei hallte durch die Einfahrt. Dann lagen sich Tochter und Vater in den Armen. Uns tat es verdammt gut, nach all den Schrecken, etwas Positives zu erleben.
Mit wenigen Sätzen hatte Suko mir von seinen Erlebnissen berichtet und mußte sich meinen Kommentar anhören. »Dieser Untote hält uns zum Narren. Der ist verrückt, wahnsinnig, der kommt mir schlimmer vor als eine Armee von Zombies.« Ich schlug mir gegen die Stirn. »Wenn ich überlege, gegen was wir schon alles gekämpft haben… Vergleiche ich das mit diesem Fall hier, dann ist er eigentlich lächerlich.«
»Stimmt. Nur hat Mateo einen Vorteil. Er ist allein, er kann sich verstecken, und er wird sich verstecken.«
Mein Zeigefinger zielte wie die Spitze eines Messers auf Sukos Brust. »Ja, Partner, er wird sich verstecken, aber wir werden ihn da rausholen. Das schwöre ich dir.«
»Wo willst du suchen?« fragte Suko.
»Im Tower?«
»Ja, wo sonst? Wo kann sich ein Zombie verstecken, wenn nicht dort zwischen den dicken Mauern? Da ist er schließlich hergekommen, und dort hat er seine Möglichkeiten. Er hat Zeit genug gefunden, jeden Flecken zu durchsuchen.«
»Stimmt.« Suko lächelte plötzlich. »Nur ist der Tower leider in der Nacht geschlossen. Du kennst die Tradition, das brauche ich dir nicht zu sagen.«
»Dann werden wir eben dafür sorgen, daß er geöffnet wird. Ansonsten klettern wir über die Mauer.«
»Viel Spaß.«
Ich hatte schon die Tür des Wagens aufgezogen und schnappte nach dem Telefonhörer. Klar, Mitternacht war längst vorüber, aber das störte mich nicht. Ein Mann wie Sir James war zu jeder Tages-und Nachtzeit zu erreichen. Im Club versuchte ich es erst gar nicht, sondern rief direkt bei ihm zu Hause an.
Er hob schnell ab. Auch um diese Zeit klang seine Stimme frisch.
Bei ihm konnte ich mir vorstellen, daß er sich in seinem Anzug ins Bett
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