0605 - Das Gespenst vom Tower
wieder auf, während Conchita trommelte und dabei sogar einen alten Gesang erklingen ließ, der schaurig in den Nebel hineindrang und von einigen hastig hervorgestoßenen Worten unterbrochen wurde.
»Komm, komm, du Untier!«
Mateo kam. Aber nicht auf das Mädchen zu, denn plötzlich stand er vor uns, als hätte er die Wand aus Dunst einfach weggerissen.
Eine furchterregende Gestalt, in der rechten Hand die Henkeraxt mit dem langen Stiel, in der linken den Knochen.
Mit beiden schlug er zu.
Der Knochen hätte mir fast die Nase abgerissen, so dicht huschte er an meinem Gesicht vorbei.
Mit der Henkeraxt drosch er nach links, wo Suko stand…
Aber mein Freund hatte blitzschnell reagiert. Er war zur Seite gesprungen und schoß.
Auch ich feuerte.
Conchita trommelte, sprang dabei und sang. In die »Musik« hinein bellten die Schüsse aus den beiden Berettas. Die Kugeln verfehlten ihn nun nicht mehr. Sie hämmerten in seinen Leib, blieben dort stecken und sorgten dafür, daß sie ihre geweihte Magie entfalten konnten, dem der uralte Zombie nichts entgegenzusetzen hatte.
Was so lange gedauert und an unseren Nerven gezerrt hatte, fand hier im Innenhof des Towers sein schauriges Ende.
Der Zombie brach in die Knie. Die Axt hatte er nicht mehr halten können, dafür den Knochen. Er war ein Signum, ein Zeichen, von dem er sich nicht trennen konnte.
Auch jetzt nicht.
Sein Schrei war fürchterlich. Er röhrte in den Nebel hinein und brach ab, als sich der Zombie den weißen Knochen mit der Spitze zuerst in den offenen Mund rammte.
Dann kippte er um.
Auch das Trommeln verklang. Conchita hatte gesehen, was geschehen war, sie spreizte die Arme, drehte sich um und stieß einen fürchterlichen Fluch aus, bevor ihre Beine nachgaben und sie mir entgegenfiel.
Ich behielt sie in den Armen, schaute schräg über das schwarze Haar hinweg zu Boden, wo derjenige verging, der eigentlich nicht mehr hätte am Leben sein dürfen.
Zurück blieben Staub und Knochen und eine neue Legende um den an Geschichten nicht gerade armen Tower…
***
Suko hatte die Axt genommen und sie wieder an ihren Platz gestellt.
Ich war mit ihm gegangen. Gemeinsam kümmerten wir uns um Cyril Meat, der jammerte, als wir ihn vorsichtig anhoben und die Stufen der Treppe hinauftrugen.
Was er hatte, wußten wir nicht, wir hofften nur, daß ihm der Sturz keine Lähmung brachte.
Conchita wartete auf uns. »Mein Großvater gerächt«, sagte sie.
»Ich habe das Versprechen gehalten.«
»Sprechen Sie nicht von Rache, Conchita.«
»Wieso nicht?«
»Rache ist ein Gefühl, das unsere Welt zerstören kann.«
»Was war der Tod dieser Bestie dann?«
»Das einzig richtige«, erklärte ich und überließ es ihr, darüber nachzudenken.
Noch etwas möchte ich hinzufügen. Cyril Meat kam wieder auf die Beine. Und wir mußten ihm versprechen, uns den Tower einmal bei Tageslicht richtig anzusehen. Allerdings nur unter seiner Führung und ohne das Wissen, einen Zombie im Nacken zu spüren…
ENDE
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