0606 - Geisterspuk und Zauberei!
elektronischen Chaos ein Ende bereiten würde.
Was Zamorra dabei noch mehr fürchtete als Störungen wie die nicht abschaltbare Musik oder die falsch geschalteten Telefonverbindungen, das war ein eventueller Datenverlust.
Ein großer Teil seiner umfangreichen Bibliothek war in mühsamer Arbeit elektronisch erfaßt worden, und falls es auch in diesem Speicherbereich zu Schwierigkeiten kam, mochten ganze Dateien für alle Zeiten im Nichts verschwinden, und dann war die ganze Arbeit für die Katz gewesen.
Vielleicht, überlegte Zamorra, sollte man die ganzen Dateien so bald wie möglich auch auf CD-ROM brennen lassen und sie damit sichern. Die Sammlung von Sicherungsdisketten ständig zu erweitern, das stieß nämlich auf Lagerungsprobleme.
Aber wie auch immer die Dateien gesichert wurden - ein weiteres Problem ließ sich dadurch nicht lösen, nämlich die häufig erfolgende Überarbeitung. Und Zamorra war auch nicht gewillt, ständig Geld in neue Technologien zu investieren.
Die jüngste Überarbeitung des Computersystems hatte die Firma Tendyke Industries bezahlt. Aber auf solch löbliche Unterstützung war nicht immer zu hoffen.
Als für die Langschläfer Zamorra und Nicole dann gegen Mittag der frühe Morgen graute, stellte sich heraus, daß sich außer ihnen nur noch Raffael und Fooly im Château Montagne befanden. Lady Patricia hatte das Château tatsächlich mit Kind, Butler und Zamorras BMW verlassen.
Raffael wußte zu berichten, daß sie sich ins Dorf geflüchtet hatten, um sich bei Mostache, dem Wirt der besten, weil einzigen Gaststätte im Ort, in dessen Fremdenzimmern einzuquartieren.
Als Zamorra dann dort anrief, um Entwarnung zu geben, war allerdings niemand erreichbar.
»Garantiert sind sie gerade bei den Lafittes«, vermutete Nicole, denn zwischen Patricia und der Lafitte-Familie hatte sich eine herzliche Freundschaft entwickelt, nicht zuletzt, weil die Kinder gern miteinander spielten. »Ich fahre mal ’runter und schaue nach.«
»Dann kannst du gleich auch versuchen, Madame Claire mitzubringen. Da das gestrige Abendessen durch Rotwein und Chips am Loire-Ufer ersetzt wurde, sollte man die heutige warme Mahlzeit vielleicht zeitlich ein wenig vorverlegen…«
»Hoffentlich verlangt sie keine eidesstattliche Erklärung, daß der Spuk vorbei ist«, seufzte Nicole.
»Du kannst ihr ja vorschwärmen, daß jetzt Edith Piaf an der Reihe ist.« Zamorra grinste. »Oder erstklassiger Techno-Sound!«
»Will ich mich von der alten Dame töten lassen?« erwiderte Nicole kopfschüttelnd. »Mitnichten werd’ ich ihr so was androhen. Ich schwärme ihr was von Louis deFunès vor.«
»Der hat doch nicht etwa zeitlebens auch noch gesungen?«
»In der Badewanne bestimmt, aber ich werd’ ihr erzählen, daß die Monitore jetzt jede Menge deFunès-Filme zeigen. Den Verzweiflungskomiker liebt sie heiß und innig, sie hat sogar ein Autogrammfoto von ihm eingerahmt an der Wand hängen.«
Kopfschüttelnd sah Zamorra ihr nach, dann beschloß er, noch ein wenig an seinem Vorlesungstext zu arbeiten.
Froh darüber, daß Patricia Zamorras Limousine genommen hatte und nicht ihren Cadillac Oldtimer, schwang sich Nicole hinter das Lenkrad des chromblitzenden 59er Cabrios. Sie lenkte das Schlachtschiff mit offenem Verdeck durch strahlenden Sonnenschein und die Serpentinenstraße hinab.
Aus dem Cassettenrecorder tönte Alan Stivell mit ›The Foggy Dew‹ und der ›Suite Sudarmoricaine‹ gestern abend von Nicole per Recorder mitgeschnitten.
Sie fuhr nicht direkt zu den Lafittes und auch nicht zu Madame Claire, sondern erstmal zum Teufel. So hatte Mostache seine Kneipe genannt.
Offiziell war die Kneipe um diese Spätmittagszeit zwar noch nicht geöffnet, aber die Tür war nie abgeschlossen, und zur Not konnte man sich auch mal selbst bedienen und die Zeche beim nächsten Mal bezahlen. Mostache konnte seinen Gästen durchaus vertrauen.
Diesmal aber wuselte er gerade hinter der Theke. Pascal Lafitte war auch anwesend, und ebenso Andre Goadec, seines Zeichens größter Weinbergpächter der Gegend, dazu noch Marie-Claire, die den kleinen Krämerladen führte, und Pater Ralph, der junge Dorfgeistliche.
Pascal Lafitte war derzeit praktizierender Urlauber und nur deshalb schon um diese Stunde in Mostaches Lokal zu finden.
Er bestätigte, daß sich Patricia mit dem Jungen bei ihm zu Hause befand.
»Deshalb bin ich auch hierher geflüchtet«, gestand er und grinste. »Eine Frau und zwei Kinder sind ja kein Problem, aber
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