0606 - Marathon der Raumschiffe
Bezugsebene das IMK die Sonne Verko-Voy ausgesucht hatte.
Wenn dem so war, dann konnte er sich dort auf die Lauer legen und seinen Widersacher erwarten. Er mußte wissen, ob seine Vermutung zu Recht bestand. Um das in Erfahrung zu bringen, waren Leutnant Wessel und Sergeant Schmittke, alias Mintru Kansel und Paul Reit, ausgesandt worden.
Indem sie in ihrer großmäuligen Art von sich reden machten, hatten sie die Aufmerksamkeit des Diktators erregt. Es war ihnen gelungen, Rhodan-II einen Teil des Koordinatensatzes in die Hände zu spielen. Daran, wie er darauf reagierte, würden sie erkennen, ob ihre Hypothese richtig war oder nicht. Kümmerte er sich nicht weiter um sie, dann hieß das, daß die Daten für ihn uninteressant Waren, daß auf dieser Bezugsebene Verko-Voy nicht das erste Teilziel war.
Führte jedoch auch in diesem Paralleluniversum die erste Etappe des Sonnen-Marathons nach Verko-Voy, dann würden die beiden Tramps von Rhodan-II zu hören bekommen. Denn ihm lag daran, jeden halbwegs aussichtsreichen Wettbewerber auszuschalten, um sich selbst den Sieg zu sichern. Er würde nicht daran denken, den beiden Tramps anderthalb Millionen Solar zu zahlen. Das hatte er nicht nötig. Es gab andere Methoden, um unbequeme Konkurrenten loszuwerden.
In dieser Nacht würde die Entscheidung fallen, darüber gab es für Mintru Kansel und Paul Reit keinen Zweifel. Als sie gegen zweiundzwanzig Uhr an Bord ihres Raumschiffs einen Anruf erhielten, bei dem der Anrufer sofort nach Herstellen der Verbindung auflegte, da nahmen sie es als ein Zeichen, daß der entscheidende Augenblick unmittelbar bevorstand. Man hatte sich überzeugen wollen, glaubten sie, daß sie sich an Bord der MUTTER BEMM befanden. Jetzt, da man sich vergewissert hatte, würde der Angriff beginnen.
Es war einer der seltenen Fälle, in dem ein falsches Urteil zu dem richtigen Schluß führte. Es war Terengi San, der angerufen hatte, und ihm lag nur daran, zu erfahren, ob er Leutnant Wessel in der Stadt oder in der Nähe der MUTTER BEMM zu suchen hatte. Wessel selbst wußte ganz genau, wo die beiden Tramps sich befanden. Seit dem frühen Nachmittag stand die MUTTER BEMM unter ständiger Bewachung. Daß Kansel und Reit den Anruf falsch deuteten, bewegte sie dazu, rechtzeitig die richtigen Vorbereitungen zu treffen.
Ihrer Rolle als kosmonautische Reliquie getreu, besaß die MUTTER BEMM kein automatisches Sicherungssystem. Die Schotte ließen sich zwar von innen verriegeln, aber die Verriegelung ließ sich mit Hilfe des einfachsten elektronischen Pulsgebers entfernen, ohne daß daraufhin im Kommandostand Alarm gegeben worden wäre.
Wessel würde also ohne große Schwierigkeit ins Innere des Raumschiffs eindringen können. Wahrscheinlich brachte er ein paar Leute mit - nicht zu viele jedoch, um kein Aufsehen zu erregen. Letzten Endes ging es nur um zwei Raumtramps, von denen kein ernsthafter Widerstand zu erwarten war.
Paul Reit, mit einem schweren Schocker bewaffnet, zog sich in eine kleine Gerätekammer zurück, die in unmittelbarer Nähe des Hauptschotts lag. Mintru Kansel blieb dagegen im Kommandostand auf Posten. Wenn Wessel und seine Begleiter ihn bedrohten, würde Reit rechtzeitig zum Vorschein kommen, um die Gefahr abzuwenden. Kansel machte sich am Bordrechner zu schaffen und erweckte den Eindruck eines Mannes, der sich intensiv auf einen schwierigen Raumflug vorbereitet. Er brauchte nicht lange zu warten. Es waren noch zwanzig Minuten bis dreiundzwanzig Uhr, da hörte er im Hintergrund ein leises, scharrendes Geräusch. Er achtete nicht darauf, sondern fuhr mit seiner Beschäftigung fort. Ein paar Minuten vergingen, da erklang hinter ihm ein Räuspern. Er fuhr hoch, wie man es von ihm erwartete, und drehte seinen Sessel so, daß er den Eingang überblickte. Zwei Schritte davor stand Leutnant Wessel, immer noch in Zivil. Seitwärts hatten sich drei Männer aufgebaut, von denen jeder einen schweren Blaster trug. Auch sie hatten es vorgezogen, zivile Kleidung anzulegen.
Mintru Kansel tat erstaunt.
„Sie sind es?" rief er aus. „Ich dachte, über Radiokom von Ihnen zu hören. Und was sollen diese schwerbewaffneten Gorillas?"
Leutnant Wessel lächelte dünn.
„Wir sind gekommen, um Sie mit uns zu nehmen, Kansel. Wo ist Ihr Freund und Saufbruder?"
*
Terengi San bewegte sich mit höchster Geschwindigkeit.
Galoppierend polterte er durch die Nacht. Er durfte nicht zu spät kommen. Er wußte nicht, wann Wessel aufgebrochen war, um sich um
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