061 - Der Blutgraf
durch das Vampirschloß…
***
Die Schreie waren für uns ein Startzeichen, aber nicht nur für uns, auch für Angela Giordo. Das Mädchen wurde auf einmal zur gefährlichen Furie. Sie stürzte sich auf Vladek Rodensky, der zur Waffe gegriffen hatte.
Mr. Silver und ich schnellten hinter dem schwarzen Rover hervor.
Als Angela uns erblickte, war sie einen Moment irritiert. Dann kreischte sie dem Grafen eine Warnung zu. Da die Hilfeschreie im Schloß immer greller wurden, hetzten wir hinein.
Ich hoffte, daß Vladek Rodensky mit der Blutsaugerin allein fertigwerden würde.
Im Schloß entdeckten wir zwei junge Pfadfinder, die sich entsetzt aneinanderklammerten, vor Todesangst zitterten und ununterbrochen schrien.
Und da war noch ein Pfadfinder - älter als die beiden. Seine Kehle wies Vampirbisse auf, und er war selbst zum Vampir geworden. Er wollte das Blut der Jungen haben. In diesem Moment ergriff er einen und riß ihn vom anderen weg. Sofort schrien die beiden noch lauter.
Und da drang noch ein Schrei an mein Ohr. Er kam aus den unterirdischen Gewölben des Schlosses, und für mich stand fest, daß das meine Freundin war.
»Vicky!« stieß ich aufgeregt hervor.
Im selben Augenblick kreiselte Conte Cassandrini herum und hetzte durch die Halle. Ich glaubte zu wissen, wohin er wollte, und mir war klar, daß ich ihn stoppen mußte.
Vicky schrie um Hilfe.
Das war ein gutes Zeichen. Hätte der Blutgraf sie bereits zum Vampir gemacht, dann hätte sie nicht geschrien.
Vicky war noch zu retten!
Aber nur dann, wenn Conte Cassandrini mir nicht zuvorkam!
Der Blutsauger verschwand hinter einer Säule. Kurz vorher drückte ich noch ab, doch die geweihte Silberkugel verfehlte ihr Ziel.
***
Vladek Rodensky kämpfte erbittert. Den Schock hatte er in Sekundenschnelle überwunden, und nun wußte er, wie er mit diesem gefährlichen Mädchen verfahren mußte.
Ihr Schicksal berührte ihn, aber er beging nicht den Fehler, Angela aus Mitleid zu verschonen. Sie war eine Verlorene, war eine menschliche Hülle, in die sich das Böse eingenistet hatte.
Aber sie war keine Besessene, der man mit einem Exorzismus helfen konnte. In ihr befand sich kein Dämon, der sich austreiben ließ. Wohl konnte man sie erlösen, aber dann war sie tot.
Obgleich Vladek Rodensky das wußte, zögerte er nicht, seine Mauser einzusetzen, denn eine andere Möglichkeit, zu verhindern, daß sich die Vampirseuche weiter ausbreitete, gab es nicht.
Mit einer geradezu erschreckenden Wildheit kämpfte Angela Giordo. Sie mußte um jeden Preis siegen, denn eine Niederlage war gleichbedeutend mit ihrem Ende als Schattenwesen.
Sie schien zu spüren, daß sich geweihte Kugeln in Vladek Rodenskys Waffe befanden, denn sie unternahm alle Anstrengungen, den Brillenfabrikanten nicht zum Schuß kommen zu lassen.
Mit beiden Händen umklammerte sie Vladek Rodenskys Pistolenhand. Sie versuchte, ihn zu beißen.
Vladek schlug auf sie ein. Jeden Treffer quittierte die gefährliche Vampirin mit einem haßerfüllten, tierhaften Fauchen.
Jetzt schlug auch sie zu, traf Vladeks Gesicht und riß ihm die Brille herunter, aber er sah nicht so schlecht, daß er nun halb blind gewesen wäre.
Um zuschlagen zu können, mußte sie sein Handgelenk loslassen. Das war die Chance, auf die er gewartet hatte.
Er sprang zurück, riß sich von der Blutsaugerin los. Sie wollte ihm folgen, doch da richtete er in Gedankenschnelle seine Mauser auf sie und drückte ab. Die geweihte Silberkugel fällte Angela Giordo.
Die entsetzliche Blutgier verschwand aus ihren Augen, der grausame Ausdruck löste sich von ihrem Gesicht. Die schrecklichen Vampirzähne bildeten sich zurück, und Angela Giordo sah aus, als würde sie friedlich schlummern. Sie war erlöst.
Mehr hatte Vladek Rodensky nicht für sie tun können.
***
Mr. Silver setzte sich für Franco Bertini und Vittorio Fabrici ein.
Alberto Pasina hatte sich Franco geschnappt und wollte ihm seine tödlichen Zähne ins Fleisch graben. Der Junge schrie wie auf der Folter und wehrte sich verzweifelt.
Mr. Silver gab Vittorio, der ebenfalls schrie, einen Stoß. »Raus aus dem Schloß! Mach schnell!«
Draußen fielen Schüsse.
Vittorio, der gerade losrennen wollte, stoppte sofort wieder.
»Hab keine Angst!« rief ihm Mr. Silver zu. »Steig in unseren Wagen und schließ dich ein!«
Nun lief der verstörte Junge doch hinaus, und der Ex-Dämon wuchtete sich Alberto Pasina entgegen.
Pasina wollte sein Opfer beißen.
Mr. Silver schlug zu, und
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