061 - Medusas steinerne Mörder
helfen könne, sei Buano dazu in der Lage.
Der
Kranke, der bis auf die Knochen abgemagert war und dessen Haut an brüchiges,
hauchdünnes Pergament erinnerte, war bei vollem Bewußtsein. Man stellte die
Bahre neben die Couch. Die Scheinwerfer flammten auf, die Kameramänner
richteten ihre Objektive auf Buanos Hände, auf die Körperstelle, wo er zuerst
mit ihnen eindringen wollte. Die wenigen Beobachter hatten alle praktisch
Logenplätze, so daß ihnen von der Demonstration nichts entging. Buano schloß
eine halbe Minute seine Augen, sein Gesicht nahm einen verklärten, abwesenden
Ausdruck an. Nur seine Lippen bewegten sich. Larry Brent, der dem Philippinen
genau gegenüberstand, bemühte sich vergebens, auch nur ein Wort zu verstehen.
Dann öffnete Buano die Augen wieder, und Larry sah etwas Bemerkenswertes.
Die
Augäpfel waren nach hinten gedreht. Nur noch das Weiß war zu sehen. Toni Buano
schien in diesen Sekunden in seinen Körper hineinzuschauen!
●
Er
näherte seine Hände dem Körper des Kranken. In dem Vorführraum hätte man eine
Nadel fallen hören können, so still war es inzwischen geworden. Um so
intensiver und auffälliger war in der allgemeinen Stille das Surren der
Filmkamera zu vernehmen. Die Videokameras liefen lautlos. Buanos Finger
berührten die Bauchdecke, und die Art und Weise, wie er die Finger hielt, unterschied ihn schon von den Geistheilern, die in groß
aufgemachten Illustrierten- Reportagen und auf Demonstrationsfilmen bei ihrer Arbeit zu sehen waren. Die Finger waren ausgestreckt und nicht abgeknickt. Sie
täuschten kein Eindringen in die Bauchhöhle vor, und es wurden auch keinerlei
Wattebäusche verwendet, hinter denen man manches angeblich aus dem Körper
herausgenommene Gewebe vorher verbergen konnte. Alles war erkennbar. Jede
Bewegung. Buano schien in Trance zu sein. Was er sagte, klang wie ein Gebet.
Seine Stimme war danach jedoch lauter, und vereinzelt waren Wortfetzen zu
verstehen. »… du, Nabanagoa, warst ein großer Arzt… du bist mir im Traum
erschienen… hast mich wissen lassen, daß deine Hände mich führen… nicht ich
vollbringe die Operationen… ein begnadeter Chirurg… Dr. Nabanagoa… ist es…
dieser Mann, der vor mir liegt… er ist todkrank… wenn du auch in seinen Körper
sehen kannst… dann laß meine Hände jetzt eindringen und gib mir… die Krankheit…
damit ich sie vergraben kann…« Es war ein seltsamer Dialog, bei dem immer nur
der eine Partner zu hören war. Toni Buano sprach mit einem unsichtbaren
Chirurgen, einem Verstorbenen, der offensichtlich mal ein großer Arzt gewesen
und aus dem Jenseits durch Buano noch immer aktiv war. Die Fingerspitzen
glitten in die Bauchdecke. Da war kein besonderer Druck notwendig. Völlig glatt
und mühelos spielte sich der Vorgang ab. Der Patient blieb vollkommen ruhig,
lag entspannt da und merkte von alledem nichts. Buanos Finger steckten halb im
fremden Körper, und die Haut der Bauchdecke umschloß seine Glieder. Beide
Handflächen waren dem Kopf des Liegenden zugewandt.
»Nabanagoa…
ich bin dein williger Diener«, sagte Buano mit klarer Stimme. Seine Augäpfel
waren noch immer um 180 Grad verdreht, und die Pupillen schienen ins Innere der
Kopfhöhle gerichtet.
Buano
stand vollkommen ruhig und souverän da. Er schien auf etwas zu warten… und das
Erwartete kam. Plötzlich lag es in seiner Hand. Ein nußgroßes Gewebestück… von
blutigen Adern durchzogen. Mehrere ähnlich aussehende Teile erschienen wie
durch Zauberei ebenfalls in seiner Hand.
Die
Menschen, Zeugen der ungeheuerlichen Vorführung, hatten alle den gleichen Eindruck.
Ein unsichtbarer Chirurg schien im Körper des Patienten eine Operation
durchzuführen und das kranke Gewebe dem Philippinen Toni Buano in die Hände zu
legen. Es kamen Dinge zum Vorschein, die wie Gallensteine aussahen. Buano löste
seine Hände aus der Bauchhöhle und deponierte die aus dem Unsichtbaren
empfangenen Gewebeteile und Steine in eine Schüssel, die halb mit Wasser
gefüllt war.
Die
Bauchdecke des Patienten war unversehrt. Kein einziger Blutstropfen war zu
sehen! Buano tauchte seine Finger ein zweites Mal in die Bauchhöhle. Wieder
empfing er Gewebeteile, die sauber mit einem Skalpell abgetrennt zu sein
schienen. Die Menschen ringsum standen sichtlich bewegt im Bann eines
Geschehens, das ihre Alltagswelt sprengte. Lediglich Professor Browning, Joe
Morgan und Larry Brent wirkten gefaßt. Für sie war das Ungewöhnliche der
Alltag.
Alles
schien
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