0613 - Mandragoros grausamer Garten
hervor entstand eine Gestalt, die den drei Menschen bekannt vorkam.
Es war der Mann mit der Eisenhand!
Chandler bewies Nervenstärke. Es gelang ihm, Lizzy zurückzureißen. Das Mädchen war stumm vor Angst, als sie in die Arme des Professors fiel.
Peppi aber hatte zu lange gezögert. Er spürte noch den Schlag an der Brust, dann packte die Kralle zu und riß ihn hinein in das Meer der Toten…
***
Ich spürte die Berührung auf meinen Haaren, dann an der Stirn und merkte auch etwas von der klebrigen Flüssigkeit, die über meine Haut rann. Ich wußte, daß ich keine Sekunde mehr zögern durfte.
Sofort ließ ich mich in die Knie sacken, drehte mich dabei zur Seite und schaute in die Höhe.
Wie eine Glocke schwebte das Maul der Pflanze über mir. Es bewegte sich, seine fleischigen Blätter zitterten, die Härchen vibrierten innen, und die klebrige Flüssigkeit hatte sich zu Tropfen gesammelt.
Ich hatte es hier mit einer fleischfressenden Pflanze zu tun, das war mir in den letzten Sekunden klargeworden. Während dieses Gedankensprungs hatte ich meinen Silberdolch aus der Scheide gezogen und schnellte dem Pflanzenmaul entgegen.
Dann stieß ich zu.
Die Klinge des Silberdolchs rammte schräg in die Außenhaut der gefräßigen Blüte.
Sie schnitt nicht nur tief hinein, sie hackte die Pflanze auch in zwei Teile.
Als graue Lappen landete eine Hälfte vor meinen Füßen. Die andere hing noch am gebogenen Stengel und schaute mir irgendwie nickend entgegen. Ich brauchte meinen Silberdolch kein zweitesmal einzusetzen, denn der Rest verfaulte noch am Stiel hängend.
Als klebrige, braune Stücke rieselten die Reste der Killerpflanze nach unten.
Und Suko?
Ich sah ihn nicht, hörte ihn aber keuchen. Die Kraft der Liane hatte ihn in das düstere Dickicht gezogen, in das ich ebenfalls hineinstürmte.
Schon auf halber Strecke sah ich trotz des schlechten Lichts die mir vertrauten Bewegungen, als Suko den rechten Arm herunterschnellen ließ. Das typische Klatschen der drei treffenden Peitschenhiebe folgte, dann drehte sich mein Freund um und kam auf mich zu. Er hielt die schlagbereite Dämonenpeitsche noch in der rechten Hand, als er mir zunickte und sein Blick etwas Triumphierendes bekam.
»So haben wir nicht gewettet, John. Ich lasse mich von denen nicht einmachen.«
»Ich ebenfalls nicht.«
»War denn was mit dir?«
»Eine fleischfressende Pflanze versuchte, ein neues Opfer zu finden. Ich war wohl unverdaulich und habe ihr zunächst einmal den Appetit verdorben.«
Die schwüle Luft hatte uns den Schweiß auf die Gesichter getrieben. Meine Gedanken bewegten sich dabei in eine bestimmte Richtung. Als optimistisch konnte ich sie nicht bezeichnen. Ich sprach sie auch aus, weil ich Sukos Meinung hören wollte.
»Wir haben von Chandler bisher nichts gesehen, Partner. Gibt dir das zu denken?«
Suko runzelte die Stirn. »Meinst du, daß er in eine dieser Fallen hineintappte?«
»Damit müssen wir rechnen.«
»Dann wäre alles umsonst gewesen.«
Ich hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich sehe nur diesen verfluchten Zaubergarten, der durch den Vernichter zerstört werden soll, weil Guywano Mandragoros Reich in seine Klauen bekommen will. Laß uns weitergehen.«
Mein Freund fragte nicht nach dem Ziel, ich hätte ihm auch keine Antwort gegeben, dennoch war ich mir sicher, daß wir irgendwann das Geheimnis lüften würden.
Wir waren noch mehr auf der Hut. Suko hielt auch weiterhin seine Dämonenpeitsche fest.
Manchmal schlug er in das Dickicht hinein, weil er sehen wollte, ob es magisch aufgeladen war.
Nicht überall, aber es gab Stellen, an denen die Magie wirksam wurde und auch zerstörte.
In erster Linie die zahlreichen Lianen, die ein Netz zwischen den Stämmen bildeten.
»Keine Vögel«, flüsterte mein Freund, »keine Tiere, nicht einmal Insekten. Das ist eine wundersame Welt, die mir leer vorkommt, trotz der gewaltigen Vegetation.«
»Richtig. Dafür aber gespickt mit zahlreichen Fallen und auch dem ungewöhnlichen Dunst.«
Wir hatten auf ihn zunächst nicht geachtet. Je tiefer wir in Mandragoros Zaubergarten hineinschritten, um so mehr verdichtete er sich, so daß er einfach nicht mehr zu übersehen war.
Er kroch von zahlreichen Seiten heran, als wollte er uns seine Fesseln anlegen. Es war kein dichter Nebel, mehr ein blasser Dunst, der durch alle Lücken seinen Weg fand.
Wir gaben sehr genau acht, tasteten mit unseren Blicken den weichen Boden ab, auf dem der braune Humus kein Ende zu nehmen
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