0615 - Der träumende Dämon
denken. Sie hatte nur noch Angst.
Ihr Schreien erreichte auch Zorak.
Die Dämonin stutzte, hielt inne. T'Carra war in Gefahr!
Das war wichtiger als alles andere!
Zorak peilte die Gedankenschreie an, versetzte sich dorthin, wo ihre Tochter litt. Sah T'Carra in den klebrigen Maschen gefangen und den Angriffen der mörderischen Spinnen ausgeliefert.
Zorak reagierte sofort, schleuderte Über-Schwerkraft auf Netz und Spinnen. T'Carra hielt den Schwerkraftschock aus. Die Spinnen dagegen zerplatzten, und die Netze mit ihren Klebepunkten zerbröselten.
Mit einem wilden, weiten Sprung war Zorak bei T'Carra, riß sie aus den zerfallenden Netzresten hoch und versetzte sich mit ihr zusammen in die Höllensphäre.
Zorak wollte ihr Vorwürfe machen, wollte schimpfen. Aber sie brachte es angesichts des weinenden Kindes nicht fertig. Plötzlich zählte nur noch eines: daß T'Carra lebte.
Das andere… war unwichtig geworden.
Daß Zamorra nun überlebte, damit konnte sie leben. Sie würde ihre Ra-
che bekommen, eines Tages. Aufgeschoben war nicht aufgehoben.
***
T'Carra löste sich aus ihrem Traum. Und plötzlich sah sie Zamorra wieder vor sich. Erneut war er in Begleitung des Drachen, bei dessen Anblick sie vorhin glatt von dem Ast gefallen war, auf dem sie saß.
Diesmal breitete sie gleich ihre Flügel aus, um einem solchen Sturz schon rechtzeitig vorzubeugen. Doch zu ihrem Erstaunen fühlte sie sich jetzt nicht bedroht.
Der Drache zeigte sich ihr nicht als bösartiges Ungeheuer, wie sie ihn bei der ersten Begegnung gesehen hatte, sondern als ein eigenartig ›knuffiges‹ Geschöpf. Und Zamorra - in ihm dominierte die Neugier.
T'Carra erkannte jetzt, daß diese Neugier schon vorhin in ihm gewesen war. Aber da hatte sie sie nicht bemerkt. Sie war zu sehr in ihren eigenen Vorstellungen gefangen gewesen, hatte rein emotionell reagiert.
Sie überlegte.
Hatte sie nicht jeden Grund, Zamorra zu hassen?
Immerhin war er doch dafür verantwortlich, daß T'Carra nicht so aussah wie die anderen Corr. Dafür, daß Zorak und T'Carra zu Ausgestoßenen geworden waren.
Aber…
Irgendwie war es auch eine faszinierende Erfahrung. T'Carra war gar nicht so unfroh darüber, anders zu sein als der Rest der Corr-Familie. Es war ein abenteuerliches Leben voller Gefahr, aber diese Gefahr brachte auch Abwechslung, während andere Corr-Nachkommen - so wenige es auch waren - im Schoß der Sippe aufwuchsen und erst dann mit dem Rest der Dämonenwelt zusammengebracht wurden, wenn sie die Schwelle zum Erwachsensein überschritten und ein Z am Namensanfang tragen durften, das sie als vollwertige Corr auswies.
Und dieser Zamorra machte gar keinen so aggressiven Eindruck. In T’Carra überwog der Wunsch, ihn zu studieren, mehr über ihn zu erfahren. Töten konnte sie ihn zur Not später immer noch.
Wenn sie es dann überhaupt noch wollte.
Da war auch noch der Drache. Von ihm ging erst recht nichts Boshaftes mehr aus.
T'Carra näherte sich den beiden mit raschem Schlag ihrer farbenprächtigen Flügel und landete unmittelbar vor ihnen. .
»Wer bist du?« fragte der Mensch.
»Ich bin T'Carra.«
Unwillkürlich trat der Mensch ein paar Schritte zurück. »Das ist unmöglich!« stieß er hervor.
»Warum sollte es unmöglich sein?«
»Weil du nicht so aussiehst wie T’Carra. Ich kenne ihr Aussehen«, widersprach der Mensch. »Selbst in dieser Traumwelt würde ich dich daher so sehen, wie ich dich zu sehen gewohnt bin.«
T'Carra lächelte.
»Nicht alles ist immer so, wie es auf den ersten Blick scheint. Ich bin T'Carra, und dich kenne ich als Zamorra. Nur dieses niedliche Tierchen kenne ich nicht.«
Prompt plusterte Fooly sich auf. »Niedliches Tierchen? Du spinnst wohl!« fauchte er und spie eine gewaltige Feuerwolke aus. »Ich bin kein niedliches Tierchen, sondern ein Drache aus dem Drachenland! Kapiert?«
»Ach, deshalb«, sagte T'Carra leise.
»Was - ach, deshalb?« grummelte Fooly. »Was soll das denn heißen?«
»Daß ich jetzt weiß, warum ich mich von dir bedroht fühlte«, erwiderte T'Carra. »Die Drachen waren schon immer unsere Feinde…«
***
Daß Zamorra und Fooly sich in eine andere Daseinssphäre begeben hatten, war niemandem im Château Montagne aufgefallen. Nicole Duval nahm an, Zamorra habe ohne sie die Adresse in Rom aufgesucht, die Sid Amos ihm genannt hatte.
Ein wenig verärgert war sie darüber schon. Solche Aktionen pflegten sie abzusprechen und für gewöhnlich auch gemeinsam durchzuführen. Keiner von ihnen
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