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0615 - Der träumende Dämon

0615 - Der träumende Dämon

Titel: 0615 - Der träumende Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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kaufen. Dort durfte das Dämonenkind im Gegensatz zu früher nur noch selten nach draußen. Zorak überließ es keinem betreuenden Menschen mehr. Sie kümmerte sich nun selbst darum, daß es T'Carra wohlerging. Das brachte eben Einschränkungen mit sich. Einsiedlerei am Rande pulsierenden Lebens. Aber wenn T'Carra nur hin und wieder zu sehen war, machte sich niemand Gedanken über sie, als wenn sie durch ständige Präsenz Teil den öffentlichen Lebens wurde. Und das wäre in der Stadt nicht viel anders als auf dem Dorf. T'Carra durfte offiziell nicht hier leben. Schon allein, um die gesetzliche Schulpflicht der Menschen zu umgehen.
    Sie brauchte die Schulen der Sterblichen ja auch nicht. Sie wußte mit fünf Jahren schon soviel wie ein Abiturient. Und sie nahm immer noch weiteres Wissen auf.
    Nur in ihrem Sozialverhalten blieb sie etwas zurück. T'Carra blieb kindlich.
    Zorak war darüber glücklich.
    Es gab nichts wundervolleres, als jetzt auf Dauer mit T'Carra zusammenzusein. Fern von der Welt der Dämonen, weitab von den Schwefelklüften. Niemand suchte mehr nach ihr und natürlich erst recht nicht nach T'Carra.
    Doch mit der Zeit kam T'Carra in das Alter, wo sie nicht mehr ständig unter Obhut stehen wollte. Es war ein natürlicher Prozeß; die Geflügelte unterschied sich in diesem Punkt nicht von anderen Nachkömmlingen der Corr-Sippe. T'Carra mußte lernen, sich selbst zu behaupten und allein auf sich gestellt Exkursionen zu unternehmen.
    Zorak ließ sie nur ungern allein gehen. Anfangs blieb sie begleitend in der Nähe, aber T'Carra merkte das natürlich und protestierte heftig dagegen.
    So ließ Zorak sie schließlich wirklich allein in die Welten hinaus.
    Und bereute es schon bald…
    ***
    »Du solltest vorsichtig sein«, sagte Zarkahr.
    Zorak fuhr zusammen. Im Reflex wechselte sie wieder das Geschlecht. »Was, bei Put Satanachias Ziegenhörnern, willst du hier? Wie hast du mich überhaupt gefunden?«
    Eine Erinnerung, ein drohendes Versprechen: »Sucht nicht nach mir. Jeden, der mich findet, werde ich töten.«
    Aber das hier war Zarkahr. Ihn konnte Zorak nicht töten und wollte es auch nicht. Zarkahr war der neue Anführer der Corr-Familie, nachdem Zorrn auf dem Hexentanzplatz von Thale umgekommen war. [3] Rund anderthalb Jahre lag das jetzt zurück nach der Zeitrechnung der Menschen, an die Zorak sich gewöhnt hatte, während er unter ihnen lebte.
    Zarkahr, der sich selbst DER CORR nannte! Zarkahr, der nach einem langen Zwangsschlaf wieder erwacht war und nach der Herrschaft griff, die er vor langer Zeit schon einmal innegehabt hatte. Vor so langer Zeit, daß nur wenige Corr sich noch daran erinnern konnten - oder wollten…
    Denn Zarkahr sah so aus, wie die uralten Corr alle einmal ausgesehen hatten, nur wollte das heute keiner mehr wahrhaben, und jeder Corr versuchte, diese Erinnerungen zu verdrängen.
    Zarkahr und T'Carra besaßen eine beachtliche äußerliche Ähnlichkeit. Nur die Hautfarbe stimmte nicht.
    Wie bei Lucifuge Rofocale…
    Der hatte Zorak und T'Carra damals heimlich unter seine Obhut genommen, weil T'Carras Aussehen ihm so gefiel. Und Lucifuge Rofocale war es auch gewesen, der schon vor einiger Zeit die Andeutung gemacht hatte, Zarkahr strebe nach der Erneuerung alter Werte.
    Zorak, längst an die Einsamkeit und Zurückgezogenheit gewöhnt, hatte ihn nicht verstehen wollen. Dabei mußte ihr klar sein, was diese Bemerkung bedeutete: Daß Zarkahr auch gegen den Widerstand der Sippe die allgemeine Ächtung des einstigen Aussehens aufheben wollte. Daß er ein Aussehen, wie T'Carra es hatte, nicht als einen verachtenswerten evolutionären Rückschritt betrachtete.
    Schließlich war das ja auch in seinem eigenen Interesse. Er war uralt und sehr mächtig und stark; möglicherweise war kein anderer Corr in der Lage, ihm ernsthaften Widerstand leisten zu können. Aber als Sippenführer konnte er nicht ständig mit Gewalt regieren. Er benötigte eine natürliche Autorität. Die erhielt er nur, wenn er von der Mehrzahl der Sippenangehörigen so akzeptiert wurde, wie er war.
    So mochte es für ihn wichtig sein, mit kleinen Schritten voranzugehen und still und heimlich eine ›Hausmacht‹ um sich herum aufzubauen. Sich dazu mit Zorak gutzustellen und sie und T'Carra vom Makel des Ausgestoßenseins zu befreien, sie beide als vollwertige Corr in die Familie zurückzuholen - das konnte einer dieser ersten Schritte werden.
    Aber Zorak wußte schon gar nicht mehr, ob er das wirklich wollte. Denn es

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