0619 - Das Para-Mädchen
in ihm. Sollte die Fremde im Moment der Berührung dem Amulett Kraft entzogen haben?
Hatte nicht auch Fooly davon gesprochen, daß er an Kraft verloren hatte?
Der Drache war ein magisches Wesen, und das Amulett war ein magisches Instrument. Sollte die Blonde so etwas wie ein Magie-Vampir sein? Jemand, der magische Energie absaugen und in sich aufnehmen konnte?
»Wenn, dann haben wir uns gerade selbst ein Kuckucksei ins Nest geholt«, murmelte Zamorra.
Sich vorzustellen, daß ihm jemand das Mädchen auf den Hals geschickt hatte, um ihn seiner magischen Möglichkeiten zu berauben oder diese wenigstens einzuschränken, fiel ihm dennoch schwer. Denn die magische Abschirmung um das Château ließ sich auf diese Weise nicht austricksen.
Fooly hatte recht.
Höchste Wachsamkeit war geboten.
Die Blonde war ein lebendes Mysterium!
***
Unwillkürlich wich Nicole ein paar Schritte zurück. Verblüfft starrte sie die Blonde an, die einige Zentimeter über dem Boden schwebte und sich dabei ganz normal bewegte.
»Was ist los?« fragte die Fremde.
Nicole deutete auf ihre Füße.
Ein Blick nach unten - und schlagartig sank die Schwebende auf den Fußboden zurück. Ihre Augen wurden groß, und sie machte ein paar schnelle Schritte zum Bett und ließ sich darauf niedersinken.
»Um Himmels Willen!« entfuhr es ihr.
»Ich brauche dich wohl nicht zu fragen, wie du das gemacht hast?« murmelte Nicole.
»Ich weiß es nicht. Ich verstehe das nicht. Es macht mir Angst.« Das Badetuch löste sich. Nackt und hilflos kauerte sie auf dem Bett. Zog die Beine an, umschlang sie mit den Armen. »Ich will das nicht«, sagte sie leise. »Ich weiß nicht, was hier passiert.«
»Levitation«, sagte Nicole. »Hast du irgendwann einmal Poltergeist-Phänomene in deiner Nähe bemerkt?«
»Woher soll ich das wissen? Und was ist das überhaupt, Levi…«
»Levitation ist so etwas wie die Aufhebung der Schwerkraft durch paranormale Einflüsse«, versuchte Nicole eine Erklärung.
»Und was sind paranormale Einflüsse?«
Nicole zuckte mit den Schultern. »Geisteskraft, Spuk, Magie - was immer du willst.«
»Ich will aber nicht. Nicht so etwas.«
Nicole antwortete nicht. Was hätte sie darauf jetzt auch noch sagen sollen?
Die Blonde erhob sich wieder und machte ein paar vorsichtige Schritte. Diesmal schwebte sie nicht.
»Vielleicht ist die Batterie jetzt wieder leer«, entfuhr es Nicole.
»Was meinst du damit?«
»Vorhin, als du Zamorras Amulett in der Hand gehalten hast - könnte es sein, daß du dich da mit seiner Magie aufgeladen hast? Dann hast du diese magische Kraft eben wieder abgegeben, als du hereingeschwebt bist…«
»Aber ich bin doch nicht geschwebt, ich bin gegangen!« protestierte die Blonde. »Ich fühlte mich nur erstaunlich leicht dabei… natürlich. Ich bin durch die Luft gegangen. Aber ich habe festen Boden unter mir gefühlt.«
»Wirklich?« hakte Nicole nach.
»Was willst du damit sagen?«
»Daß man gar nicht bewußt wahrnimmt, wo entlang man sich bewegt«, erwiderte Nicole. »Wenn man nicht ganz gezielt daran denkt und es genießt, wie zum Beispiel barfuß über eine Wiese… dann bekommt man kaum etwas vom Untergrund mit. Bist du sicher, daß du festen Boden gefühlt hast, oder hast du nur geglaubt, ihn zu fühlen?«
Die Blonde schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich will das auch gar nicht wissen. Ich will nur wissen, wer ich bin und warum ich hier bin. Da ist nur ein großes Loch in meiner Erinnerung. Ich kann sprechen und denken, ich weiß, wie dies und jenes funktioniert, aber sobald es um mich selbst geht, ist da nichts. Vor allem nicht, was diese Hexerei angeht.«
»Keine Hexerei«, widersprach Nicole. »Das meiste davon läßt sich erklären.«
»Ach ja? Zum Beispiel, daß ich schweben kann? Ich habe gerade versucht, es bewußt hervorzurufen. Es ging nicht.«
»Ich sagte doch: Die Batterie ist leer«, erwiderte Nicole.
Die Fremde verzog das Gesicht.
Sie kehrte zum Bett zurück und betrachtete die Sachen, die Nicole dort ausgebreitet hatte.
»Hübsch«, sagte sie im Bemühen, das Thema zu wechseln. »Gefällt mir. Das war sicher sehr teuer, nicht?«
Nicole zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich. Aber es ist auch nicht mehr die neueste Mode. Um die werden wir uns später kümmern. In Paris, und…«
»Ich traue mich gar nicht, das anzunehmen«, sagte die Blonde. »Wie soll ich es wiedergutmachen? Vielleicht habe ich ja ein millionenschweres Konto irgendwo in der Schweiz,
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