0619 - Das Para-Mädchen
vor.
»Das werde ich natürlich auch versuchen!« erklärte Zamorra. »Wenn du dich entsinnst, war das schon ein Vorschlag unseres gemeinsamen Gespräches vorhin hier im Kaminzimmer. Ich möchte ihr erst noch ein wenig Ruhe gönnen. Aber ich werde nicht sehr lange warten. Und vor allem möchte ich sie überraschen. Wenn ich ihr eine Gemme oder das Schwert in die Hand drücke, muß sie spontan reagieren. Auf Hypnose oder Rückführung kann sie sich vorbereiten.«
»Du bist sehr mißtrauisch.«
»Du nicht, obgleich sie dir schwebend entgegenkam? Wer ist sie, wo kommt sie her, warum ausgerechnet hierher? Es kann kein Zufall sein. Wenn sie sich verlaufen haben sollte, warum ist sie dann nicht unten im Dorf gelandet? Dort gäbe es viel mehr Menschen, die ihr helfen könnten und mit denen sie reden kann. Aber sie ist hierher gekommen, den Berg hinauf, und vor unserem Château zusammengebrochen. Und das auch genau so passend, daß Fooly sie fand, ehe sie unterkühlt wurde. Vielleicht nur eine halbe Stunde später, und sie wäre ein Fall für das Krankenhaus gewesen! Nici, wer hier noch an Zufälle glaubt, darf dem Osterhasen und dem Weihnachtsmann gleichzeitig die Hand schütteln…«
»Was glaubst du, was sie ist? Ein Magie-Vampir?« fragte Nicole.
Zamorra hob die Schultern. »Sieht so aus, nicht? Vorläufig werde ich mich aber hüten, zu spekulieren. Mal sehen, ob wir nicht herausfinden können, woher sie kommt. Ich brauche ein Bild von ihr.«
»Wozu?«
»Um herauszufinden, ob jemand sie kennt. In welchem Zimmer ist sie untergebracht?« Er erhob sich und trat ans Visofon. Nicole nannte ihm die Zimmerflucht, und er gab die Zahl in die Tastatur der Sprechanlage ein. Gut zwanzig Sekunden später meldete die Blonde sich. Der Bildschirm blieb noch dunkel.
»Mademoiselle Eva… wenn ich Sie mal so nennen darf«, begann Zamorra.
»Sie dürfen, Professor.«
»Ich möchte versuchen, etwas über Sie herauszufinden. Dazu benötige ich ein Bild von Ihnen. Können Sie die Kamera Ihres' Anschlusses einschalten?«
»Sicher. Warum?«
»Auf diese Weise komme ich zum Bild. Wenn's Ihnen recht ist.«
»Was werden Sie damit tun?« Der Monitor leuchtete auf und zeigte das Brustbild der Blonden, die eines von Nicoles Kleidern trug.
»Ich werde es an Polizeidienststellen weitergeben. Vielleicht kann jemand Sie identifizieren. Die Polizei besitzt dahingehend weit mehr Möglichkeiten als wir hier im Château.«
»Ich glaube nicht, daß Sie Erfolg haben werden«, sagte Eva. »Ich bin sicher, daß ich noch nie in Frankreich gewesen bin.«
»Es ist mir einen Versuch wert«, sagte Zamorra.
»Muß ich mich irgendwie aufstellen oder freundlich lächeln oder so?«
»Nicht nötig«, sagte Zamorra. Seine Finger glitten über die Tastatur; binnen Sekunden entstand ein Screenshot, den er gleich in den Computer weiterleitete. »Danke, das war's schon. Benötigen Sie irgend etwas?«
»Vielleicht etwas Gesellschaft«, sagte Eva zögernd. »Wenn Nicole…«
»Die hat gerade keine Zeit. Ist mit wichtigen Arbeiten beschäftigt«, flüsterte Nicole eindringlich.
Zamorra hob die Brauen. »Die hat gerade keine Zeit. Ist mit wichtigen Arbeiten beschäftigt«, wiederholte er und grinste: »Ich könnte Ihnen Fooly schicken…«
»Den Glücksdrachen, der nicht beißt? Nein danke. Ich sehe mir lieber das Schloß an.«
»Bitten Sie Raffael, Fremdenführer zu spielen«, schlug Zamorra vor. »Niemand kennt das Château so gut wie er. Wenn ich mich verirre, rufe ich ihn um Hilfe.«
»Danke.« Eva schaltete ab.
Zamorra wandte sich Nicole zu. »Was sollte das denn eben? Keine Zeit, mit wichtiger Arbeit beschäftigt?«
Sie verzog das Gesicht. »Ich möchte ihr erst einmal nicht über den Weg laufen. Irgendwie hatte ich vorhin das Gefühl, sie wolle mich verführen. Aber das ist nicht mein Ufer, und ich möchte andererseits auch nicht zu zurückweisend sein. Also meide ich erst mal ihre Nähe, bis wir ihr deutlich demonstriert haben, daß sie bei mir nicht landen kann, weil wir zwei unabdingbar zusammengehören.«
»Uiuiuiuiui…«, sagte Zamorra.
»Genau das habe ich vorhin auch gemurmelt, als ich aus ihrem Zimmer entfleuchte«, bemerkte Nicole. »Was hast du jetzt konkret mit dem Bild vor?«
»Komm mit«, sagte Zamorra.
Er ging voraus, in sein Arbeitszimmer, das mit den Jahren mehr und mehr einer High-Tech-Schaltzentrale glich. Es wurde beherrscht von einem riesigen Panoramafenster und einem riesigen Schreibtisch. Das Fenster reichte vom Fußboden
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