0619 - Jagd nach der Zeitmaschine
dieser Gegend lebten viele der Wissenschaftler, die im Kontrollzentrum an der Entwicklung eines Abwehrmittels gegen die PAD-Seuche arbeiteten. Diese Menschen besaßen entweder eine natürliche Abwehrkraft, die der anderer Leute überlegen war, oder sie wurden, um Arbeitsausfall zu vermeiden, mit Medikamenten derart vollgepumpt, daß wenigstens zeitweise ihr normales Verhalten aufrechterhalten wurde.
Die Aktivität auf den Straßen schien Kol Mimo zu überraschen.
Er deutete auf eine Gruppe von Männern und Frauen, die den Gehsteig entlang eilte.
„Da ist etwas los", meint er. „Die Leute wirken aufgeregt!"
Saedelaere bog in eine Seitenstraße ab, die zum Wald hinaufführte. Hier gab es noch mehr aufgeregte Menschen.
Oben, in der Nähe des Waldrands, hatte eine Gruppe Neugieriger die Straße so gut wie blockiert. Weiter als bis dorthin schienen die Menschen sich nicht zu getrauen. Jenseits der Gruppe, die quer über die Straße stand, gab es nur noch ein einziges Haus.
„Ich glaube, wir kommen gerade zur rechten Zeit", stieß der Maskierte hervor. „Das ist Mentro Kosums Bungalow."
Sie parkten den Gleiter mitten auf der Straße. Das Wohnhaus des Emotionauten lag auf einem ausgedehnten, zum Teil dicht bewachsenen Grundstück. Zur Straße hin stand eine zwei Meter hohe Hecke mit bunten Blüten. Hinter der Hecke hervor drang das helle Summen einer Schockwaffe. Saedelaere und Mimo drängten sich durch den Kordon der Neugierigen. Jemand sagte müde: „Vorsicht, da vorne wird scharf geschossen..."
Saedelaere stutzte unwillkürlich, als er am Fuß der Hecke eine reglose Gestalt liegen sah. Sie war bunt gekleidet. Aus den Schultern ragte ein dünner Hals, der einen breiten, schüsselförmigen Schädel trug.
„Blues...!" rief Mimo.
Als hätte er damit ein Stichwort gegeben, raffte sich der bisher Reglose plötzlich auf und zwängte sich durch die Öffnung der Hecke, um sich dem Kampf wieder anzuschließen, der auf dem Grundstück im Gange zu sein schien. Mit wenigen Schritten standen Saedelaere und der Matheloge vor der Hecke. Der Halbmutant hatte die Waffe gezogen. Durch die Lücke beobachteten sie die Kampfszene. Von der seitwärts gelegenen Einfahrt her führte ein breiter Weg auf das Haus zu. Rechts und links erhoben sich Büsche. Hinter jedem Busch schien ein Blue Deckung gefunden zu haben. Sie waren, soweit Saedelaere erkennen konnte, unbewaffnet. Um so fester schien jedoch ihr Entschluß zu sein, das Haus unter allen Umständen zu stürmen.
Wo der Emotionaut sich versteckt hielt, war vorläufig nicht zuerkennen. Was die Blues beabsichtigten, wenn sie den Bungalow erstürmt hatten, war ebenfalls unklar. Ohne Zweifel handelten sie im Banne der Seuche, der sie trotz ihres nichthumanoiden Metabolismus ebenso zum Opfer gefallen waren wie die Terraner. Es gab in Terrania-City eine kleine diplomatische Mission der affiliierten Blues-Staaten, die insgesamt etwa sechzig Mitglieder zählte. Mindestens ein Drittel davon schien sich hier eingefunden zu haben, um Mentro Kosum in seinem eigenen Haus zu belagern.
Einer der Blues, der in der Nähe hinter einem Busch kauerte, gewahrte die beiden Eindringlinge mit Hilfe seines rückwärtigen Augenpaares. Er stand auf und kam, ohne die Deckungslinie des Busches zu verlassen, auf sie zu.
„Ich warne Sie", sagte er mit einer merkwürdig quietschenden, hohen Stimme auf Interkosmo. „Hier wird geschossen. Ich rate Ihnen, sich zu entfernen."
„Ganz im Gegenteil", erwiderte Saedelaere. „Wir bleiben hier, aber Sie und Ihre Genossen sehen zu, daß Sie sich so rasch wie möglich aus dem Staub machen!"
In den Katzenaugen des Blues irrlichterte es.
„Sie sind verrückt, wenn Sie glauben, gegen eine derartige Übermacht..."
Er unterbrach sich mit einem überraschten Quieken, als Saedelaere ihm den Lauf des Strahlers gegen den Leib preßte.
„Geben Sie den Befehl zum Rückzug!" befahl er.
Trotz seines Wahns schien der Blue die Gefahr zu erkennen, in der er schwebte. Er öffnete den Mund und schien zu sprechen; Saedelaere und Mimo jedoch hörten nur ein paar matte, zwitschernde Laute. Die Sprachfrequenzen der Blues lagen zumeist im Bereich des Ultraschalls.
Die Blues, die hinter den Büschen in Deckung lagen, richteten sich auf. Zögernd gaben sie ihre Stellungen auf und kamen näher. Ununterbrochen redete der Blue, dem Alaska Saedelaere die Mündung des Strahlers gegen den Leib gepreßt hatte, auf sie ein. Sie schienen zu protestieren, aber schließlich gehorchten sie.
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