0619 - Killer-Blasen
geforscht?«
»Das weiß ich auch nicht!« keuchte Golenkow. »Oder nicht genau. Als Biologe wird er sich mit den Genen beschäftigt haben. Und als Archäologe war er wohl dafür bekannt, daß er nach den Überresten alter Völker suchte, die längst ausgestorben sind. Aber nicht nach Atlantis, das hätte ich behalten.«
»Welche Völker denn?«
»Wenn du weiter nach Osten gehst, dann erreichst du Tibet. Die Herkunft der Tibeter liegt auch im dunkeln. Man spricht in den alten Geschichten und Legenden von einem Volk, das vor viertausend und mehr Jahren einmal im Hochland von Tibet gelebt hat. Und nach diesen alten Kulturen hat der Mann geforscht.«
Suko runzelte die Stirn. »Weshalb erzählst du mir das ausgerechnet jetzt?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht ist er ausgestiegen, um die verdammten Blasen oder was weiß ich zu finden. Ich wollte es dir einfach nur gesagt haben, Towaritsch.«
»Danke.«
»Und jetzt kannst du gehen, wohin du willst. Ich bleibe hier und warte auf dich. Nur eines noch. Beerdigt werden möchte ich gern in Moskau. Da bin ich geboren worden, ich liebe die Stadt, sie macht mich irgendwie glücklich.«
»Keine Sorge, Wladimir, du wirst der Nachwelt noch für einige Jahre erhalten bleiben.«
»Das sagst du.«
»Ich meine es auch so.« Suko tätschelte Wladimirs Wange und machte sich auf den Weg.
Der Russe schaute ihm nach. Ihre Lage war schwierig, daran gab es nichts zu rütteln, aber sie hätte noch schwieriger sein können, wenn Schnee gefallen wäre. Das war zum Glück nicht der Fall. Sie hatten es nur mit Kälte und Wind zu tun.
Suko war dorthin verschwunden, wo auch die Straße herführte.
Golenkow konnte ihn sehr bald nicht mehr sehen, denn die Bäume standen zu dicht. Er hörte ihn, wenn der harte Schnee, das Eis und auch das gefrorene Laub unter seinen Schritten zerknackten.
Nur gut, daß die beiden Baumstämme ihn stützten. Wären sie nicht gewesen, er wäre auf der Stelle zusammengebrochen. So aber konnte er sich wenigstens anlehnen.
Ihm war kalt und heiß zugleich. Die Hitze empfand er als noch schlimmer. Er wußte ja, daß sie wegen des Wundfiebers durch seinen Körper raste und keine Stelle ausließ.
Auf seiner Stirn stand der Schweiß. Eisig war er geworden. Bestimmt würde er irgendwann dort frieren.
Manchmal zuckte die Wunde, als hätte jemand in sie hineingefaßt.
Dann wieder gab es Spannen, wo er sie überhaupt nicht spürte und auch seinen Arm nicht. Er schien nicht mehr an seinem Körper zu hängen.
Der KGB-Agent ärgerte sich, daß es ihn dermaßen erwischt hatte.
Damit hatte er nicht rechnen können. Ausgerechnet ihn, den Einheimischen, der John und Suko hätte führen können, obwohl er diesen Landstrich so gut wie nicht kannte. Aber er besaß Verbindungen, kannte die Sprache und hätte verschlossene Türen öffnen können.
Das alles war vorbei…
Manchmal überkam ihn ein regelrechter Anfall von Wut. Er löste in ihm einen Adrenalinstoß aus, und wenn es darauf angekommen wäre, er hätte sich eine Axt genommen und quer durch den Wald geschlagen.
Schritte schreckten ihn aus seinen Gedanken. Wladimir bekam einen sehr klaren Moment, die Wellen der Schwäche hatten sich zur Zeit zurückgezogen.
In den Lücken zwischen den Stämmen erschien Sukos Gestalt. Der Inspektor lief den Weg viel schneller zurück, als er ihn zuvor gegangen war. Suko gehörte zu den Menschen, die es stets schafften, sich zu beherrschen, doch in diesem Fall konnte er die Aufregung nicht unterdrücken. Heftig atmend blieb er vor dem Russen sehen.
»Was hast du?«
»Wir müssen weg!«
»Du bist gut – wohin?«
»Das will ich dir sagen. Wir müssen, ach verdammt, ich habe Verfolger gesehen. Sie suchen uns.«
»Die Zirkusleute?« flüsterte Wladimir.
»Nein, die Killer-Blasen. Und sie sind schon verdammt nahe, das kann ich dir sagen…«
***
Der Russe hatte die Worte kaum glauben können. Er stand auf der Stelle, seine Augen waren rund wie Kreise geworden, und auf der Gesichtshaut lag ein Schauer, der bestimmt nicht wegen der äußeren Hitze dort erschienen war.
»Hast du das gehört, Wladimir?«
»Ja, verdammt.«
»Die Blasen sind in der Nähe. Sie bewegen sich über die Straße hinweg. Belzik muß sie geschickt haben.«
»Und… und was machen wir?«
»Weiß ich nicht, verflucht. Ich weiß es wirklich nicht, was wir tun sollen.«
»Laß mich hier. Dann haben sie ihr Opfer!«
»Unsinn.« Suko schaute den Freund nicht mehr an. Er ließ seinen Blick durch den Wald
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