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062 - John Flack

062 - John Flack

Titel: 062 - John Flack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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es Olga, von der die Frau sprach. Aber bei dem leisesten Verdacht, daß man sie ausfragen wollte, schlossen sich sofort ihre Lippen.
    »Von niemand im besonderen . . . Milch, haben Sie gesagt? Ich werde sie ihm selbst nach oben bringen.«
    Mr. Reeder befand sich gerade im Kampf mit seiner Hausjacke, als sie ihm die Milch brachte. Eine andere Hausangestellte hatte bereits Federhalter, Tinte und Papier auf den Tisch gelegt, und zwei dicke Manuskripte lagen sichtbar auf dem Schreibtisch und verkündeten Mr. Reeders literarische Arbeit.
    Er nahm der Frau das Tablett aus der Hand.
    »Sie wohnen sehr hübsch hier, Mrs. Burton«, begann er ermutigend. »Das ist ja ein wundervolles Haus. Sind Sie schon lange hier?«
    »Ein paar Jahre«, entgegnete sie.
    Sie wandte sich zum Gehen, zögerte aber an der Tür.
    Mr. Reeder kannte dieses Anzeichen. Es war offensichtlich, daß sie gern ein wenig geklatscht hätte.
    »Nein, Sir, wir haben niemals viele Gäste hier. Mr. Daver sucht sich seine Gäste lieber selber aus.«
    »Das ist sehr weise von Mr. Daver. Welches ist denn übrigens sein Zimmer?«
    Sie ging zur Tür hinaus und zeigte den Gang hinunter.
    »Ach ja, ich erinnere mich. Er sagte es mir. Liegt sehr gut. Ich sah Sie heute abend von dort herauskommen.«
    »Da irren Sie sich - ich betrete niemals sein Zimmer«, sagte die Frau scharf. »Sie haben vielleicht . . .« Sie brach ab und fügte dann hinzu: »jemand anders gesehen. Werden Sie sehr lange arbeiten, Sir?«
    Mr. Reeder wiederholte in allen Einzelheiten seine Pläne für die Nacht.
    »Ich würde mich freuen, wenn Sie Mr. Daver mitteilen wollten, daß ich nicht gestört zu werden wünsche. Meine geistige Arbeit geht nur langsam vor sich, und die geringste Störung in meinem Gedankengang ist für mein -hm - Schaffungsvermögen äußerst verhängnisvoll«, sagte er, als er die Tür hinter sich zumachte. Dann wartete er eine Zeitlang, bis sie die Treppe hinuntergegangen war, und verschloß und verriegelte dann die Tür.
    Er zog die schweren Vorhänge vor die offenen Fenster, schob den Schreibtisch gegen die Vorhänge, um ihr Zurückwehen zu verhindern, öffnete die beiden Bücher und stellte sie so auf, daß sie einen Schirm bildeten, der das Licht verhinderte, auf das Bett zu fallen. Als er damit fertig war, zog er sich schnell einen Hausanzug an, legte sich auf das Bett, zog die Decke über und war nach fünf Minuten eingeschlafen.
    Margaret hatte die Absicht, jemand kurz nach elf auf sein Zimmer zu schicken und fragen zu lassen, ob er noch etwas nötig hätte, änderte diesen Vorsatz aber glücklicherweise - glücklicherweise, weil Mr. Reeders Absicht war, fünf volle Stunden ungestört zu schlafen, bevor er eine heimliche Untersuchung des Hauses begann oder bevor der Augenblick eintrat, der völliges Wachsein verlangte.
    Punkt zwei Uhr, auf die Sekunde genau, wachte er auf, setzte sich auf den Bettrand und blinzelte in das Licht. Er öffnete einen seiner Koffer, nahm eine kleine Holzschachtel heraus und aus dieser einen Spirituskocher und alles zur Teebereitung Erforderliche. Er zündete die kleine Lampe an und ging, während das Wasser in dem winzigen Kessel zu kochen begann, in das Badezimmer, entkleidete sich und ließ seinen fröstelnden Körper in das kalte Wasser gleiten. Völlig angezogen kam er zurück und fand das Teewasser kochend.
    Mr. Reeder war ein sehr methodischer Mann und vor allen Dingen sehr vorsichtig. Sein ganzes Leben hindurch hatte er Argwohn gegen Milch. Es war seine Gewohnheit, in aller Herrgottsfrühe durch die Vorstadtstraßen zu schlendern und die Milchkannen zu betrachten, die an den Türgriffen hingen, oder die Flaschen, die in den Ecken der Haustüren standen. Er dachte über die ungeheuren Möglichkeiten zum Massenmord nach, die diese leichtsinnige Gewohnheit der Milchablieferung verbrecherisch veranlagten Menschen bot. Er hatte ausgerechnet, daß ein geschickter Mörder, der systematisch arbeitete, London innerhalb eines Monats dezimieren konnte.
    Er trank seinen Tee ohne Milch, knabberte ein Biskuit, packte Kocher und Kessel wieder sorgsam fort, nahm aus seiner Handtasche ein Paar Filzschuhe mit starken Sohlen und zog diese an. In seinem Koffer fand er einen kurzen Gummiknüppel, der in der Hand eines gewandten Mannes eine ebenso tödliche Waffe wie ein Messer war, und steckte ihn in die Brusttasche. Dann suchte er noch einmal in seinem Koffer und brachte etwas heraus, das wie ein dünner Schwammgummisack aussah, abgesehen davon, daß zwei

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