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062 - John Flack

062 - John Flack

Titel: 062 - John Flack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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entschied sich für den letzteren. Als sich die Hand über die Lampe schloß, sprang er aus seiner Deckung hervor und schlug zu. Er hörte ein Fauchen wie von einem wilden Tier - dann verlöschte die Lampe, als die Erscheinung zurücktaumelte und die dünnen Drähte zerriß.
    Der Gang lag in Dunkelheit. Er schlug wieder zu und fehlte. Die Gewalt seines Schlages war so groß, daß er das Gleichgewicht verlor und auf ein Knie fiel - der Gummiknüppel flog auf den Boden. Seine Hand schoß vorwärts, packte einen Arm ...
    Mit einem kurzen Ruck riß er seinen Gefangenen in das Zimmer und schaltete das Licht ein.
    Eine runde, weiche Hand - von einem seidenen Ärmel bedeckt.
    Als die Lichter aufflammten, starrte er in das blasse Gesicht von Olga Crewe.

10
    Einen Augenblick starrten sie einander ins Gesicht - sie fassungslos, er betroffen. Olga Crewe!
    Dann kam es ihm zum Bewußtsein, daß er immer noch ihren Arm festhielt - er ließ ihn fallen. Der Arm fesselte Mr. Reeder, er sah kaum auf sonst etwas anderes.
    »Es tut mir leid«, sagte Mr. Reeder. »Wie kommen Sie hierher?«
    Ihre Lippen zitterten, sie versuchte zu sprechen, aber kein Wort ließ sich hören. Dann meisterte sie langsam ihre augenblickliche Lähmung und begann zu reden - mühsam - abgebrochen:
    »Ich . . . hörte ein ... Geräusch ... im Gang . . . und ... ich ... kam heraus . . Ich war erschrocken.«
    Sie rieb mechanisch ihren Arm, und er sah das rote Mal, wo seine Hand sie gepackt hatte. Es war ein Wunder, daß er ihr nicht den Arm gebrochen hatte.
    »Ist. . . etwas . . . passiert?«
    Jedes Wort kam mühsam geformt und betont heraus. Es schien, als ob sie jedes Wort erst bilden und zusammenstellen mußte, bevor ihre Zunge es herausbrachte.
    »Wo ist der Schalter im Gang?« fragte Mr. Reeder. Das war eine mehr praktische Angelegenheit, und er verlor das Interesse an ihrem Arm.
    »Gegenüber von meinem Zimmer.«
    »Schalten Sie das Licht ein«, sagte er, und sie gehorchte.
    Erst als der Gang erleuchtet war, kam er aus seinem Zimmer heraus, und der Browning in seiner Hand ließ darauf schließen, daß er sich noch nicht ganz sicher fühlte.
    »Ist etwas passiert?« fragte sie wieder. Sie hatte sich jetzt völlig in der Gewalt. Ein wenig Farbe belebte ihr bleiches Gesicht, aber ihre Augen schienen immer noch furchtbare Visionen zu sehen.
    »Haben Sie etwas im Gang gesehen?« antwortete er.
    »Nein, ich habe nichts gesehen, gar nichts. Ich hörte ein Geräusch und kam heraus.«
    Sie log. Er nahm sich nicht die Mühe, das zu bezweifeln. Sie hatte genügend Zeit gehabt, um ihre leichten Hausschuhe anzuziehen und den leichten Umhang, den sie trug, überzuwerfen, und der ganze Kampf hatte kaum mehr als zwei Sekunden gedauert. Außerdem hatte er nicht gehört, daß sich ihre Tür öffnete. Die Folgerung war, daß diese die ganze Zeit weit offengestanden hatte und daß sie Zuschauer oder Zuhörer bei allem, was vorging, gewesen war.
    Er ging den Gang hinunter, nahm seinen Gummiknüppel auf und kehrte wieder zu ihr zurück. Sie stand halb gegen den Türpfosten gelehnt und rieb sich den Arm. Sie starrte so nachdrücklich an ihm vorbei, daß er sich umblickte, obwohl nichts zu sehen war.
    »Sie haben mir weh getan«, sagte sie einfach.
    Das Mal auf der weißen Haut hatte sich blau gefärbt. Mr. Reeder war von Natur aus ein sehr mitfühlender Mensch. Aber um die Wahrheit zu sagen, fühlte er in diesem Augenblick keinerlei Kummer. Bedauern - ja. Aber dies Bedauern hatte nichts mit ihrer Verletzung zu tun.
    »Ich halte es für besser, wenn Sie jetzt zu Bett gehen, junges Fräulein. Mein Alpdrücken ist vorbei. Ich hoffe, das Ihrige wird ebenso schnell verschwinden, obgleich ich überrascht sein würde, wenn das wirklich so schnell gehen sollte. Meines dauerte nur einen Augenblick, das Ihrige wird, wenn ich nicht irre, Ihr ganzes Leben lang anhalten.«
    Ihre dunklen, unergründlichen Augen wichen nicht von seinem Gesicht, während er sprach.
    »Ich glaube, es muß ein Alpdrücken gewesen sein«, sagte sie. »Es wird mein ganzes Leben lang dauern . . .? Ich fürchte, Sie haben recht.«
    Sie drehte sich mit einem Kopfnicken um, und gleich darauf hörte er, wie ihre Tür sich schloß und der Schlüssel umgedreht wurde.
    Mr. Reeder ging an die andere Seite des Bettes, zog einen Stuhl heran und setzte sich. Er machte keinerlei Anstalten, die Tür zu schließen. Solange sein Zimmer im Dunkeln lag und der Gang erleuchtet war, brauchte er keine Wiederholung seines schlechten

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