062 - John Flack
Minuten, eine Viertelstunde vergingen, und dann leuchtete zu ihrer Freude ein helles, ruhiges Licht auf, das sie die Umrisse der Öffnung sehen ließ, durch die Brill gekrochen war. Sie hörte das Krachen und Knacken einer Kiste, die geöffnet wurde, und sah die Umrisse des Detektivs, als er in der Öffnung erschien. Wenige Augenblicke später war er an ihrer Seite.
»Biskuits«, sagte er. »Zum Glück hatte die Kiste eine Aufschrift.«
»Was war das für ein Licht?« fragte sie, als sie begierig nach den Zwiebäcken griff.
»Eine kleine Taschenlampe; beim Umhertasten habe ich sie umgeworfen. Die Nische ist bis oben randvoll mit Lebensmitteln! Hier ist etwas zu trinken für Sie.«
Er gab ihr eine flache, runde Büchse und führte ihren Finger bis zu dem Loch, das er hineingeschlagen hatte.
»Konservierte Milch - deutsche und sehr gute dazu.«
Sie trank wie eine Verdurstende, trank . . . und trank, bis die Büchse geleert war.
»Das scheint so eine Art Schiffsproviant zu sein«, vermutete Brill, »aber die Lampe ist ein großer Segen. Ich will noch mal hineingehen und nachsuchen, ob ich keine Reservebatterien finden kann; die Lampe hier hat nicht mehr viel Strom.«
Sein Suchen nahm eine beträchtliche Zeit in Anspruch. Sie sah, wie das Licht ausging, und ihr Mut sank, bis auf einmal das Licht heller als zuvor wieder aufleuchtete. Er kletterte über die zackige Mauer, sprang herunter und streckte ihr etwas Schweres in die Hand.
»Eine Reservelampe. Da ist ein halbes Dutzend drinnen und genug Batterien für einen ganzen Monat.«
Er schlug mit einer Art Stock gegen die Felswand - es klang metallisch.
»Ein Kistenöffner«, erklärte er triumphierend, »und eine sehr nützliche Waffe. Ich möchte gern wissen, in welcher Vorratskammer die Gewehre liegen!«
Die weitere Untersuchung des Ganges konnte nun verhältnismäßig bequem durchgeführt werden. Sie hatten die Lampen mehr als nötig, denn wenige Meter weiter drehte der Tunnel scharf nach rechts, und der Boden wurde sehr unregelmäßig. Brill schaltete sein Licht ein und zeigte den Weg. Jetzt ging es wieder nach links, und er machte sie darauf aufmerksam, wie glatt die Wände waren.
»Wirkung des Wassers«, erklärte er. »Hier muß früher mal ein unterirdischer Fluß gewesen sein.«
Die Galerie drehte und wendete sich, lief bald nach oben, bald nach unten, machte jetzt eine scharfe Biegung in Form einer Haarnadel und beschrieb dann wieder eine beinah vollkommene Kurve, führte aber anscheinend nirgendwohin.
Brill ging voran und ließ den Strahl seiner Lampe über den Boden schweifen, als sie sah, wie er plötzlich stehenblieb, sich bückte und etwas von der Erde aufnahm.
»Wie in aller Welt kommt denn das hierher?«
Auf seiner Handfläche lag ein glänzender Silberflorin, am Rande etwas beschädigt, aber unverkennbar ein Zweischillingstück.
»Jemand ist hier gewesen -« begann er, und dann stieß Margaret einen Schrei aus.
»Das war ja Mr. Reeder!«
Sie erzählte ihm den Vorfall an dem Brunnen, und wie Mr. Reeder ein Geldstück hatte hinunterfallen lassen, um die Tiefe zu messen. Brill richtete das Licht seiner Lampe gegen die Decke: solider Felsen! Dann leuchtete er weiter und weiter, bis die Strahlen schließlich auf eine große, runde Öffnung trafen.
»Hier ist der Brunnen, der nie ein Brunnen gewesen ist«, sagte er grimmig; er leuchtete nach oben und blickte mit offenem Mund auf die Stahlstangen, die einige Zoll voneinander entfernt an der Seite des Schachtes angebracht waren.
»Eine Leiter«, sagte er langsam. »Wußten Sie das?«
Er stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte hinaufzulangen, aber die unterste Sprosse saß noch wenigstens einen Meter über seiner Hand. Jetzt machte er sich auf die Suche nach Felsbrocken, die er aufeinanderlegen und von deren Spitze er die niedrigste Sprosse der Leiter erreichen konnte. Aber außer einigen nutzlosen, kleinen Stücken fand er nichts, das für sein Vorhaben geeignet war. Dann fiel ihm der Kistenöffner ein, der an einem Ende einen Haken hatte. Er streckte ihn, so weit er vermochte, in die Höhe und sprang. Das erstemal verfehlte er sein Ziel, dann aber faßte der Haken die Stahlsprosse, der Griff glitt ihm aus der Hand, und das Eisen blieb an der Sprosse hängen. Jetzt rieb er seine Hände auf dem staubigen Boden, sammelte alle seine Kräfte und sprang zu. Er faßte es, hielt fest und zog sich mit übermenschlicher Anstrengung in die Höhe, bis seine Hand die Sprosse erreichte. Noch
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