062 - Ytanga, die Seelenechse
ihn ohne Aufsehen aufs Zimmer zu bringen.
Sie hatte ihn entkleidet, und dabei war ihr ein Brief ihrer Rivalin in die Hände gefallen. Aus der Brieftasche, die aus dem Jackett fiel, war er herausgerutscht.
Auf diese Weise hatte Rita Laven erfahren, daß ihr Mann eine Geliebte hatte. Was in dem Schreiben stand, war gespickt mit Ein- und Zweideutigkeiten.
Für Rita Laven zerbrach eine heile Welt. Zunächst war sie so wütend und voller Haß auf ihren Mann, daß sie ihn am liebsten umgebracht hätte.
Das wäre nicht schwierig gewesen. In seinem Zustand hätte er davon überhaupt nichts gemerkt. Aber dann begriff Rita, daß das keine Lösung war.
Sie suchte die Schuld bei sich. War es möglich, daß ihr Mann sich nach einer anderen umgesehen hatte, weil sie nicht mehr attraktiv genug war? Hatte sie sich in den letzten Jahren zu sehr gehenlassen? Weil sie sich seiner so sicher gewesen war?
Die unliebsame Überraschung hatte sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen, und ihr war, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen.
Fünfundzwanzig Jahre Ehe… Und auf einmal stand sie ohne Halt da. Keine Sicherheit mehr. Keine Idee, wohin sie gehen sollte. Sie fühlte sich irgendwie tot.
Die ganze Nacht hatte sie kein Auge zugetan. Hin und her hatte sie überlegt, wie ihre Ehe noch zu kitten war.
Am Morgen stellte sie George dann zur Rede, doch er war nicht reumütig, sondern stand zu seiner Geliebten.
Er unternahm nicht einmal den Versuch, sich mit seiner Frau zu versöhnen, sondern behauptete, sie allein genüge ihm nicht, er brauche noch eine zweite Frau neben ihr, und wenn ihr das nicht passe, könne sie gehen.
Aber wohin geht eine Frau von fast fünfzig Jahren, die keine Eltern hat und keine Kinder bekommen konnte?
Sie wäre bereit gewesen, ihm zu verzeihen, wenn er sich von seiner jungen Freundin getrennt hätte, doch davon wollte George nichts wissen.
Ihn mit dieser anderen zu teilen, kam für sie nicht in Frage. Zu wissen, daß er mal mit ihr, mal mit diesem Mädchen schlief, wäre für sie eine zu schreckliche Folter gewesen, das erklärte sie ihm.
Daraufhin sagte er, daß es in diesem Fall wohl das Beste wäre, wenn sie sich scheiden ließen.
Nach fünfundzwanzig Jahren kam das Aus für ihre Ehe, und George schien es nicht einmal leid zu tun.
Gleich nach der Heimkehr wollte er sich mit seinem Anwalt in Verbindung setzen, damit dieser die nötigen Schritte einleitete.
Rita fürchtete sich vor dem Fall in eine ungewisse Tiefe. All die Jahre, die sie mit George glücklich gewesen war, konnte sie nicht so einfach vergessen. Wieso konnte er es? Wieso war er auf einmal so grausam hart zu ihr?
Sie schluchzte wieder in ihr Taschentuch.
»Mein Gott, kannst du nicht endlich damit aufhören?« fragte George Laven verdrossen. »Du weinst, seit wir in diesem Flugzeug sitzen.«
»Wie konnte es mit uns soweit kommen, George?«
»Herrgott noch mal, mach doch keine Staatsaffäre draus, Rita. So ist nun mal das Leben. Auf der Welt werden bestimmt täglich Tausende Ehen geschieden. Und nun hat eben auch unsere Ehe ihr Ende erreicht. Nichts hält ewig. Wir sollten dankbar sein, daß wir so lange zusammen waren. Andere gehen schon viel früher wieder auseinander. Du wirst jemand anders finden…«
»Ich bin nicht mehr jung genug, George.«
»Du bist eine äußerst attraktive Frau, hast noch kein einziges graues Haar…«
»Ich will für den Rest meines Lebens keinen anderen Mann an meiner Seite haben, George, verstehst du das denn nicht? Ich liebe dich…«
»Unsinn. Nicht nach fünfundzwanzig Jahren. Was du für Liebe hältst, ist nichts weiter als Gewohnheit. Du bist gewöhnt, mich an deiner Seite zu haben. Bist daran gewöhnt, daß ich mich um alles kümmere, daß du dir keinerlei Sorgen zu machen brauchst… Ich war für dich immer da - wie das Sofa im Wohnzimmer, der Fernsehapparat, das Auto, das du fährst…«
Sie schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht, George. Du bedeutest mir sehr viel.«
»Ich bedeute dir vor allem Sicherheit, aber damit kann man keine Ehe aufrechterhalten. Dafür braucht es mehr.«
»Sex zum Beispiel.«
»Ja, vor allem Sex. Ich bin noch lange nicht jenseits von Gut und Böse.«
»Hast du nicht immer bekommen, was du haben wolltest?«
»Ich will dir nicht noch mehr weh tun, Rita, aber manchmal war mir, als würdest du dich dabei langweilen. Es war alles so… so eintönig, so abgestumpft, so frustrierend.«
Rita Laven trocknete sich mit dem Taschentuch die
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