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0622 - Gehirn in Fesseln

Titel: 0622 - Gehirn in Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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verhallte in der Schwärze, die sich jetzt auf dem Weg des Lichtstrahls ausbreitete, von Ewigkeit zu Ewigkeit, ohne erfaßbare Horizonte.
    Was sahen die Linsen, die noch in der Höhle des Südpolarbasalts die Umgebung mit mehrfach geschärfter Genauigkeit wahrgenommen hatten?
    Nichts!
    Der Sichtstrahl stieß gegen ein unsichtbares Hindernis. Er prallte ab, bog sich und rollte sich zusammen. Binnen Nanosekunden wurde aus einer Lanze kreidigen Lichtes eine Kugel, die von dem Hindernis zurückprallte, irgendwo anschlug und abermals zurückgeschleudert wurde, wie eine Kugel im Superbillard. Die Bewegungen wurden schneller, verliefen im Zickzack und schließlich wurde aus diesem Hin und Her wieder eine Gerade, die in einem Winkel von vierhundertdreißig Grad von der ursprünglichen Richtung hinwegführte.
    Was hörten die Mikrophone, die noch vor Stunden (oder waren es Ewigkeiten?) jedes winzigste Geräusch in der Höhle wahrgenommen hatten?
    Nichts.
    Doch - sie hörten etwas. Ein hohles Rauschen kündigte sich an, als ob neben dem Weg der Feuerkugel unsichtbare Wasserfälle rauschten. Das Zischen wurde lauter und deutlicher unterscheidbar. Von vorn zischte es hell, von hinten dunkel, und andere Tonhöhen setzten sich entlang der Geraden fort. Durch diese akustische Gasse, durch den rauschenden, zischenden, gurgelnden Hohlweg, durch einen Tunnel aus stürmte die Feuerkugel irgend wohin.
    Wohin?
    Keine Ahnung.
    Ist das Ziel bald erreicht?
    Negativ.
    Plötzlich, nach einer Zeitdauer unbestimmter Länge, schwoll die kleine weiße Feuerkugel an. Sie dehnte sich, ohne an Schnelligkeit zu verlieren. Noch immer verlief der Weg durch ereignislos rauschendes Dunkel. Aus der weißen Kugel wurde ein blauer Ballon. Ein Riese raste jetzt, sich langsam drehend, durch die Unendlichkeit.
    Nach einigen Sekunden oder Jahren des Fluges, der mit blauem Licht undeutliche Gegenstände und Schemen längs des Weges für Sekundenbruchteile erhellte, wurde das gesamte Innere des Behälters durch einen gewaltigen, lautlosen Schlag erschüttert.
    „Licht!" hörte Rhodans Ich jemanden sagen.
    Oder hatte das Gehirn kraft seiner angeschlossenen Super-Cyborg-Mechanismen selbst gesprochen?
    Helligkeit breitete sich aus. Sie kam von links, denn die Planetenkugeln vor dem rasenden Wanderer warfen in einem nebligen Weltraum lange Schatten nach rechts.
    Ein blau-goldener Planet. Riesengroß und von weißen Wolken bedeckt, schob sich in den Weg. Die gewaltige blaue Kugel, die einer Sonne glich und mit mehr als hundertfacher Lichtgeschwindigkeit auf den Planeten zuschoß, verwandelte sich abermals. Als lache ein Unsichtbarer und dokumentiere die Ausweglosigkeit des gefangenen Gehirns, verwandelte sich die Kugel in einen langen, gelben Faden, der sich wie der Nesselfaden einer hungrigen Medusa entkrümmte und gerade wurde, erstarrte und wie eine Saite zu schwingen begann. In dieser Form raste der Faden an dem Planeten vorbei, näherte sich mit seiner Spitze einem anderen Planeten und krümmte sich.
    Schmerz durchlief in Form langwelliger Schwingungen den Faden, die Saite, den kosmischen Draht. Ein lauter, glockenähnlich hallender Klang ertönte. Die Sonnen um die Planetenansammlung begannen zu flackern. Im selben Rhythmus wie die Töne jener Saite.
    Nein! sagte Rhodan laut. Oder dachte es wenigstens.
    Wieder setzten sich Schwingungen fort. Wieder ertönte ein gewaltiger Klang, der die Planeten schüttelte und aufeinander zutrieb. Der Faden begann sich aufzurollen, verknotete sich mehrmals und bildete schließlich ein Bündel, das regungslos im Raum schwebte.
    Dunkelheit brach herein.
    Nach abermals einiger Zeit befand sich das Gehirn wieder in seiner Halbkugel. Aber die Halbkugel ruhte jetzt mit der runden Schnittfläche auf einer riesigen weißen Platte. Die Platte war von feinen, haarfeinen Linien durchzogen und bildete eine Art Schachbrett. Die Linsen des durchsichtigen Gefängnisses erfaßten aus dem Winkel einer kriechenden Wanze den Anfang einer dieser Linien, die sich als kleine, dreieckige Vertiefungen abzeichneten.
    Eine Stimme, die mehrere Dutzendmal nachhallte, schrie: START!
    Die Halbkugel bewegte sich. Sie schoß einige Felder geradeaus, wie eine Figur des klassischen Schachspiels. Dann wurde sie herumgerissen, setzte im rechten Winkel in eine andere Richtung, fuhr haarscharf an anderen Figuren vorbei, die plötzlich auf dem ebenen Brett auftauchten, umrundete riesige Türme aus Basalt und mit wehenden Fahnen, aus denen Schlangenköpfe wuchsen.

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