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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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es ihm diese junge Person suggeriert hat, wie ich vermute!«
    »Welche junge Person?« fragte der Oberst, der im Augenblick an etwas anderes gedacht hatte.
    »Du hörst niemals zu, wenn ich mit dir spreche«, sagte sie kurz, »es ist doch zu schlimm mit dir, John! Dick Hallowell müßte dir auf den Knien danken und dir jeden Wunsch erfüllen. Er hätte doch den Dienst quittieren müssen, als sein Bruder damals ins Gefängnis kam. Es schadet dem Ansehen des Regiments, wenn der Bruder des ältesten Offiziers ein Verbrecher ist!«
    »Dick hat ja damals um seinen Abschied gebeten, aber ich wollte ihn nicht annehmen. Wenn ich das getan hätte, würde es einen Aufstand in der Offiziersmesse gegeben haben. Wir können doch nichts dafür, wenn unsere Verwandten dumme Geschichten machen«, entgegnete der Oberst böse. Sie kannte ihn genügend, um die Warnung zu verstehen, die in seinem Ton lag.
    »In der ganzen Familie Hallowell ist irgend etwas faul!« sagte sie. »Ich würde mich nicht wundern, wenn Dick auch noch so etwas Ähnliches anstellte wie sein Bruder.«
    »Was ist das nun schon wieder für ein Unsinn!« rief der Oberst aufgebracht. »Sie sind doch nur Halbbrüder. Grahams Mutter war eine üble Frau. Alle schlechten Eigenschaften sind durch sie in die Familie gekommen. Bist du heute zum Essen eingeladen?« fragte er dann und hoffte, eine bejahende Antwort zu erhalten.
    »Nein, ich werde hierbleiben. Ich muß dir auch noch sagen, daß Bobby Longfellow neulich sehr unhöflich zu mir war direkt ungezogen.«
    »Was hat er denn gesagt?«
    »Nicht, was er gesagt hat, war unverschämt, sondern wie er es gesagt hat. Er wird unausstehlich. Du weißt am besten, John, daß die Disziplin im Regiment sehr nachgelassen hat. Ich will ja nicht sagen, daß du das verschuldest – «
    »Dann denke einmal darüber nach, wessen Schuld es ist«, sagte der Oberst verschnupft, als er aufstand. »Ich gehe jetzt zum Ordonnanzzimmer. Wir sehen uns später.«
    Als er zum Tee zurückkam, hatte sich Mylady mit Kopfschmerzen zurückgezogen. Er sandte ihr ein paar liebenswürdige Worte durch ihre Zofe und freute sich über seine gemütliche Teestunde. Später kam der Adjutant zu ihm. Er zeigte ihm drei Leute in Zivil, die mit einer Leiter über den Exerzierplatz kamen.
    »Ich glaube, das Schatzamt hat Angst um die Kronjuwelen!« sagte der Offizier. »Sie haben einen Beamten vom Ministerium ausgeschickt, um die Alarmglocken zu untersuchen.«
    Der Oberst lachte. Er war daran gewöhnt, daß von Zeit zu Zeit solche Dinge von Whitehall angeordnet wurden. Einmal hatten sie die Stahltüren zu der Schatzkammer ausgewechselt – bei einer anderen Gelegenheit waren Detektive geschickt worden, um die Aufseher zu verhören, weil ein geheimnisvoller Amerikaner sich zu sehr nach Wert, Gewicht und Größe der beiden großen Diamanten erkundigt hatte, die in dem Tresor oben aufbewahrt wurden.
    »Ich möchte mal den Mann sehen, der das Beispiel des Oberst Blood nachzuahmen wagte – ich glaube nicht, daß es einen gibt, wenn er nicht ganz und gar verrückt ist.«
    Er war in der Offiziersmesse und las eine eben eingetroffene indische Zeitung, als ein Anruf für Lady Cynthia kam. Sie sandte ihre Zofe mit dem Bescheid, daß sie nicht gestört werden möchte. Das Mädchen kam aber gleich wieder.
    »Der Herr sagt, er müßte Sie unbedingt sprechen, gnädige Frau. Er versucht schon seit dem 10. Juni mit Ihnen in Verbindung zu kommen.«
    Der Eindruck, den diese Worte auf Lady Cynthia machten, war außerordentlich. Sie setzte sich im Bett aufrecht, und es zuckte in ihrem Gesicht.
    »Schon gut – ich werde herunterkommen. Stellen Sie das Telefon zum Arbeitszimmer des Obersten um.«
    Ihre Stimme war etwas heiser, das fiel der Zofe auf, aber sie konnte nichts Besonderes in dem Gesichtsausdruck ihrer Herrin erkennen. Cynthia lief fast die Treppe hinunter, schloß die Tür fest und sprach fünf Minuten lang mit leiser Stimme ins Telefon. Als sie wieder herauskam, war sie blaß, wie das Mädchen bemerkte, aber das mochte an den Kopfschmerzen liegen.
    Als der Oberst zurückkam, fand er seine Frau im Salon. Sie war in Gesellschaftskleidung, ihr Mantel lag über einer Stuhllehne.
    »Gehst du aus, meine Liebe?« sagte er.
    »Ja. Ich habe mich eben an eine Verabredung erinnert, die ich schon vor einem Monat traf. Es ist schrecklich. Du hast doch nichts dagegen, John?«
    »Dagegen? Nicht im geringsten. Ich werde allein zu Abend speisen oder im Kasino.«
    Sparsamkeit war eine

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