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0638 - Das Palazzo-Gespenst

0638 - Das Palazzo-Gespenst

Titel: 0638 - Das Palazzo-Gespenst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Gefühllosigkeit.
    Nicht jeder Gast hatte sich unter Kontrolle. Es waren einige dabei, die sehr stark, scharf und hörbar ein- und ausatmeten. Sie alle spürten den Druck, der auf ihnen lastete wie ein Gewicht.
    Und zwei Frauen schrien leise auf, als sich die Gestalt einen Ruck gab und aufstand.
    Es war ein sich Bewegen und Schweben zugleich. Sarah Goldwyn hatte so etwas noch nicht erlebt, sie bekam große Augen, denn die Gestalt berührte zwar mit ihren nackten, blau schimmernden Füßen den Steinboden, aber sie glitt trotzdem über ihn hinweg, und kein Laut war dabei zu hören.
    Wenn sie jetzt eine magische Waffe bei sich getragen hätte, irgendeinen Dämonenbanner, möglicherweise auch ein einfaches Kreuz, dann wäre sie gegen einen Angriff gefeit gewesen, aber sie hatte bewusst nichts dergleichen mitgenommen, es lag oben im Koffer. Lady Sarah wollte das Gespenst nicht verschrecken.
    Jetzt bedauerte sie es, und sie bedauerte auch, Suko nicht an ihrer Seite zu wissen.
    Es schwebte weiter, ohne dass ein Laut zu hören gewesen wäre.
    Fahnenbleich wischte es über den Boden, ein Wunder der Magie, das gleichzeitig Angst ausströmte.
    Wen suchte es sich aus?
    Plötzlich blieb es stehen.
    Lady Sarah krampfte ihre Hände um die Holzlehnen. Sie spürte sehr deutlich, dass es jetzt darauf ankam, und im nächsten Augenblick verdichtete sich die Gestalt.
    Es hatte den Anschein, als würde sie kristallisieren, glitt nach vorn, so dass Lady Sarah jetzt mehr erkennen konnte und mit ansah, wie sich das Gespenst über den Körper eines Mannes beugte, der regungslos auf dem Stuhl saß.
    Im nächsten Moment schrie er.
    Nein, er wimmerte, er ächzte und stöhnte. Laute, die nicht zum Aushalten waren.
    Die Horror-Oma reagierte als einzige. Sie stand so rasch wie möglich auf, wollte hin - und wurde festgehalten. Die Brandi zerrte an ihrem Kleid.
    »Nicht, Sarah, nicht!«
    Es war zu spät.
    Das Opfer gab ein letztes Röcheln von sich, dann wurde es still. Bis zu dem Zeitpunkt, als das helle, schrille und wahnsinnig klingende Lachen durch die Halle gellte, bei den Menschen einen Schock hinterließ. Niemand verließ seinen Platz.
    Jeder spürte die Kälte, die wie eine Wolke kam und den eisigen Hauch des Todes vorbeistreifen ließ.
    Ein letzter Gruß des Gespenstes, denn einen Lidschlag später gab es Venetia nicht mehr.
    Ein phantomhafte Nebelstreifen huschte auf den Eingang zu - und war verschwunden.
    Danach flammte der Kronleuchter wieder auf. Die strahlende Helligkeit ergoss sich in die Halle und beleuchtete ein makabres Bild, das sich allerdings kaum von dem unterschied, wie es vor dem Ereignis gewesen war.
    Nur ein Mann saß völlig regungslos auf seinem Platz!
    Keiner der Gäste traute sich aufzustehen und auf ihn zuzugehen. Man blieb hocken, wie Eisfiguren.
    Vom Personal war niemand mehr zu sehen. Der Mann und die beiden Mädchen wussten genau, was sie tun mussten, wenn diese unheimliche Erscheinung den Palazzo in Besitz nahm.
    Die Zeit wurde lang. Sekunden flössen dahin, klebten an einem zähen Band, das vom zurückgelassenen Grauen umklammert wurde. Einer aus ihrer Mitte würde sich nicht mehr erheben.
    Das wusste auch Lady Sarah. Sie war die einzige, die sich traute. In ihren Knien spürte sie eine gewisse Weichheit, obwohl sie sehr staksig ging und neben dem Mann stehenblieb.
    Er war schon sehr alt. Bestimmt achtzig. Sein Gesicht zeigte den Ausdruck der Todesangst. Wie eingemeißelt lag sie auf seinen Zügen. Da spannte sich die dünne Haut mit den Altersflecken über seinen Knochen.
    Der Mund stand weit offen, als wollte er noch ein letztes Mal richtig Luft holen.
    Er hatte es nicht geschafft…
    Auch Lady Sarahs Hand zitterte, als sie die Finger auf das Gesicht des Toten zuschob. Sie wollte etwas Bestimmtes herausfinden - und sah sich nicht getäuscht, denn als sie über die Haut des Toten tastete, hatte sie den Eindruck, Eis anzufassen.
    So kalt war sie.
    Lady Sarah zog ihre Hand zurück. Auf der Stelle drehte sie sich. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. Ein jeder erwartete von ihr einen Kommentar.
    Sie nickte. Erst einmal, dann wiederholte sie diese Geste, bevor sie anfing zu sprechen.
    »Ihr wisst, dass er tot ist. Wenn ihr ihn berührt, dann ist seine Haut wie Eis.«
    Sie sagten nichts; nickten nur, denn sie erlebten es nicht zum ersten Mal.
    Einige aber atmeten auf, denn jetzt konnten sie weiterleben. Zumindest einen Tag. Wer wusste schon, wen es in der folgenden Nacht erwischen würde? Dann begann die Spannung von

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