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0639 - Merlins Zauberwald

0639 - Merlins Zauberwald

Titel: 0639 - Merlins Zauberwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Hexe aus dem Wald hinaus zu wehen.
    Wie ein Blatt in der Luft wurde sie samt ihrem Reitofen vom Sturmwind erfaßt, hochgerissen, herumgewirbelt. Die unwahrscheinlich starke Kraft vermochte das schwere Eisen, aus dem der Ofen bestand, mit einer solch spielerischen Leichtigkeit zu bewegen, daß sie, auf ihrem magischen ›Tier‹ sitzend, mal einen Kopfstand machte und dann wieder ihre ursprüngliche Position einnahm. Heftig riß und zerrte sie an den Zügeln, um zu verhindern, daß sie an den Baumstämmen zerschmettert wurde. Das war die erklärte Absicht des Waldes!
    Yaga wußte, daß sie dies nicht Merlin zuschreiben konnte. Er selbst wurde durch sein Versprechen daran gehindert, sich gegen sie zu stellen, erst recht in dieser krassen, mörderischen Form.
    Es war der Wald selbst, der von sich aus versuchte, sie zu töten. Sie war eben ein Fremdkörper, sie gehörte nicht hierher.
    Merlin natürlich, sein dunkler Bruder und vielleicht sogar noch ein paar andere Entitäten, keinesfalls aber Baba Yaga.
    Und wie der Wald versuchte, sie zu vernichten! Immer stärker entwickelte sich der Orkan, der weder die Bäume noch das, was in ihrem Schutz lebte, zu Schaden kommen ließ, der sich statt dessen ausschließlich auf Yaga und ihren Ofen konzentrierte!
    Wieder flog sie herum, konnte im letzten Moment dem Ofen eine leichte Drehung geben und so verhindern, daß sie zwischen einem gewaltigen Baumstamm und ihrem ›Reittier‹ zerdrückt wurde. Für ein paar Sekunden schaffte sie es, diesen Höllenritt wieder einigermaßen zu stabilisieren.
    Sie nahm es mit Humor. »So stellen sich die Menschen wohl eine Achterbahn vor. Ob Hexen kotzen können?« kicherte sie.
    Augenblicke später erfuhr sie es.
    Dabei verging ihr jedoch der Humor. Ihr wurde speiübel, und sie hatte gewaltig damit zu tun, ihr Innerstes sich nicht nach außen stülpen zu lassen!
    Noch schlechter wurde ihr, als sie bemerkte, daß sie aus dem Wald herausgewirbelt zu werden drohte.
    Plötzlich flog sie von ihrem. Ofen herunter!
    Der, jetzt ohne jede Kontrolle, knallte zwischen zwei Astgabeln und blieb darin hängen. Die Hexe selbst konnte gerade noch ihren Aufprall auf dem Boden abfedern. Beinahe hätte sie sich die Beine gebrochen!
    Da hörte der Spaß für sie auf.
    Von diesem Orkan, der immer noch an Stärke zulegte, wollte sie sich nicht besiegen lassen.
    Tief holte sie Luft, um dann leise, aber eindringlich zu rufen: »Orkan bist du gewesen, Kind, sei still!«
    Der Ruf entsprang ihrem Repertoire an Zaubersprüchen. Mit ihm schaffte sie es, den Zauber des Waldes zu entkräften.
    Als Hexe beherrschte sie schließlich auch den Wind.
    Sie benutzte ihn, um auf ihrem Ofen durch die Lüfte zu reiten, und auch mit ihrem Haus vermochte sie zu fliegen, wenn es erforderlich war.
    Sie bekam den Wind jetzt unter ihre Kontrolle.
    Es war nicht einfach; er wehrte sich gegen sie. Immerhin war da auch noch das starke Interesse des Waldes, Baba Yaga zu töten. Aber ihre eigene Macht war stärker.
    Der Orkan ebbte ab. Er wurde zum Sturm, zum Wind, zur Flaute. Und von diesem Moment an hatte sie ihn im Griff.
    Diese Auseinandersetzung hatte sie gewonnen!
    »Wie heißt es doch immer so schön: Nur keine Angst vorm Fliegen«, kicherte sie spöttisch.
    Ein von ihr kontrollierter Windstoß löste den Ofen aus der Astgabel und ließ ihn zu Boden poltern. Glücklicherweise fiel er so, daß er auf seinen Hühnerbeinen landete und das Ofenrohr beim Aufprall nicht beschädigt wurde.
    Die Hexe schwang sich wieder auf das eiserne ›Reittier‹ und setzte ihren Weg fort. Weiter, entlang den labyrinthischen Pfaden des Zauberwaldes, der ihr außerordentlich feindlich gesonnen war.
    Sie suchte den Weg zum Jungbrunnen…
    ***
    Nicole beugte sich über den Tisch, auf dem das Amulett lag.
    Es hatte sich verändert.
    Der stilisierte Drudenfuß im Zentrum war zu einer Art Mini-Bildschirm geworden, und im gleichen Moment, in dem Zamorra und Nicole sich auf das Bild konzentrierten, das er ihnen zeigte, entstand dieses Bild auch in ihrem Bewußtsein; groß und deutlich genug, um selbst Einzelheiten wahrnehmen zu können!
    Wie bei der Zeitschau, bei der der Benutzer des Amuletts einen Blick in die Vergangenheit werfen konnte, um Geschehnisse nachträglich zu beobachten und zu analysieren. Nur besaß diese phantastische Eigenschaft des Amuletts den unangenehmen Nebeneffekt, daß dafür um so mehr an eigener psychischer und physischer Kraft aufgewendet werden mußte, je weiter das zu beobachtende

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