0639 - Merlins Zauberwald
sie noch jung war, und an einem Ort, den wir logischerweise nicht kennen können…?«
»An die Zeitschau glaube ich weniger als an die Verjüngung«, murmelte Zamorra. »Daß Merlins Stern solche Bildübertragungen gewährt, ohne dabei an unseren Kräften zu zehren, kann ich mir nicht vorstellen.«
»Auch nicht, wenn du eine ganz neue Funktion entdeckt hast?«
Er schüttelte den Kopf.
»Fällt mir auch schwer«, gab sie zu. »Also haben wir eine Baba Yaga, die sich verjüngt hat, und wissen immer noch nicht, warum wir sie hier sehen und erst recht nicht, wo sie sich gerade befindet!«
»Vielleicht können wir das herausfinden«, überlegte Zamorra. »Wenn wir schon so weit sind, daß wir sie sehen können, können wir vielleicht auch… he, wolltest du nicht eben noch gelangweilt wieder verschwinden? Und jetzt sehe ich in dir Feuer und Flamme…«
»Jetzt ist ja auch plötzlich wieder etwas los«, gab sie zurück. »Und so langsam fange ich an, mich auf dieses Phänomen einzustellen. Also, überlegen wir mal…«
Das Visofon störte.
Raffael Bois mußte die Ferngesprächverbindung ohne Rückfrage ins ›Zauberzimmer‹ durchgestellt haben, weil die Anruferin sich von ›draußen‹ ja nicht selbsttätig in dieses Sub-System eingeklinkt haben konnte und externe Anrufe grundsätzlich nur in der ›Zentrale‹ landeten. Die konnte Zamorras Arbeitszimmer sein, aber auch jeder andere Raum mit Visofon-Terminal, auf den Raffael, Nicole oder Zamorra diese ›Vermittlungsstelle‹ schalteten, um dort direkt erreichbar zu sein. Im Arbeitszimmer war derzeit niemand, Zamorra hatte das ›Zauberzimmer‹ absichtlich nicht zur Telefonzentrale gemacht, also mußte Raffael gleich durchgeschaltet haben, von wo auch immer.
Eine Bildverbindung gab es in diesem Fall nicht, nur normales Telefon, aber der Lautsprecher übertrug eine Stimme, die sie beide nur zu gut kannten.
Carlotta!
»Zamorra, Nicole - könnt Ihr bitte ganz schnell hierher kommen? Ted ist - er ist… ist einfach verschwunden…«
***
Der Wolf schnappte zu, bekam die Hand zwischen die Zähne und zog daran - ganz vorsichtig, um keine Verletzung hervorzurufen. Er knurrte leise. Als er wieder losließ, warf er sich auf den Rücken und rollte sich herum. Auffordernd sah er Teri Rheken an.
»He, bist du wahnsinnig, Untier?« lachte sie. »Willst du mir Runen in meine zarte Alabasterhaut gravieren?«
Fleisch ist Fleisch, behauptete der Wolf telepathisch. Er zog die Lefzen zu einem bestialischen Grinsen hoch und hechelte. Im nächsten Moment krümmte sich sein Körper, er federte mit den Hinterläufen ein und schnellte sich empor. Sein kraftvoller Sprung schleuderte ihn gegen die Druidin, brachte sie zu Fall. Er kauerte auf ihr, zeigte ihr sein Prachtgebiß mit vielen, vielen spitzen Zähnen, knurrte -und fuhr dann mit der langen Zunge mehrmals rasch übers Gesicht.
»Miststück!« ächzte Teri. »Laß das bleiben, du Sabbermonster!« Sie schüttelte den Wolf ab und sprang wieder auf, wischte sich das Gesicht sauber. »Außerdem wirst du zu fett. So schwer wie heute warst du ja noch nie!«
Ich werde nicht fett! Du wirst nur alt und gebrechlich, telepathierte er. Sollen wir dir einen Rollstuhl besorgen? Oder wenigstens einen Gehstock? Zur Not mache ich für dich auch den Blindenhund. Für dich tue ich doch alles…
»Du bist auf jeden Fall wesentlich älter als ich«, protestierte die Silbermond-Druidin. »So alt wie du ist noch kein einziger Wolf jemals geworden !«
Ich bin ja auch ein Superwolf, grinste er zurück.
In gewisser Hinsicht hatte er recht. Fenrir war nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Er war wirklich schon sehr alt, weit über die normale Lebensspanne von Wölfen hinaus. Er besaß annähernd menschliche Intelligenz - was Professor Zamorra einmal mit der ironischen Bemerkung kommentiert hatte, Fenrir sei als Berufspolitiker weit überqualifiziert -, und er war Telepath. Er verständigte sich mit anderen Lebensformen, indem er ihre Gedanken aufnahm und ihnen seine zusendete. Der Zauberer Merlin hatte ihn in dieser Kunst geschult, hatte Fenrirs vorhandene Anlagen erkannt, entwickelt und gefördert.
Seit jener Zeit gehörte der Wolf als vollwertiges Mitglied zur Zamorra-Crew.
Er drängte seine Flanke gegen Teris Beine und verlangte, gekrault zu werden.
Plötzlich wurde er ernst. Du wirst es für dich behalten?
»Ja«, versprach Teri.
Auch Zamorra gegenüber?
»Auch. Ich verstehe nur nicht, warum sie sich nicht helfen lassen will. Wir
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