0639 - So freundlich wie der Teufel
Augen flimmerte kein Leben mehr. Die Pupillen erinnerten an glatte Kugeln, die einfach hineingedrückt worden waren. Zu sehen war noch nichts, trotzdem löste sich Jamie Steel von der Laterne und schritt die wenigen Yards über das aufgerissene Pflaster des Gehsteigs, bis sie den Kantstein erreicht hatte, der an einigen Stellen einfach rausgebrochen worden war. Irgendwelche Banden hatten ihn als Wurfgeschosse benutzt.
Er grenzte die normale Fahrbahn ein. Eine breite Spur, die eine Schneise durch die trostlose apokalyptische Landschaft zog und das Bild der Zerstörung auf perfide Art und Weise vervollkommnte.
Sie betrat die Straße. Es war nicht das normale Gehen eines hier lebenden Menschen. Diese Bewegungen verrieten eine Sicherheit, die schon an Überheblichkeit grenzte. So gingen zumeist die großen Bosse, aber auch nur im Schutz der Leibwächter.
Jamie bewegte ihre Zunge. Im Mund spürte sie den rauen Geschmack. Das Gesicht hatte sich noch stärker gespannt. Es sah so aus, als würde die Haut auf den Wangen im nächsten Moment platzen.
Die Bronx war um drei Uhr morgens wie tot. Ihre Bewohner tobten sich weiter südlich in Manhattan aus und lieferten sich dort Straßenschlachten mit der Polizei.
Sie aber war als einzige Polizistin geblieben, und sie stand auf der Straßenmitte, dicht vor einem Schlagloch, das niemand zugeschüttet hatte und auch keiner zuschütten würde.
Woher der Brandgeruch kam, konnte sie nicht sagen. Irgendwas brannte immer in der South Bronx oder kokelte vor sich hin.
Sie schaute in Richtung Süden, weil sie genau wusste, dass das oder die Opfer von dort erscheinen würden.
Ihre rechte Hand legte sie für einen Moment auf den Griff des Revolvers. Es tat gut, ihn zu berühren, denn diese Waffe spie den Tod aus, und nicht nur ihn, denn er war begleitet von einem mörderischen Gruß aus der Hölle, den der Teufel persönlich ausgesprochen hatte.
Dann sah sie die beiden hellen Punkte. Blasse Kreise, noch etwas weit entfernt - Scheinwerfer…
Jamie Steel nickte. Sie war auf keinen Fall überrascht, denn sie hatte nichts anderes erwartet. Die Botschaft war genau gewesen, man ließ sie eben nicht im Stich.
In der Straßenmitte blieb sie stehen, und sie würde keinen Schritt zur Seite weichen, das stand fest.
Die Regeln kannte sie und auch die Risiken. Wenn ihre Gestalt im Licht der Scheinwerfer erschien und der oder die Fahrer merkten, dass es sich um eine Uniformierte, um einen weiblichen Cop, handelte, bestand die Möglichkeit, dass sie bremsten.
Es gab auch welche, die einfach weiterfuhren und einen Polizisten überrollten, denn wer viel Dreck am Stecken hatte, reagierte oft genug voller Panik.
Darauf musste es Jamie Steel eben ankommen lassen.
Freiwillig fuhr in der South Bronx niemand schnell. Wer hier ein Auto besaß, der liebte es auch, wollte es so lange wie möglich erhalten und nicht über eine schlechte Wegstrecke prügeln, sodass es litt oder zerstört wurde.
Sehr locker wartete sie. Keine Straße war in dieser Gegend glatt, in der South Bronx erst recht nicht.
So blieb es nicht aus, dass der Wagen schaukelte. Die Scheinwerfer hoben und senkten sich im Rhythmus der Schlaglöcher, durch die der Wagen getrieben wurde. Wie ein blasser Teppich glitten die breiten Kegel über all den Müll hinweg, über die Zerstörung, die verdreckten Wände und die schmutzigen Fassaden der alten, oftmals ausgebrannten Bauten.
Hier war New York zum Vorhof der Hölle geworden, und in den hinein stach das Licht mit seinem blendenden Schein, denn der Fahrer hatte das Fernlicht eingeschaltet.
Die Fülle übergoss Jamie Steel wie ein gewaltiges Tuch. Scharf konturiert zeichnete sich ihre Gestalt inmitten des Lichtteppichs ab.
Ein Hupsignal gellte ihr entgegen. Es hörte sich aggressiv an.
Jamie Steel kümmerte sich nicht darum. Sie blieb stehen. Ihre lockere Haltung musste einfach provozieren. Sie hatte die Arme angewinkelt und die Hände leicht in die Taille gestützt.
Sollten sie kommen, sie jedenfalls würde nicht um einen Deut zur Seite weichen.
Noch einmal schrillte ihr das verfluchte Hupsignal entgegen. Widerlich laut und warnend.
Ein anderer wäre verschwunden, hätte den großen Satz zur Seite gemacht, nicht Jamie.
Sie war eiskalt, blieb stehen, und vor ihr explodierte das Licht. Die Augen hielt sie zu schmalen Schlitzen verengt, denn sie wollte nicht zu stark geblendet werden.
Welcher Wagen auf sie zufuhr, wusste sie nicht. Sie konnte es auch nicht an der Form seiner
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