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0641 - Grabgesang

0641 - Grabgesang

Titel: 0641 - Grabgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Männer kehrten um und verließen das Bureau.
    »So, und nun bitte Eure Legitimation«, verlangte der Kommandant stirnrunzelnd.
    »Wir sind in höherem Auftrag hier«, sagte Nicole. Sie griff unter ihre lederne Jacke, zog den E-Blaster hervor und schoß. Der Energieblitz aus der auf ›Betäubung‹ geschalteten Dynastie-Waffe traf den Kommandanten. Er sank auf seinem Stuhl zusammen.
    Blitzschnell war Zamorra neben ihm und hielt ihn fest, damit er nicht zu Boden stürzte. Das dumpfe Poltern hätte die Soldaten vor der Tür mißtrauisch gemacht.
    »Zufrieden, Kommandant?« fragte Nicole laut.
    »Du bist verrückt«, raunte Zamorra ihr zu. »Das geht doch niemals gut!«
    »Besser jetzt ein wenig Trouble, als für Monate oder Jahre hier in einem Kerker zu vergammeln und sich von den Ratten fressen zu lassen!« flüsterte Nicole zurück. Laut fuhr sie fort: »Dann können wir uns ja jetzt ein wenig umsehen. Vielleicht können Ihre Leute uns zur Hand gehen und führen und helfen?«
    Sie stieß Zamorra an, während sie den Blaster wieder unter der Jacke verschwinden ließ. »Sag schon irgendwas«, flüsterte sie.
    Zamorra versuchte, die Stimme des Kommandanten zu imitieren; jenseits der Tür würde es sicher nicht auffallen, wenn er den Tonfall und die Stimmlage nicht hundertprozentig traf. »Natürlich«, sagte er halblaut.
    Währenddessen hatte er den Kommandanten so auf seinem Stuhl zurechtgerückt, daß er einigermaßen aufrecht saß, ohne umzukippen. Die Kopfhaltung stellte ein kleines Problem dar, aber irgendwie bekam Zamorra es hin, ein dünnes Büchlein so zwischen den Nacken und die sehr hohe Lehne des Stuhls zu stecken, daß der Kommandant den Kopf anlehnen konnte und nun aussah, als schaue er über die Eingangstür hinweg. Allerdings waren seine Augen vom Reflex geschlossen worden. Zamorra hoffte, daß das nicht auffiel. Sicher hätte er die Lider des Mannes hochziehen können, aber dann bestand Gefahr, daß die Augäpfel austrockneten. Das galt es zu vermeiden. Sie wollten dem Mann ja keinen bleibenden Schaden zufügen.
    Wahrscheinlich reichte es auch, daß man ihn von draußen aufrecht dasitzen sehen konnte.
    »Dann wollen wir mal«, sagte Zamorra laut und mit unverstellter Stimme. Er stapfte zur Tür und zog sie auf. Nicole folgte ihm sofort.
    »Hat man gehört, was der Kommandant bestätigte? Daß man uns Hilfestellung leisten mag?« Er trat so zur Seite, daß die beiden wartenden Soldaten einen kurzen Blick auf den Kommandanten werfen konnten. Aber Nicole bewegte sich sehr schnell und zog die Tür wieder hinter sich zu. Immerhin, die beiden Soldaten hatten gesehen, daß der Kommandant aufrecht saß.
    »Wir haben's gehört«, sagte einer der beiden.
    »Gut. Es geht um Mademoiselle Eva. Sie ist bekannt?«
    »Bekannt.«
    »Sie sei verschwunden, heißt es. Vor einigen Tagen. Wer weiß Näheres darüber?«
    »Niemand, Monsieur. Aber wenn Ihr das Quartier in Augenschein nehmen wollt, in dem sie untergebracht war?«
    »Man führe uns hin«, bestimmte Zamorra. »Und man informiere uns über jedwede Kleinigkeit im Zusammenhang mit der Demoiselle. Wir sind ihretwegen hier und wollten sie eigentlich mitnehmen.«
    »Hat sie etwas verbrochen?« fragte der Soldat erstaunt. Er sah Zamorra und ›Nicolas‹ etwas grübelnd an. Vielleicht hielt er sie für Geheimpolizisten, für Angehörige jener geheimnisumwitterten Gruppe, die Kardinal Richelieu einst ins Leben gerufen hatte, um Staatsinteressen durchzusetzen.
    Zamorra grinste den Soldaten an, beantwortete die Frage aber nicht.
    »Wenn Ihr mir nun bitte folgen wollt…«, sagte der Soldat schulterzuckend. Sein Kamerad blieb vor der Tür des Bureaus der Kommandantur zurück.
    Zamorra störte das nicht weiter.
    Ungerufen würde der Mann das Zimmer so bald noch nicht betreten.
    Ihr Fremdenführer ging voraus in Richtung eines großen Blockhauses.
    ***
    Eben noch hatte Eva auf dem Pferd gesessen, hinter dem Grauen reitend. Sie war ein wenig müde; sie schloß die Augen, obgleich sie wußte, daß sie dann wieder diesen Friedhof sehen würde. Sie sah ihn auch wieder, aber diesmal aus einer etwas anderen Perspektive.
    Sie sah sich selbst über diesen Friedhof gehen.
    So, als sei sie selbst gar nicht beteiligt. So, als betrachte sie nur einen Film, in dem sich eine ihr fremde Person bewegte.
    Und doch erkannte sie sich selbst. Sie hatte sich oft genug im Spiegel gesehen, um zu wissen, wie sie aussah. Was sie sah, war eindeutig sie selbst, Eva, Merlins Tochter.
    Da begann der

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