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0641 - Grabgesang

0641 - Grabgesang

Titel: 0641 - Grabgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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so menschenfreundlichen Gesellschaft nicht den Eindruck zu erwecken, die Leute schon vor ihrem Tod ausplündern zu wollen. Was nach der Hinrichtung passierte, bekamen die Toten ja nicht mehr mit…
    Zamorra setzte den Ring ein, zusammen mit Merlins Machtspruch.
    Und verschwand in der Zeit.
    ***
    »Warum hast du Mörder mich hierher verschleppt?« fragte Eva. Sie hob die Hand mit dem Säbel, richtete die Klinge auf Niemand.
    Der Graue lächelte sie unter seinem filzigen Bart hervor an.
    »Ist das ein Benehmen deinem Gönner gegenüber, Mädchen?« fragte er spöttisch. »Warum bedrohst du mich, wo ich doch nur Gutes im Sinn habe?«
    Gutes?
    Sie dachte an die Männer, die sie getötet hatte, und sie dachte an das Indianerdorf, das er niedergebrannt hatte. Sie dachte daran, wie er sie entführt und hierher verschleppt hatte.
    Er trug die Schuld daran, was sie in der letzten Zeit hatte ertragen und tun müssen.
    Nein, etwas Gutes war das bestimmt nicht.
    Und da waren die Bilder von einem grauen Friedhof…
    Sie drängte sie zurück. Sie war nicht wirklich sicher, ob diese Bilder und der Mann in Grau etwas miteinander zu tun hatten.
    »Du bist nahe dran«, sagte er, als könne er ihre Gedanken lesen. »Ich sehe in deinem Gesicht, welche Gedanken du hegst. Aber es ist nicht so, wie du meinst. Ich will dich dorthin bringen, wohin du gehörst.«
    Ich gehöre nach Broceliande. Dort war ich glücklich.
    »Und, was glaubst du, wohin ich gehöre?« stieß sie hervor. »Und vor allem, warum hast du mir das nicht von Anfang an offenbart?«
    Der Graue schwieg.
    Etwas verunsichert sah Eva zu Alcolaya hinüber. Aber der Kapitän schien sich in einer Art Trance zu befinden. Er reagierte auf nichts. Stand einfach nur neben der Tür. Nur, daß er atmete und der regelmäßige Lidschlag zeigten an, daß er überhaupt lebte und bei Bewußtsein war.
    Er stand unter Niemands Bann.
    Der Graue hatte über ihn ebenso Gewalt wie über Eva.
    Zumindest war das bisher so gewesen.
    Aber konnte es sein, daß er jetzt Schwierigkeiten damit bekam? Daß er nicht zwei Personen zugleich unter Kontrolle halten konnte? Hatte er Eva freigeben müssen, um den Kapitän zu gewinnen? Gab es für Eva deshalb jetzt keine Zeitschnitte mehr?
    »Antworte mir endlich!« forderte sie.
    »Alles, was ich tue, ist zu deinem Besten«, sagte er. »Ich bringe dich dorthin, wohin du gehörst.«
    »Das hast du schon mal gesagt«, fuhr sie ihn an. »Aber was ist deine Vorstellung von diesem Ort? Nenne mir das Ziel! Warum weichst du einer klaren Antwort aus?«
    Er lächelte.
    »Je spezieller eine Antwort, desto größer die Möglichkeit, daß Unwahrheiten sich dahinter verbergen können«, sagte er. »Deshalb bleibe ich eher ein wenig allgemein.«
    »Das gefällt mir nicht«, erwiderte sie. »Ich will keine seltsamen Philosophien, sondern die Wahrheit. Sage sie mir, oder ich werde dich dazu zwingen.«
    Sie ignorierte den starren Kapitän und trat bis dicht an den Grauen heran. Sie setzte ihm die Säbelspitze an die Brust.
    »Alles, was ich jetzt tun muß, ist, zu drücken«, sagte sie kalt.
    »Alles, was ich weiß, wirst du dann niemals erfahren«, erwiderte er unbeeindruckt.
    Er lächelte wieder.
    »Kannst du wirklich töten? Einfach so, nicht in Notwehr?«
    »Ich würde es an deiner Stelle nicht ausprobieren, Niemand«, sagte sie. »Ich kann es. Und glaube nicht, daß jemand mich danach zur Verantwortung ziehen wird. Auch, wenn ich mich auf den Marktplatz stelle und lauthals schreie: Ich habe Niemand getötet.«
    »Du kannst es nicht«, sagte er. »Ich weiß es. Du kannst töten, aber nur, wenn du dich angegriffen fühlst. Aber ich greife dich nicht an. Ich will doch nur das Beste für dich.«
    »Dann sage mir, warum du mich entführt hast und wohin du mich bringst.«
    »Ich bringe dich dorthin, wo du glücklich warst und wieder sein wirst«, sagte er. »Denn dein Grab befindet sich nicht dort, wo ich dich fand.«
    ***
    Zamorra hatte sich die für ihn richtige Zeit genau ausgerechnet. Er verschwand in die Vergangenheit, um ein paar Minuten vor dem Zeitpunkt wieder aufzutauchen, an dem Nicole und er in diese Zelle geführt wurden.
    Die war jetzt leer.
    Deshalb war die Gittertür auch nicht verriegelt.
    Das war ihm vorhin schon aufgefallen, als sie hergebracht wurden, und das war seine Chance.
    Er achtete darauf, immer noch unsichtbar zu sein, als er die Zelle verließ. Er eilte über den Korridor und verließ das Gebäude. Vorhin hatte er sich genug von der Lage des Forts

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