0644 - Die Bestie von Aronyx
er. »Wie kann ich euch danken? Hohepriester, wie ist Euch dieses Wunder gelungen? Wollt Ihr es mir verraten?«
»Wenn ich's wüßte«, murmelte Kane Prey. »Wer bist du, Fremder? Du stammst nicht von dieser Welt, oder?«
Ern Vuk hob die Brauen.
»Dann wißt Ihr mehr als ich«, sagte er, aber in einem solchen Tonfall, daß Prey mißtrauisch werden mußte. »Vielleicht könnt Ihr mir unter vier Augen mehr darüber berichten?«
Kane Prey traf eine schnelle Entscheidung.
»Einverstanden«, sagte er. »Begleite mich in mein Refugium. Dort können wir ungestört plaudern.«
Die verdrossenen Blicke der anderen Priester ignorierte er geflissentlich. Vuk stand sicher noch unter dem Schock des Ereignisses. Da war es besser, allein mit ihm zu reden.
»Sagt der Frau, die ihn herbrachte, die Heilung sei erfolgt - und laßt sie ihr Opfer bringen«, raunte Prey einem seiner Gehilfen zu.
Der wußte, was dieses Opfer bedeutete.
Seele für Seele, Geist für Geist. Ein Mann hatte zu seinem Geist zurückgefunden, eine Frau würde ihren Geist dafür aufgeben. Der Tempel des ORTHOS gab nichts umsonst.
Die Frau würde auf dem Altar sterben.
***
Manifestierter, körperlicher Wahnsinn lauerte im OLYMPOS-Tempel von Aronyx. Eine Bestie, die sich in jeder beliebigen Gestalt zeigen konnte, und die an die Grenzen von Zeit und Raum nur so weit gebunden war, wie ihr Schöpfer sie geprägt hatte. War sie wirklich im Tempel erschienen, bevor sie sich von Ern Vuk gelöst hatte?
Es mochte sein oder nicht. Es war unwichtig. Die Bestie war da, und sie wollte vernichten. Denn sie wußte weder, wer oder was sie war, noch kannte sie den Grund für ihre Existenz. Sie trug nur einen unstillbaren Hunger in sich, und einen brodelnden Haß. Die Bestie haßte sich selbst, und deshalb auch alles andere um sich herum. Denn alles konnte für ihre Existenz verantwortlich sein.
Hätte die Bestie zu denken vermocht, hätte sie ihren Haß vielleicht lenken können. So aber wurde er nur von ihrem Hunger dirigiert.
Und von der finsteren, verschlingenden Magie, die ihr Halt und Existenz gab.
Diese unstillbaren, unkontrollierbaren Triebe lenkten das Ungeheuer seinem Opfer entgegen.
***
Nicole bewegte sich vorsichtig durch den verlassenen Tempel. Bedauernd sah sie die kunstvollen Verzierungen, die überall angebracht waren, die fantasievolle Dekoration… alles würde wohl der Zerstörung anheimfallen. Sicher, der OLYMPOS-Tempel in Rhonacon war viel größer und prachtvoller, aber trotzdem war es schade, daß all dies hier bald nicht mehr existieren würde.
Sie fragte sich, ob es richtig war, was sie tat.
Ließ sich der Fehler, den Byanca begangen hatte, tatsächlich nicht auf andere Weise korrigieren? Und dieses Ungeheuer, das angeblich im ORTHOS-Tempel entstanden war und das Byanca hierher gerufen hatte - irgendwie begann für Nicole alles zu verschwimmen. Das klare Denken fiel ihr schwer. Möglicherweise wurde sie mental beeinflußt, trotz ihrer Abschirmung gegen fremde Telepathie und Hypnose. Irgend etwas stimmte nicht mehr mit ihr.
Sie glaubte sich in einem Traum zu bewegen.
Der wurde zum Alptraum in jenem Augenblick, als sie die große Halle mit dem Hauptaltar betrat.
Den einen Seiteneingang benutzte sie - den anderen die Bestie!
Das Monster stürmte sofort auf Nicole zu.
Sie begann zu laufen. Auf den großen Altar zu. Wo war Byancas Schwert? Gehetzt sah sie sich um. Fauchend und heulend stampfte das unbeschreibliche Monstrum ihr entgegen. Ein riesiger Rachen stieß einen Schwall stinkender Luft aus. Tückische Augen glitzerten, riesige Pranken und Zähne schnappten gierig.
Der Altar!
Da lag das Dhyarra-Schwert!
Nicole stöhnte auf. Was, wenn Byanca etwas vergessen hatte? Wenn der Sternenstein noch auf sie verschlüsselt war? Half dann noch die Abschirmung durch den Dhyarra 4. Ordnung?
Ein paar Sekunden Zeit noch, um sich selbst abzusichern!
Nicole pflückte den Blaster von der Magnetplatte am Gürtel. Feuerte auf das Ungeheuer. Feuerte auf den Boden vor der Bestie. Dort wurde Gestein flüssig, sprühte zischend empor, als die Bestie es berührte und aufwirbelte. Das Monstrum brüllte markerschütternd.
Die andere Hand löste den funkelnden Dhyarra vom Siebenzackstern. Nicole konzentrierte sich auf das, was sie schon einmal vor längerer Zeit getan hatte, um an Byancas Stelle gegen die Sturmrösser anzutreten. Wob eine schützende Sphäre aus Dhyarra-Magie um sich herum, schirmte ihren Geist ab. Sie brauchte den Kristall im Schwert nicht
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