0645 - Das ewig Böse
verwachsen waren, um sich anders bewegen zu können. Es war ein Bild wie aus einem Alptraum.
Vorsichtig gingen Rekoc und Zamorra durch das Lager. Sie versuchten, sich möglichst von den Feuern fernzuhalten, in der Hoffnung, daß in der Dunkelheit niemandem der Mensch auffallen würde.
Ein besonders entstellter Dämon taumelte dicht an Zamorra vorbei. Der Dämonenjäger blieb ruhig stehen und wartete, bis er vorbei war. Der Dämon hinkte einen Moment weiter, blieb dann stehen und reckte die Nase in die Luft. Dann drehte er sich zurück zu Zamorra.
»Ein Mensch!« rief er heiser.
Rekoc war mit einem Satz bei ihm. »Sei ruhig!« fuhr er ihn an, aber es war zu spät. Um sie herum erhoben sich die Dämonen von den Feuern und kamen heran. Innerhalb von Sekunden hatten sie einen Kreis gebildet, in dessen Mitte Zamorra und Rekoc standen. Der Affendämon hielt seine Keule fest, wirkte aber nervös.
»Geht beiseite«, rief er, »ich soll diesen Menschen zum Stammesführer bringen. Er will mit ihm reden.«
Die Dämonen sahen sich verunsichert an. Die ersten machten ein paar halbherzige Schritte zur Seite, blieben aber wieder stehen, als sie sahen, daß die anderen ihnen nicht folgten.
»Dann laß den Menschen doch mit mir reden«, sagte eine Stimme. Im nächsten Moment bahnte sich ein raubtierhaftes Wesen mit eleganten Schritten einen Weg durch die Menge.
»Wer ist das?« flüsterte Zamorra.
»Loras«, entgegnete der Affendämon. »Er ist gefährlich.«
»Der Stammesführer wird nicht mehr lange leben, und dann werde ich sein Nachfolger sein. Warum also läßt du den Menschen nicht direkt mit mir sprechen? Dann muß er nicht alles zweimal sagen.«
Rekoc starrte ihn mit offenem Mund an. Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet und wußte jetzt auch nicht, wie er darauf antworten sollte. Also sagte er gar nichts.
»Ich werde gerne mit dir sprechen«, sprang Zamorra für ihn in die Bresche, »sobald der Stammesführer tot ist, Loras. Bis dahin muß ich dich bitten, ein wenig Geduld zu üben. Es wäre mehr als unhöflich von mir, mich dem Nachfolger eines Herrschers vorzustellen, der noch lebt. Wenn sich das geändert hat, wird es mir eine Freude sein, dir über alles Bericht zu erstatten. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest?«
Er verbeugte sich leicht und ging achtlos an dem Dämon vorbei. Der drehte sich mit ihm und sah ihm nach.
Die Menge der Dämonen teilte sich, um den Menschen durchzulassen.
Kalkuliertes Risiko, dachte Zamorra. Loras hat mit dieser Antwort nicht gerechnet und wird erst einmal einen Moment brauchen, um darauf zu reagieren. Wenn dieser Moment länger dauert als mein Weg zum Zelt des Stammesführers, habe ich gewonnen. Wenn nicht, werde ich gleich Raubtierkrallen im Rücken spüren.
Aber die Krallen blieben aus.
Rekoc schloß zu ihm auf und sah ihn beeindruckt an. »Ich glaube, du hast dir gerade einen Feind geschaffen«, sagte er.
Der Dämonenjäger seufzte. »Ich weiß. Das passiert mir ständig.«
Sie erreichten ungehindert das Zelt, vor dem zwei Wachposten standen. Es war größer als die anderen und erinnerte Zamorra vom Aufbau her an die Beduinenzelte in der Sahara. Rekoc wollte eintreten, aber der Wachposten hielt ihn zurück.
»Was willst du?« fragte er scharf.
»Sag dem Stammesführer, daß ich einen Menschen zu ihm bringe«, entgegnete der Affendämon stolz.
Der Wachposten warf einen Blick auf Zamorra und verschwand im Zelt. Nach einem Moment kam er wieder heraus und nickte dem Dämonenjäger zu. »Er will mit dir reden. Du darfst eintreten.«
Zamorra nickte und hob die schweren Tierfelle hoch, die den Eingang verdeckten. Rekoc wollte sich hinter ihm hereindrängen, aber der Wachposten hielt ihn am Arm fest.
»Du nicht«, sagte er bestimmt.
Rekoc sah ihn verletzt an. »Aber ich habe ihn doch gefunden. Will der Stammesführer denn nicht meine Geschichte hören?«
Der Wachposten seufzte. »Vielleicht will er ja zuerst mit dem Menschen und dann mit dir sprechen. Warte einfach hier, ich frage später noch einmal.«
Der Affendämon nickte, lehnte seine Keule an den Zelteingang und hockte sich in den Schnee.
Zamorra ließ die Felle hinter sich zurückgleiten und betrat das Zelt.
Überrascht bemerkte er, daß sich der Bewohner anscheinend Mühe gegeben hätte, ein wenig Zivilisation in diese Wildnis zu bringen. Der Lehmboden war mit Fellen und Teppichen bedeckt. Überall brannten Kerzen, und an den Wänden standen Regale, die voll mit Büchern und Schriftrollen waren. An
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