065 - Corrida der Dämonen
waren schon besetzt. Es gab kleine und
große.
Von hier aus sah es aus, als wären sie wahllos einfach in
den riesigen Saal gestellt, in dessen Mitte ein Springbrunnen aus einem aus
grünem Marmor gebauten Podest sprudelte, der von farbigen Scheinwerfern
angestrahlt wurde.
Ein illustres Publikum war hier zu Gast.
Kleine Lämpchen brannten auf den Tischen und ließen die
Getränke in den kostbaren Gläsern funkeln. Auf kostbarem Porzellan wurden die
Speisen serviert, und Morna merkte, daß sich bei ihr der Hunger meldete und sie
seit dem Abflug in New York keinen Bissen mehr zu sich genommen hatte.
»Dann werden wir erst eine Kleinigkeit für das körperliche
Wohlbefinden tun, danach einen Besuch im Club de Sombrero machen und einen
heißen Blick auf Ondella Marichi werfen.
Wollen doch mal sehen, ob es sich gelohnt hat, daß der
gute Larry deswegen seine Unterkunft im Las Flores aufgab.«
●
Quarmo Lipiades begriff spätestens im diesem Augenblick,
daß er ausgespielt hatte.
Er stand an der Straßenecke und knüllte die Zeitung
zusammen, die er sich vor wenigen Minuten gekauft hatte. Heute abend erst hatte
die Polizei den Fund der Leiche bekanntgegeben. Damit war für ihn, Lipiades,
Alarmstufe eins angebrochen. Er hatte versagt!
In den Augen der Anhänger des Rha-Ta-N'my-Kultes war er
mit einem Verräter gleichzusetzen. Der erste »Hohe Priester der Göttin
Bha-Ta-N'my«, wie der sich nannte, der ihm achtundvierzig Stunden
Überlebenszeit gewährt hatte, würde inzwischen auf jeden Fall den Gang der
Dinge bereits verfolgt und demeritsprechende Anweisungen gegeben haben.
Quarmo Lipiades wirkte müde und abgehetzt. Seit drei Uhr
befand er sich in Mexico City und war ziellos durch die Stadt gewandert. Schon
seit gestern abend gab er sich keine Chance mehr.
Obwohl er bei Tagesanbruch noch mal den ganzen Weg der
vorletzten Nacht gegangen war, hatte er keine Spur von dem Flüchtling gefunden.
Aufgrund des Zeitungsberichtes konnte Quarmo sich seinen
eigenen Vers auf die Dinge machen.
Phil Hawkins war lebend bis zu den Gleisen gekommen und
hatte das Glück gehabt, rund siebzig Meilen im Zug mitzufahren, ehe er in
seiner Erschöpfung und Bewußtlosigkeit von der Plattform gefallen und von den
Rädern zerstückelt worden war.
Durch Zufall jedoch hatten ihn wenige Stunden später
Streckengänger gefunden und den Fund der Polizei gemeldet.
Bei Tagesanbruch hatte Lipiades instinktiv gefühlt, daß
seine Chancen äußerst ungünstig standen.
Er beschloß, nach Mexico City zurückzugehen, von wo er
ursprünglich gekommen war und wo alles begonnen hatte.
Hier war er von Raymondo Camaro im einem Restaurant
angesprochen worden.
Camaro hatte ihm ein verlockendes Angebot gemacht. Die
Worte hallten noch jetzt wie ein Echo im Bewußtsein des Indios Lipiades nach.
»… Du kannst reich werden und dein Leben auf dieser Welt
wird ewig währen. Du brauchst nur eins zu tun: schwöre all den Dingen ab, die
dir bisher wichtig und lebenswert erschienen sind! Erinnere dich, daß du ein
Indio bist, arm wie eine Kirchenmaus, von allen anderen verachtet! Aber du
kannst über ihnen stehen, über den Reichen und Mächtigen, die jetzt noch reich
und mächtig sind, aber es bald nicht mehr sein werden. Viele Angehörige deines
Volkes haben bereits den Weg zu uns gefunden. Aber es müssen noch viel mehr
sein.«
»Was soll ich tun?« hatte Lipiades gefragt. »Reich und
mächtig wird man nicht von selbst.«
»Du mußt dein Leben verpfänden – und du kannst nicht mehr
zurück, wenn du mal deine Entscheidung getroffen hast. Das ist alles. Aber es
bedeutet eine ganze Menge, wenn man erst mal darüber nachdenkt.«
Gleich von Anfang an war ihm der Widerspruch in Raymondo
Camaros Angebot aufgefallen. Er mußte sein Leben verpfänden, um das ewige Leben
zu gewinnen? Wie vereinbarte sich das?
Doch auch dafür hatte Camaro eine Erklärung.
»Es gibt ein Gesetz, und dieses Gesetz hat die Göttin,
die wir verehren und deren Rückkehr wir anstreben, selbst hinterlassen. Nach
gründlichem Studium der mir zugänglich gewordenen Schriften, die ich mit
geheimen Offenbarungen innerhalb der Überlieferung verglichen habe, die nur
Indios kennen, weiß ich. daß eine Kerngruppe von Rha-Ta-N'mys Anhängern
freiwillig und ohne jeglichen Zwang zu ihr kommen muß. Und diejenigen, die sich
dazu bereit erklärt haben, gehören zu ihr, auf Gedeih und Verderb! Sie schenkt
alles, wenn die Zeit dafür gekommen ist, und das wird noch innerhalb
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