065 - Corrida der Dämonen
Menschen,
die sich unterhielten und in Gruppen in einer Ecke zusammenhockten.
Gaston Merulijo zündete sich eine Zigarette an, schlenderte
durch das Gedränge und wurde von einer flott gekleideten Kreolin angehalten,
die sofort als Käuferin von »Antonio-Modellen« zu erkennen war. Das Mädchen
trug das lindgrüne Kleid mit den aufgesetzten Taschen und den orangefarbenen
kleinen Quadraten, die die Taschenaufsätze und den Gürtel zierten.
Mit diesem Modell hatte das Versandhaus »Antonio« in
diesem Sommer geworben. Auf dem Titelbild. Die selbstbewußte Kreolin, in der
sich das Blut dreier Rassen — Schwarz, Weiß und Rot — mischten, ließ es sich gern
gefallen als »Miß Titelbild« angesprochen zu werden.
Gaston wechselte ein paar Worte mit ihr. Er stand in der
Nähe der Balkontür, und es war reiner Zufall, daß Gaston Merulijo in diesem
Augenblick den Kopf wandte und aus den Augenwinkeln heraus das Pärchen unten
über die Straße auf den wartenden Jeep zugehen sah.
Gaston Merulijo glaubte, nicht richtig zu sehen.
»Filipa?!« flüsterte er. Er murmelte eine Entschuldigung,
zog die schmale Balkontür vollends auf und trat hinaus. »Filipa!«
brüllte er nach unten.
Aber das Mädchen, in Begleitung eines Indios, reagierte
nicht auf ihren Namen. Filipa und ihr Begleiter hatten es sehr eilig.
Gaston fuhr sich über die Augen. Litt er schon unter
Halluzinationen? Soviel trank er doch nicht! Hin und wieder einen Tequila oder
ein Glas billigen Whisky, den er von Amerikanern spendiert bekam.
Filipa stieg in den Jeep!
Gaston wirbelte herum, und durchquerte den Raum, ehe ihn
jemand aufhalten und fragen konnte, was eigentlich los war.
Er stürzte auf den Korridor hinaus.
»Suchst du Filipa?« fragte ein Mexikaner im roten Rollkragenpulli.
Der Mann hockte auf der obersten Treppenstufe, hatte wäßrige Augen und genoß
eine Flasche Tequila, indem er sich schluckweise aus der Flasche bediente. »Die
ist eben hier
'runtergegangen. Kam einer die Treppe hoch und hat
gefragt, ob sie mitginge. Da hat sie gleich ja gesagt. Komisch die Weiber, was?
Kaum haben sie einen Schluck getrunken, schon werden sie untreu. Da sind wir
Männer doch aus anderem Holz gegeschnitzt.«
Gaston hörte die letzten Worte schon nicht mehr. Er
hastete die Treppen hinunter.
Etwas stimmte hier nicht. Filipa war die letzte halbe
Stunde schon so merkwürdig gewesen.
Sie war krank und wußte es nicht. Eine Krankheit, die
sich geistig oder seelisch äußerte? Auch Manuela, Filipas Schwester, war
einfach weggegangen, und niemand wußte bis heute wohin.
Wiederholte sich jetzt das gleiche mit Filipa?
Trotz des genossenen Tequilas vermochte Gaston Merulijo
erstaunlich klare und logische Gedanken zu fassen.
Er riß die Haustür auf und stürzte über die Straße, als
der Jeep gerade um die Ecke bog.
Gaston zerrte mit zitternden Händen die Tür zu seinem
Chrysler auf. Abschließen konnte man sie nicht mehr. Das Schloß war kaputt.
Aber wenn die Tür mal zugedrückt worden war, dann mußte man Gewalt anwenden, um
sie wieder aufzuziehen.
Er verlor kostbare Sekunden. Bis der Chrysler ansprang,
verging wieder eine halbe Minute. Endlich lief er.
Gaston starrtete durch. Der klapprige Wagen machte einen
Satz nach vorn.
Der Motor heulte gequält auf, die Pneus quietschten, als
Gaston Merulijo den Chrysler um die Ecke jagte.
Die Straße dröhnte unterm Lärm des klopfenden Motors.
Weit und breit war kein Jeep zu sehen.
Doch er konnte nur diese Straße gefahren sein. Da kam
schon eine Abzweigung.
Er ging auf der einen Seite nach Morelia und Toluca, auf
der anderen Seite nach Zuebla.
Merujilo fuhr weit in die Kreuzung hinein.
Links blinkende, ferne Rücklichter. Rechts ein Wagen, der
ihm entgegenkam.
Richtung Toluca? Der Wagen, dessen Rücklichter er sah,
war das der Jeep?
Gaston Merulijo versuchte es auf gut Glück. Er
beschleunigte, so gut es ging. Der Chrysler gab nicht mehr allzuviel her.
Die Motorhaube klapperte, der Auspuff ratterte und hatte
ein Loch, daß es durch die Nacht hallte, als würde ein Rennwagen über die
Straße jagen.
Der Mexikaner saß angespannt hinter dem Steuer. Auf
seiner Stirn perlte der Schweiß, und auch seine Hände schwitzten, daß sie an
dem vergilbten Steuerrad förmlich klebten.
Wie gebannt starrte Merulijo auf die kleinen roten
Rücklichter des vor ihm fahrenden Wagens. Manchmal kam er näher, dann fiel er
wieder ab. Der alte Chrysler pfiff auf dem letzten Loch, und Gaston hoffte, daß
der Wagen die
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