065 - Corrida der Dämonen
genügend Matratzen und Liegen, so daß die illustre
Gesellschaft nach reichlichem Alkoholgenuß nicht weit zum Schlafen hatte.
Aber diese Räumlichkeiten standen auch Obdachlosen und
Bettlern zur Verfügung, die zufällig hier vorbeikamen, oder auf Empfehlung
anklopften oder von Cebolla persönlich aufgegriffen worden waren.
Cebolla hatte Geld, aber wie es hereinkam, so warf er es
wieder hinaus.
Wenn man die oberste Treppe hochging, glaubte man auf ein
riesiges, nacktes Indiomädchen zuzugehen, das Cebolla an die Wand gegenüber
gemalt hatte. Die Formen der Schönen wären jeder Jury bei Miß-Wahlen angenehm
ins Auge gefallen.
Aber der Kopf auf den samt schimmernden Schultern des
Riesennackedeis hatte die Form einer Zwiebel. Daß auch die Brüste entfernt an
Zwiebeln erinnerten, hatte Cebolla beiläufig angedeutet. Es fiel einem nur beim
ersten Mal auf, wenn man hierher kam. Nachher gewöhnte man sich daran.
Die Wände ringsum waren Landschaften mit kräftigen, sinnlichen
Farben. Die Motive fand Cebolla in seiner Phantasie.
Und die Form der Zwiebel war immer und überall vertreten.
In allen Räumen war etwas los.
In dem großen Saal, dem Kunstzentrum, wie Cebolla sein
Atelier nannte, herrschte ein Gedränge wie auf dem Markplatz.
Junge und alte Menschen drängelten sich um das kalte
Büfett.
Schalen mit tropischen Früchten standen bereit. Und es
gab alles zu trinken, was man sich wünschte Man stand in Gruppen beisammen und
unterhielt sich. Eine bunt zusammengewürfelte Gesellschaft. Von Herkunft und
sozialer Schicht verschieden. Man sah es schon an der Kleidung, man hörte es an
der Sprache.
Cebolla hockte auf einem Berg fester, rechteckiger
Kissen, die zu einer Art Podium fast ein Drittel des riesigen Raumes einnahmen.
Freunde umringten ihn – und natürlich Mädchen.
Außer Lendenschürzen hatten sie keinen Fetzen auf dem
Leib. Und doch wirkten sie nicht nackt.
Cebolla hatte mit seiner Palette jeden Quadratzentimeter
der braunen, makellosen Haut als Malfläche ausgenutzt und eine
Phantasielandschaft darauf gezaubert, an der Salvadore Dali seine Freude gehabt
hätte.
Am Leib der beiden Mädchen wuchsen zwei schlanke
Baumstämme empor, die sich in einer großen, phantasievoll gestalteten Knospe
entfalteten. Für die Knospen hatten die Busen der Schönen herhalten müssen.
Und wie nicht anders zu erwarten, hatte Cebolla auch
daraus wieder Zwiebeln gestaltet. Diesmal allerdings in blendendem Weiß.
Cebolla trug einen farbenprachtigen Umhang, den ihm mal
ein Indiohäuptling geschenkt hatte.
Cebollas Zwiebelkopf ragte daraus empor. Ein breites
Lächeln lag auf den Lippen dieses Mannes, der die Menschen und das Leben
liebte.
Seine Augen funkelten.
Er war ständig von Menschen umgeben, und doch wußte er
genau, wenn ein neuer Besucher kam.
Die Luft war geschwängert von Rauch, vom Alkoholdunst,
vom Geruch frischer Ölfarbe und von köstlich zubereiteten Fischspeisen, die
heute abend außer Cebolla und seiner Art, ein Fest zu gestalten, die
Hauptattraktion waren.
Cebolla freute sich, daß es Gaston Merulijo gelungen war,
Filipa abzupassen und mitzubringen.
Der kleine Mann war nur einszweiundfünfzig groß, schlank
und beweglich. Cebolla litt nicht darunter, daß er zu klein ausgefallen war. Er
hatte die richtige Einstellung zum Leben gefunden. Und es war nicht nur seine
Großzügigkeit, die ihm die Freundschaft anderer Menschen geschenkt hatte.
»Freut mich, daß Sie hier vor Anker gehen, meine Liebe«,
strahlte Cebolla. Er gab Filipa einen Begrüßungskuß und nickte Gaston zu. Sein
Blick blieb drei Sekunden länger auf Filipa hängen. »Sie braucht unbedingt
etwas zu essen. Sie sieht schon ganz blaß um die Nase herum aus.«
Gaston zog Filipa zum kalten Büffet.
Nach dem ersten Tanz äußerte sie den Wunsch, einen
Augenblick auf den Balkon zu gehen und frische Luft zu schnappen.
Filipa Androcolar sah auf der gegenüberliegenden
Straßenseite genau an der Ecke den Jeep stehen.
Sie interessierte sich nicht dafür und fühlte sich auch
nicht zu diesem Auto hingezogen. Sie hatte überhaupt keine Beziehung dazu.
Und doch kam sie plötzlich auf den Gedanken, vom Balkon
herunterzugehen und das Zimmer zu durchqueren, um die Toilette aufzusuchen.
Gaston Merulijo stand vor ihr. »Du gefällst mir heute
abend nicht. Was ist bloß los mit dir? Fühlst du dich nicht gut?«
»Alles in bester Ordnung! Ich bin gleich wieder da.« Sie
lächelte und ging hinaus auf den breiten Korridor. Auch dort standen
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